Limit
einen Gefrierstrahl in Richtung Lynn. »Miss Orley, irgendwelche Ideen, in Ihrer Eigenschaft als Vorgesetzte?«
Lynn schnappte nach Luft.
»Es gibt nicht den geringsten Grund, das Gaia in die Luft zu jagen! Es muss sich um einen Irrtum handeln.«
»Danke, das hilft uns sehr. Geben Sie mir eine Direktive oder ermächtigen Sie mich, meinerseits Vorschläge zu machen. Wir könnten zum Beispiel eine Evakuierung anordnen.«
Lynn ballte die Fäuste. Sie sah aus, als wolle sie Lawrence den Kehlkopf herausreißen.
»Wenn im Hotel wirklich eine Bombe sein sollte, warum ist sie dann nicht längst schon hochgegangen? Ich meine, wer oder was soll überhaupt getroffen werden? Das Bauwerk? Jemand Bestimmtes?«
»Wir sind alle in Gefahr«, sagte Tim. »Wer schafft denn eine Atombombe auf den Mond mit dem Hintergedanken, Menschenleben zu schonen?«
»Eben.« Lynn sah sie der Reihe nach an. »Und bis jetzt waren wir noch jede Nacht vollständig versammelt, also warum ist nichts passiert? Vielleicht, weil es gar keine Bombe gibt? Weil uns jemand einfach nur Angst machen will?«
»Na ja«, sagte Thiel zögerlich. »Wie dieser Jericho schon sagte, Hannas Aufgabe könnte darin bestehen, die Bombe herzuschaffen. Wenn sie bereits vor einem Jahr auf den Mond gelangt ist –«
»Gab es das Gaia überhaupt schon vor einem Jahr?«, fragte Tim.
»Im Rohbau«, nickte Lynn.
»Das heißt, sie könnte seitdem hier liegen.«
»Eine Atombombe?« Lawrences Gesicht drückte Skepsis aus. »Tut mir leid, aber das glaube nicht mal ich. Ich kenne mich mit Mini-Nukes nicht aus, ich habe keinerlei Ahnung von Atomwaffen, aber ich meine zu wissen, dass sie Strahlung abgeben. Müsste diese Bombe nicht auch strahlen? Wie kann man so was ein Jahr lang übersehen?«
»Vielleicht hat Hanna sie erst vorgestern hergebracht«, schlussfolgerte Thiel. »Bei seinem nächtlichen –«
»Das ist alles dermaßen spekulativ!« Lynn ließ aufgebracht die Hände fliegen. »Nur weil er Staub an der Hose hatte. Und selbst wenn, warum hat er sie nicht längst gezündet?«
»Vielleicht will er den richtigen Zeitpunkt abpassen«, mutmaßte Tim.
»Und wann sollte der sein?«
»Keine Ahnung.« Thiel schüttelte den Kopf. Ihre Locken flogen umher, als feierten sie ungeachtet der dramatischen Lage eine Party. »Sicher nicht jetzt. Bis auf Miss Orley und Tim sind nur unwichtige Personen hier, Entschuldigung, vergleichsweise unwichtige Personen.«
»Fein«, triumphierte Lynn. »Dann müssen wir ja schon mal nicht evakuieren.«
»Ich bin nicht scharf auf eine Evakuierung, wenn Sie das meinen«, entgegnete Lawrence ruhig. »Aber ich werde es tun, falls es mir geraten scheint. Einstweilen stimme ich Sophie zu. Kritisch wird es wahrscheinlich erst wieder, wenn die Shuttles zurückkehren, was gegen sieben Uhr der Fall sein sollte. Wir haben jetzt –«, sie schaute auf die elektronische Anzeige, »– 16:20 Uhr. Mehr als zweieinhalb Stunden Zeit, um das Ding zu suchen.«
»Wie bitte?« Lynn rollte die Augen. »Wir sollen das Hotel durchkämmen?«
»Ja. In Teams.«
»Wir würden eine Nadel im Heuhaufen suchen!«
»Und sie finden, wenn es eine gibt. Sophie, trommeln Sie die anderen zusammen. Wir konzentrieren uns auf Stellen, an denen man so ein Ding verstecken könnte.«
»Wie groß ist denn eine Mini-Nuke?«, fragte Thiel hilflos.
»So groß wie ein Aktenkoffer?« Lawrence zuckte die Achseln. »Weiß es einer?«
Kopfschütteln. Thiel öffnete mehrere Fenster mit Schemagrammen und Tabellen voller Zahlen.
»Jedenfalls messen wir nirgendwo im Hotel eine außergewöhnliche Strahlenbelastung«, sagte sie. »Keine erhöhte Radioaktivität, keine zusätzliche Wärmequelle.«
»Weil keine Bombe hier ist«, murrte Lynn.
»Und die Sensoren erfassen jeden Bereich?«, fragte Tim.
»Jeden zugänglichen Bereich, ja.«
»Wir sollten noch einen weiteren Punkt ansprechen, bevor wir uns auf die Suche machen«, sagte Lawrence. »Meines Erachtens haben wir es nicht nur mit einer Bombe zu tun.«
»Sondern.«
»Mit einem Verräter.«
»Ach du lieber Himmel!« Lynn schüttelte den Kopf. »Ich dachte, Carl ist der Böse.«
»Carl ist der eine Böse. Aber wer hat das Video umgeschnitten? Wer hat ihm geholfen, mit dem Lunar Express das Gaia zu verlassen?«, fügte sie mit einem Seitenblick auf Lynn hinzu. »Ihr Vater scheint sich ja einer recht scharfen Beobachtungsgabe zu erfreuen.«
»Sie meinen, es gibt jemanden unter uns, der Carl zuarbeitet?«, fragte Tim.
»Sie etwa
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