Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
nicht?«
    »Ich weiß zu wenig über die Sache.«
    »Sie wissen exakt das, was wir auch wissen. Wie soll Hanna hier oben ganz allein zurechtkommen? Zugleich agieren und seine Spuren verwischen. Warum sind die Satelliten ausgefallen, als sein Name fiel? Wie sehr kann man den Zufall strapazieren?«
    »Aber wer sollte das sein?« Thiels Mädchengesicht drückte Entsetzen aus. »Doch keiner vom Personal. Und schon gar keiner der Gäste.«
    »Auch Hanna kam als Gast. Ein von Julian Orley persönlich ausgesuchter Gast. Wie konnte er so viel Vertrauen erwerben?« Lawrence musterte Lynn. Ihr Blick wanderte weiter zu Thiel und heftete sich auf Tim. »Also wer ist der andere? Die andere? Jemand in diesem Raum?«
    »So ein Blödsinn«, stieß Lynn hervor.
    »Mag sein. Aber auch darum suchen wir in Teams.« Lawrence lächelte dünn. »Damit wir aufeinander aufpassen können.«
     

ARISTARCHUS-PLATEAU
     
    Hanna registrierte den Verfolger erst nach einer ganzen Weile. Das Letzte, was er dem Durcheinander in seinem Helm hatte entnehmen können, war, dass keine Verbindung mehr zur Londoner Zentrale, zum Gaia und zu dem chinesischen Jet bestand. Hydra hatte etliche Möglichkeiten erörtert, vom Mond oder der Erde aus die Kommunikation lahmzulegen, falls es die Situation erforderte. Offenbar war Ebola aktiv geworden. Jetzt waren sie nur noch über den Funk ihrer Anzüge miteinander verbunden beziehungsweise über die Antennen der Rovers und des Shuttles, was jedoch Sichtkontakt erforderte. Zuletzt hatte er Locatellis Stimme gehört, der ihm offenbar näher gewesen war als die anderen.
    Kam er da angebraust?
    Hanna umkurvte einen kleinen Krater. Die Höchstgeschwindigkeit des Rovers betrug 80 Stundenkilometer, die sich kaum ausfahren ließen. Das Fahrzeug war leicht, zumal unterbesetzt, und hob bei jeder Gelegenheit ab, Kumulationen von Staub hinterlassend. Irgendwo in dem verwaschenen Grau war plötzlich das andere Fahrzeug aufgetaucht, und es näherte sich schnell. Entweder unterschätzte der Fahrer die Besonderheiten hiesiger Physik, oder er bewegte sich auf dem Terrain professioneller Erfahrung.
    Locatelli fuhr Rennen.
    Er musste es sein!
    Kurz erwog Hanna, anzuhalten und ihn in die Luft zu jagen, doch der aufgewirbelte Staub würde einen gezielten Schuss nicht eben begünstigen, außerdem würde er Zeit verlieren. Besser, seinen Vorsprung auszubauen. Hatte er den Shuttle erst erreicht, war es gleich, was aus Locatelli und den anderen wurde. Sofern es ihnen überhaupt gelang, das Aristarchus-Plateau zu verlassen, würden sie ihn nicht aufhalten können. Ihm blieb mehr als genug Zeit, die Operation durchzuführen und sich zur OSS abzusetzen. Von dort konnte er –
    Das rechte Vorderrad schnellte in die Höhe. Der Rover tat einen Bocksprung, stellte sich quer, schlitterte dahin und hüllte Hanna in graue Schwaden. Vorübergehend kam ihm die Orientierung abhanden. Unsicher, wohin er steuern sollte, fuhr er drauflos und sah sich in letzter Sekunde mit der klaffenden Tiefe des Schrötertals konfrontiert, riss hastig das Steuer herum, holte heraus, was herauszuholen war. Gegen Locatelli, so viel stand fest, half nur Geschwindigkeit.
     
    Staub. Das alles verschlingende Ungeheuer.
    Locatelli fluchte. Das Schwein vor ihm wirbelte so viel davon auf, dass er sich zügeln musste, ihm nicht zu nahe zu kommen und blind in sein Verderben zu rasen. Dann, mit einem Mal, schien es, als fahre sich der Mörder selbst in den Abgrund. Erst unmittelbar vor der Kante erlangte er die Gewalt über sein Fahrzeug zurück und prügelte es weiter voran, Wolken winziger, das Sonnenlicht milliardenfach brechender Partikel aufwirbelnd, als sei der Regolith mit Glas durchsetzt. Es wurde trübe um Locatelli, dann lichteten sich die Schwaden. Im nächsten Moment sah er den Rover erstaunlich klar vor sich. Der Untergrund hatte sich verändert, asphaltiertes Gelände nun, wenige Hundert Meter nur noch bis zur Ganymed. Massig und düster ruhte sie auf ihren Käferbeinen –
    Womit hatte der Kerl da eigentlich geschossen?
    Ein Inselchen der Nachdenklichkeit entstand im aufgepeitschten Ozean seiner Wut, ein Ort stiller Besinnung. Was zum Henker tat er hier? Was hatte er jemandem entgegenzusetzen, der tödliche Waffen mit sich führte und keinerlei Skrupel erkennen ließ, davon Gebrauch zu machen? Im nächsten Moment donnerten neue Zorneswogen heran und rissen alle Vorbehalte mit sich. Der Mörder schien ihn eines Schusses gar nicht für würdig zu halten. In heilloser

Weitere Kostenlose Bücher