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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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wird zum Inbegriff für Blut und Tränen. Millionen Menschen sterben während des Bürgerkriegs in der Demokratischen Republik Kongo. Kaum vom Gerangel zwischen Regierung und Volksbefreiungsarmee genesen, taumelt der Sudan in den Darfur-Konflikt, dessen Sog das gesamte zentrale Afrika erfasst. Tschads Diktator investiert – mit stillschweigendem französischem Beistand – Abermillionen an Ölgeldern in Waffenkäufe und destabilisiert die Region auf seine Weise. An der Elfenbeinküste schlagen sich die Parteien des Nordens und des Südens die Köpfe ein, im ölreichen Südnigeria grassiert die Gewalt, Senegal, Kongo-Brazzaville, Burundi und Uganda verzeichnen heftigste Ausschläge auf der Skala menschlicher Verwerfungen. Selbst vermeintlich gefestigte Nationen wie Kenia versinken kurzzeitig im Chaos. Fast alles, was hatte gut werden sollen, wird schlimmer.
    Nur für Leute wie Jan Kees Vogelaar wird es besser.
    Anfang des Jahrtausends hat seine Mamba in Darfur die Friedenstruppe der Afrikanischen Union unterstützt, den Zulauf arabischstämmiger Sudanesen ins Lager der Guerilla unterbunden und lukrative Mandate in Kenia und Nigeria wahrgenommen. Nach Gründung der African Protection Services kann Vogelaar seine Aktivitäten auf weitere Krisengebiete ausdehnen. APS entwickelt sich für Afrika in ähnlicher Weise wie vordem Blackwater für den Irak. Bis 2016 hat sich die Unternehmensgruppe zudem einen Namen in der Sicherung von Ölanlagen und Transportwegen für Rohstoffe gemacht, in der Verhandlungsführung mit Geiselnehmern und der Exploration exotischer Standorte für westliche, asiatische und multinationale Konzerne, die zunehmend Geschmack an der Vorstellung privater Armeen in Firmendiensten finden.
    Doch das Geschäft bleibt mühsam, und Vogelaar wird es leid, immer aufs Neue das Banner zu wechseln. Nach Jahren der Instabilität an allen Fronten beginnt er sich nach etwas Dauerhaftem und Solidem zu sehnen, nach dem einen, ultimativen Auftrag.
    Und der Auftrag kommt.
     
    »Er kam in Gestalt Kenny Xins«, sagte Vogelaar. »Beziehungsweise Kennys Firma, die mir die Zukunft praktisch auf dem goldenen Tablett präsentierte.«
    »Xin«, echote Yoyo. »Nicht unbedingt ein Name, der zu ihm passt.«
    Jericho wusste, was sie meinte. Xin war das chinesische Wort für Herz.
    »Und wer verbarg sich hinter der Firma?«, fragte er.
    »Damals noch der chinesische Geheimdienst.« Der Südafrikaner rieb seine von Gürtelstriemen gezeichneten Handgelenke. »Später kamen mir da allerdings meine Zweifel.«
    Nachdem Jericho sich hatte erweichen lassen, Vogelaar loszubinden, saßen sie nun im Restaurant. Zuvor war er auf die Toilette gerannt und hatte sein Ohr in Augenschein genommen. Es sah fürchterlich aus, in Karmesin getaucht, das streifig den Hals hinab und in den Ausschnitt seines T-Shirts gelaufen war, wo es krustig erstarrte. Blutig, durchnässt von Fleischbrühe und behaftet mit Resten zerquetschten Wurzelgemüses, bot er einen erbärmlichen Anblick. Nachdem er das Blut abgewaschen hatte, sah alles schon weniger schlimm aus. De facto hatte er den Verlust eines carpacciodünnen Stücks Ohrmuschel zu beklagen, nicht eben ein van Gogh'sches Problem. Yoyo, von Vogelaar zum kücheneigenen Verbandskasten dirigiert, hatte ihn schließlich verbunden, wobei er zu spüren vermeinte, dass ihre Finger gewisse, nicht unmittelbar zur Aufgabe gehörende Zuwendungen an ihm verrichteten. Wäre er ein Hund gewesen, hätte man von Kraulen sprechen können, doch er war kein Hund, und Yoyo machte wahrscheinlich einfach nur ihren Job. Vogelaar hatte ihnen dabei zugesehen und plötzlich sehr müde gewirkt, als hätte er Jahre an Schlaf aufzuholen.
    »Wenn ihr nicht hier seid, um mich zu erledigen, wozu dann, in Teufels Namen?«
    »Um dich zu warnen, du blöder Wichser«, erklärt Yoyo ihm freundlich.
    »Vor wem?«
    »Vor denen, die es vorhaben!«
    Jericho zieht sein Handy hervor, projiziert wortlos das Textfragment und anschließend den Film an die Wand, der Vogelaar in Afrika zeigte.
    »Woher habt ihr das?«
    »Wissen wir nicht. Ist uns ins Netz gegangen, aber seitdem versucht dein Freund Kenny, uns umzubringen.«
    »Mein Freund Kenny.« Vogelaar stößt ein Geräusch zwischen Lachen und Grunzen aus. »Jetzt mal Tacheles, ihr seid doch nicht gekommen, weil euch ernsthaft was an meinem Überleben liegt.«
    »Natürlich nicht. Schon gar nicht nach der Wurstschneidemaschine.«
    »Konnte ich ahnen, wer du bist?«
    »Du hättest fragen

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