Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
gewesen, die auch dann noch Geld verdienten, wenn es niemanden anzugreifen und nichts zu verteidigen gab. Unvorstellbar, dass Divisionen der US Army, der Royal Air Force, der forces armées oder der Bundeswehr plündernd und vergewaltigend durchs eigene Land zogen. Tatsächlich schien die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht das Ende jener Kräfte einzuläuten, die den Krieg bis dahin maßgeblich geprägt hatten. König Davids Krether und Plether, die griechischen Hopliten in Persiens Heer, die marodierenden Horden spätmittelalterlicher Brabanzonen und Armagnaken, Schweizer Reisläufer, Landsknechte im Dreißigjährigen Krieg und Privatarmeen im kolonialistischen Afrika, sie alle hatten sich in den Dienst des jeweils besten Angebots gestellt. Sie wurden fürs Kämpfen bezahlt und nicht dafür, Kasernen zu bewohnen.
    Im 20. Jahrhundert, mit dem Rückzug der Kolonialmächte, lockte es viele Söldner in die Unabhängigkeitswirren Afrikas, wo Verfolgung und Vertreibung, Putsch und Völkermord unter den neuen, ethnisch zerstrittenen Machthabern an der Tagesordnung waren. Offiziell zur Nichteinmischung verdonnert, sicherte der Westen seine Interessen nun mit Hilfe privater Truppen, etwa um der Etablierung des Kommunismus auf afrikanischem Boden entgegenzuwirken. Nicht anders operierten die Kommunisten. Staaten wie Südafrika legten sich zudem paramilitärische Sondereinheiten wie Koevoet zu und verschafften den Auftragskämpfern lukrative Dauerjobs. Das Auslaufmodell Söldner schien seine Nische im Umfeld der Diktatoren und Rebellen gefunden zu haben.
    Dann änderte sich alles.
    Mit einem Seufzer der Geschichte zerfiel das Sowjetimperium, sang- und klanglos, banal, unwiederbringlich. Ostdeutschland hörte auf zu existieren. Londons Einlenken stellte die IRA infrage, am Kap endete die Apartheid, der Kalte Krieg wurde für überwunden erklärt, Großbritannien und die USA reduzierten ihre Streitkräfte, politische Wechsel in Südamerika zogen die Diskreditierung Tausender Armeeangehöriger nach sich. Weltweit verloren Soldaten, Polizisten, Geheimdienstler, Widerstandskämpfer und Terroristen ihre Jobs und ihre Daseinsberechtigung. Ganz neu war das nicht. Jahre zuvor schon hatten arbeitslose Veteranen des Vietnamkriegs in den USA private Militär- und Sicherheitsdienste gegründet, die immer dort einsprangen, wo Washington sich nicht erwischen lassen durfte. Für die CIA hatten diese Firmen unliebsame Machthaber aus dem Amt gejagt, Waffen und Drogen verschoben und ganz nebenbei den Verteidigungshaushalt entlastet. Nun aber kollabierte der Markt unter einem Überangebot ausgebildeter Kämpfer, die im Zeitalter eines Nelson Mandela und russisch-amerikanischer Kumpaneien um die letzten Krisengebiete bangen mussten. Die verbliebenen Despoten mochten sich noch so sehr mühen, die Menschenrechte zu verletzen, es reichte einfach nicht für alle.
    Und wieder hebt sich der Vorhang zu einem neuen Akt.
    Es treten auf: Saddam Hussein, überheblich und gefräßig, sowie Slobodan Miloševic, delirierend vor Nationalismus. Perfekte Antagonisten einer ansonsten friedliebenden Menschheit, die flugs übereinkommt, Krieg als Fortführung der Politik mit anderen Mitteln wieder zuzulassen. Dummerweise hat man sich im Versöhnungstaumel einiger Soldaten zu viel entledigt. Schon marschieren die Söldner wieder mit. Legitimiert von den Vereinten Nationen polieren sie ihr angekratztes Image auf, helfen, den Irren vom Golf und das Ungeheuer vom Balkan zu besiegen und den Frieden zu sichern, und eines Tages fliegen zwei Passagierjets in die Twin Towers und lassen die letzten Reste pazifistischen Gedankenguts gleich mit in Flammen aufgehen. Herzhaft bemüht, die Achse des Bösen in die Knie zu zwingen, beschert George W. Bush, größter politischer Bankrotteur der amerikanischen Geschichte, den USA Tausende toter GIs und ein mondkratergroßes Finanzloch. Praktisch alle verbündeten Staaten müssen lernen, wie entsetzlich teuer Kriege sind und wie viel teurer es ist, den Frieden zu gewinnen, zumal unter Einsatz regulärer Armeen. Da andererseits die Führbarkeit von Kriegen nicht mehr zur Debatte steht, ergeht Auftrag um Auftrag an die effizient und verschwiegen arbeitenden privaten Sicherheitsfirmen.
    Passend dazu avanciert Afrika mit seinen Rohstoffen zum Spielbrett der Globalisierung. Längst verheilt geglaubte Wunden platzen auf, Petrodollars spalten ganze Nationen, und an allem zerren die gravitativen Kräfte des Ostens und des Westens. Somalia

Weitere Kostenlose Bücher