Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Äquatorialguinea. Ob in Pekings Namen, ist fraglich. Meine Informanten bezweifeln es. War die chinesische Regierung also an der Entwicklung des äquatorialguineischen Raumfahrtprogramms und an Mayés Sturz beteiligt? Ja, wenn man zugrunde legt, dass Leute wie Zheng Pang-Wang die Regierung bilden. Nein, wenn man die Regierung als Ganzes betrachtet.«
    »Was wieder mal zeigt, dass die Partei eine bloße Vorstellung ist, ein Phantom«, sagte Yoyo verächtlich. »Es gibt keine Abgrenzung mehr zur Wirtschaft, und damit auch kein verbindliches Handeln auf Staatsebene. Chinas Ölleute haben Mayé an die Macht geputscht, geholfen hat der Zhong Chan Er Bu, mit Wissen aller Parteigenossen. Möglicherweise hat ihn unser größter Wirtschaftsmogul wieder gestürzt.«
    »Ohne Wissen aller Parteigenossen.«
    »Genau.« Yoyos Finger tippte gegen das Blatt. »Jetzt weiter unten: Niemand dort ahnt – was? Irgendwas. Soll heißen, gar nichts. Die Vokabel alles bezieht sich auf den zweiten Teil. Alles gelaufen. Sie philosophieren darüber, ob es sich überhaupt noch lohnt, Vogelaar auszuschalten. Also, ich weiß ja nicht, wie's euch geht, aber für mich klingt das, als stünde der große Knall unmittelbar bevor.«
    »Irgendeine Idee, was Berichts zu bedeuten hat?«
    »Wird um irgendeinen Bericht gehen.« Tu zuckte die Achseln. »Sie haben Angst, Vogelaar könnte darüber berichten.«
    »Schön«, sagte Jericho. »Trotzdem stecken wir fest.«
    Yoyo ließ sich mit ausgebreiteten Armen aufs Bett fallen und starrte die Decke an. Dann richtete sie sich jäh auf.
    »Wie läuft das eigentlich mit Vogelaar?«, fragte sie.
    »Was meinst du?« Jericho zwinkerte verwirrt. »Wie soll was laufen?«
    »Na, jetzt gerade.« Sie schürzte die Lippen. »Oder lass uns eine Stunde zurückgehen. Zwölf Uhr. Peng. Peng! Vogelaar wird erschossen, liegt tot im Museum. Was passiert?«
    »Sondereinheiten der Polizei treffen ein. Der Tatort wird gesichert, die Spurensicherung beginnt ihre Arbeit.«
    »Was geschieht mit der Leiche?«
    »Im Augenblick wird sie noch da sein. Die Spurensicherung braucht ihre Zeit. Spätestens um zwei liegt er auf dem Obduktionstisch, wo sie ihn ruck, zuck aufschneiden.«
    »Und das Auge?«
    »Kommt drauf an. Der Obduzent ist kein besserer Kommissar, das läuft ein bisschen anders als in den Filmen. Er befindet, was wert ist, den Ermittlern vorgelegt zu werden. Angenommen, ihm fällt an dem Auge was auf, wird er es in seinem Bericht vermerken. Vielleicht stopft er es wieder rein, vielleicht legt er es in die Asservatenschale.«
    »Wie lange dauert die Obduktion?«
    »Je nach Sachlage. Hinsichtlich der Todesursache besteht kein Zweifel, Vogelaar wurde erschossen, also wird es schnell gehen. In zwei bis drei Stunden dürften sie durch sein.«
    »Und dann?«
    »Gibt der Obduzent die Leiche frei.« Jericho grinste schief. »Du kannst sie abholen, falls du einen Leichenwagen mitbringst.«
    »Gut. Holen wir sie ab.«
    »Toller Plan.« Tu starrte sie an. »Wo willst du einen Leichenwagen herbekommen?«
    »Keine Ahnung. Seit wann drücken wir uns vor Herausforderungen?«
    »Tun wir nicht, aber –«
    »Warum überhaupt ein Leichenwagen ?« Yoyo setzte sich ganz auf, plötzlich Feuer und Flamme. »Warum kann man ihn nicht im Privatwagen abholen? Was, wenn wir Angehörige wären?«
    »Sicher«, spottete Tu. »Du könntest glatt seine Schwester sein. Die Haare, die Augen –«
    »Langsam!« Jericho hob die Hände. »Erst mal, ohne Leichenwagen geht gar nichts. Zweitens, wenn sie das Auge entfernt haben, nützt dir Vogelaars Leiche nicht das Geringste.«
    Yoyos Euphorie schmolz dahin. Sie verschränkte die Arme und ließ die Mundwinkel hängen.
    »Drittens«, sagte Jericho, »ist deine Idee trotzdem gut.«
    Tu kniff die Augen zusammen. »Was hast du vor?«
    »Ich?« Jericho zuckte die Achseln. »Nichts. Wahrscheinlich kann ich mich in Berlin nicht mehr blicken lassen, ohne dass sie mich hopsnehmen. Mir sind die Hände gebunden.« Er lächelte grimmig. »Euch aber nicht.«
     

INSTITUT FÜR RECHTSMEDIZIN DER CHARITÉ
     
    Gegen drei sah Jan Kees Vogelaar vergleichsweise gut aus. Wächsern zwar und nicht mehr von dieser Welt, dafür ein wurschtiges Leckt-mich-am-Arsch-Gesicht zur Schau tragend. Wenige Stunden zuvor, auf dem Spiegel seines Blutes, mit aufgerissenem Blick und verdrehten Gliedmaßen, war sein Anblick eher geeignet gewesen, die Iden des März heraufzubeschwören. Ein Cäsarentod am Fuß eines römischen Tempels, nur in

Weitere Kostenlose Bücher