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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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in der Sonne aufleuchtend.
    »Die Ganymed!«
    Sie waren den Pfad hinabgehastet, kopflos, atemlos, in linkischen Kängurusprüngen, zurück zur Kranplattform, nur um feststellen zu müssen, dass beide Rovers verschwunden waren. Keine Menschenseele weit und breit. Immer noch hallten Blacks Schreie in Ambers Ohren nach. Er hatte zu schreien begonnen im Moment, da sie ihn zugeschaltet hatte, um ihn zu fragen, wie es unten liefe:
    Carl, was soll das? Bist du verrückt ge – Nein!
    Carl?
    Voller Angst war sie auf die Plattform hinausgelaufen und hatte gesehen, was von der Gondel übrig war, in der eigentlich Mimi und Marc hätten sitzen müssen. Genauer gesagt gab es keine Gondel mehr. Nur noch ein invalides Stück Lehne, verbogenes Gitterwerk, das krumm gezwungene Fragment eines Sicherungsbügels und dahinter, eingeklemmt, etwas Weißes, betäubend Vertrautes –
    Ein einzelnes Bein.
    Nur äußerste Willenskraft hatte sie daran gehindert, sich in ihren Helm zu übergeben, während die anderen in die Schlucht hinabgestarrt und nach den Vermissten Ausschau gehalten hatten. Doch große Teile der Talebene lagen im Schatten, und so sahen sie nicht das Geringste.
    »Sie sind tot«, hatte Rogaschow schließlich verkündet.
    »Wie kannst du behaupten, dass sie tot sind?«, ereiferte sich Chambers. »Solange wir keine Leiche –«
    »Das da ist eine Leiche.« Rogaschow wies auf das abgerissene Bein in der zerstörten Gondel.
    »Nein, das – das ist –«
    Keiner von ihnen hatte es über sich gebracht, einen Namen auszusprechen. Welch unerträgliche Vorstellung, das Schicksal der zerfetzten Person würde sich erst dadurch erfüllen, dass sie dem Körperteil eine Identität zuwiesen und somit nachträglich für Fakten sorgten.
    »Wir müssen sie suchen«, sagte Chambers.
    »Später.« Julian starrte auf den Platz, wo die Fahrzeuge zuvor gestanden hatten. »Im Moment haben wir schlimmere Sorgen.«
    »Du findest das nicht schlimm genug?«, schnappte Omura.
    »Ich finde es entsetzlich. Aber zuerst müssen wir die Rovers wiederfinden.«
    »Warren?«, begann Omura wieder die mantrahafte Anrufung ihres Gatten. »Warren, wo bist du?«
    »Angenommen, sie hätten es geschafft –«, versuchte es Chambers erneut.
    »Sie sind tot«, schnitt ihr Rogaschow eisig das Wort ab. »Fünf Personen werden vermisst. Mindestens zwei davon leben, andernfalls könnten nicht beide Fahrzeuge verschwunden sein, aber die anderen liegen da unten. Willst du dich abseilen und in der Dunkelheit rumstochern?«
    »Woher willst du wissen, dass es nicht – nicht Carl ist, der unten liegt?«
    »Weil Carl lebt«, hatte Amber müde gesagt, um die Sache abzukürzen. »Ich glaube, er hat Peter und die anderen auf dem Gewissen.«
    »Was macht dich da so sicher?«
    »Amber hat recht«, hatte Julian gesagt. »Carl ist ein Verräter, das ist mir vor wenigen Minuten klar geworden. Glaubt mir, wir haben ein größeres Problem als das hier! Wir müssen uns dringend darüber Gedanken machen, wie wir –«
    In diesem Moment hatte Amber den Shuttle am Horizont aufsteigen sehen. Einen Moment lang schien er über Cobra Head stillzustehen, dann kam er auf sie zu und wurde rasch größer.
    Er fliegt hierher, dachte sie.
    Der gepanzerte Leib gewann an Form und Kontur, beunruhigenderweise aber auch an Höhe. Wer immer die Ganymed steuerte, hatte offenbar nicht vor, zu landen und sie aufzunehmen. Lautlos zog die Maschine über sie hinweg, beschleunigte, machte sich in nördliche Richtung davon, schrumpfte zum Punkt und verschwand.
    »Er haut ab«, flüsterte Omura. »Er lässt uns zurück.«
    »Julian, ruf das Gaia«, drängte Chambers. »Die müssen uns hier abholen.«
    »Geht nicht.« Julian seufzte. »Der Kontakt ist abgerissen.«
    »Abgerissen?«, rief Omura entsetzt. »Wieso denn abgerissen?«
    »Keine Ahnung. Ich sagte ja, wir haben ein größeres Problem.«
     

BERLIN, DEUTSCHLAND
     
    Die Rückverwandlung Xins vom löwenmähnigen Mando-Progger zum ganz normalen Auftragskiller war so gut wie vollzogen, als sein Verbindungsmann anrief.
    Auf dem Rückweg vom Grand Hyatt hatte er sich unablässig gefragt, was die beiden Polizisten dort gemacht hatten. Kein Zweifel, auch sie waren hinter Tu, Jericho und dem Mädchen her gewesen, aber aus welchem Grund? Jericho war in Berlin nicht namentlich erfasst, die Ermittler hatten demnach Tu Tian im Visier. Warum gerade ihn?
    Andererseits konnte es ihm gleich sein. Zwar hatte er unverrichteter Dinge verschwinden müssen, doch sein Gespür

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