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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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dunkel.
    Die Röhre hatte den Geist aufgegeben. Vogelaar erlosch zum Scherenschnitt, eine schwarze Masse, aus der sich leises, triumphierendes Lachen löste. Jericho verengte die Augen. Nur durch die Scharten in den Flügeltüren fiel noch Licht herein, eben ausreichend, um den einzig verbliebenen Fluchtweg zu überblicken. Wie ein Krebs schlich er aus dem Schutz seiner Deckung heraus. Als spiegele sie seine Bewegungen, geriet auch die Silhouette des Südafrikaners in Bewegung. Illusorisch. Er würde nicht schnell genug bei den Türen sein. Vielleicht empfahl sich ein bisschen Konversation.
    »He, lassen wir den Quatsch, okay?«
    Schweigen.
    »Das führt nirgendwohin. Wir sollten reden.«
    Dieses verzagte Tremolo in seiner Stimme! Gar nicht gut. Jericho atmete tief durch und versuchte es erneut.
    »Hier liegt irgendein Missverständnis vor.« Schon besser. »Ich bin nicht Ihr Feind.«
    »Für wie blöd hältst du mich eigentlich?«
    Eine Antwort, immerhin, wenngleich heiser und drohend und kaum vom Willen zur Verständigung getragen. Die Silhouette kam näher. Jericho wich zurück, tastete hinter sich, bekam etwas Schartiges, Schweres zu fassen, schloss die Finger darum in der Hoffnung, es möge sich als Waffe eignen.
    Mit trockenem Knall sprang die Leuchte wieder an.
    Vogelaar stürmte heran, ein Küchenmesser von beängstigender Länge schwingend, und Jericho hatte ein lähmendes Déjà-vu. Shenzhen. Ma Liping, das Paradies der kleinen Kaiser. In letzter Sekunde riss er hoch, was er da in der Hand hielt. Das Messer teilte den Rettich in zwei Hälften, durchfuhr zischend die Luft, verfehlte ihn um Haaresbreite. Jericho stolperte rückwärts. Der Hüne trieb ihn vor sich her und um den Tisch herum, dem umgekippten Regal entgegen. Auf gut Glück griff er in den Haufen Küchenutensilien, der sich daraus ergossen hatte, erwischte ein Backblech und hielt es wie einen Schild vor sich. Klingenstahl kreischte über Aluminium. Lange würde er Vogelaars wütende Attacken nicht abwehren können, also packte er das Blech mit beiden Händen und ging seinerseits zum Angriff über, schwang es wild hin und her und landete einen vernehmlichen Treffer. Vogelaar taumelte. Jericho warf ihm das Blech an den Kopf, ließ sich fallen, rollte sich unter dem Tisch hindurch auf die andere Seite, sprang auf die Füße, begann zu rennen. Vogelaar würde um den Tisch herum müssen –
    Vogelaar setzte über den Tisch.
    Zentimeter vor der Flügeltür fühlte er sich gepackt und mit solcher Vehemenz zurückgerissen, dass seine Füße den Halt verloren. Mühelos wirbelte Vogelaar ihn herum und stieß ihn nach unten. Er knallte auf etwas Hartes, dass ihm Hören und Sehen verging, dann begriff er, dass der Südafrikaner seinen Kopf auf den Schlitten der Aufschnittmaschine gedrückt hielt. Im nächsten Moment begann das Messer hörbar zu rotieren. Jericho zappelte, versuchte freizukommen. Vogelaar drehte ihm den Arm auf den Rücken, bis es knackte. Immer schneller drehte sich die Klinge.
    »Wer bist du?«
    »Owen Jericho«, keuchte er, das Herz im Hals. »Restaurantkritiker.«
    »Und was willst du hier?«
    »Nichts, gar nichts. Zu Donner, mit Donner reden –«
    »Andre Donner?«
    »Ja. Ja!«
    »Wegen einer Restaurantkritik?«
    »Ja, verdammt!«
    »Mit einer Knarre?«
    »Ich –«
    »Falsche Antwort.« Der Südafrikaner presste seinen Kopf gegen das Metall und schob ihn der rasenden Klinge entgegen. »Und eine falsche Antwort kostet ein Ohr.«
    »Nein!«
    Jericho heulte auf. Glühender Schmerz durchschoss seine Ohrmuschel. In panischer Angst trat er um sich und vernahm einen dumpfen Schlag. Der Druck auf sein Schultergelenk ließ unvermittelt nach. Vogelaar sackte über ihm zusammen. Mit einem Ruck stemmte er sich hoch, sah seinen Peiniger torkeln und rammte ihm den Ellbogen ins Gesicht. Der andere verkrallte sich in seinen Gürtel, kippte weg. Jericho hielt sich an der Tischkante fest, um nicht mit zu Boden gerissen zu werden. Etwas Großes, Dunkles landete auf Vogelaars Hinterkopf. Der Mann brach zusammen und rührte sich nicht mehr.
    Yoyo starrte ihn an, den Knochen der gefrorenen Antilopenkeule mit beiden Händen umklammernd.
    »Mein Gott, Owen! Wer ist das Arschloch?«
    Benommen tastete Jericho nach seinem Ohr, fühlte rohes, aufgerissenes Fleisch. Als er seine Finger betrachtete, waren sie rot von Blut.
    »Jan Kees Vogelaar«, murmelte er.
    »Verdammt! Und Donner?«
    »Keine Ahnung.« Er sog die Lungen voll Luft. Dann ging er neben dem reglosen

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