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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Unheils.
     
    Lawrence hörte dieselben Geräusche unmittelbar über sich. Eine machtvolle Erschütterung hatte sie von den Beinen gerissen, gefolgt von einem vielstimmigen Brausen, das jedoch rasch und vollständig erstorben war. Immer noch schien ihr die Empore vom explosionsartigen Krachen widerzuhallen, das dem Brausen vorangegangen war. Das komplette Gebäude hatte geschwungen wie eine Stimmgabel, war endlich zur Ruhe gekommen, und mit einem Mal herrschte Grabesstille. Bis auf das Jammern und Knarren in der Decke. Laute wie von Katzen, die auf Partnersuche die Nacht durchstreiften.
    Sie rannte zum Schott und schlug gegen den Mechanismus. Es blieb verschlossen.
    »Lynn«, schrie sie.
    Keine Antwort.
    »Lynn! Was ist da los? Lynn!«
    Niemand in der Zentrale reagierte.
    »Kommen Sie schon, reden Sie mit mir! Da oben ist was Größeres zu Bruch gegangen. Ich hab keine Lust, hier drin zu krepieren.«
    Sie schaute sich um. Inzwischen war die Sicht auf der Empore wieder weitgehend klar, die Ventilatoren hatten ganze Arbeit geleistet. Bald würde der Druck wiederhergestellt sein, doch wenn dort oben das eingetreten war, was sie befürchtete, drohte auch dieser Bereich über kurz oder lang unter der Last des Kopfes begraben zu werden.
    Sie musste hier raus! Musste die Kontrolle zurückerlangen.
    »Lynn!«
    »Dana.« Lynn klang wie ein Roboter. »Es hat eine Reihe von Unfällen gegeben. Warten Sie, bis Sie dran sind.«
    Lawrence ließ sich erschöpft mit dem Rücken gegen die Wand sinken. Dieses verfluchte Miststück! Natürlich konnte man ihr keinen Vorwurf machen, sie hatte allen Grund, sauer zu sein, dennoch entzündete sich in Lawrence blanker Hass auf Julians Tochter. Ganz entgegen ihrer Natur begann sie, die Sache persönlich zu nehmen. Lynn hatte ihr das Desaster eingebrockt. Na warte, dachte sie.
     

KAP HERACLIDES, MONTES JURA
     
    Gegen elf hielt Omura plötzlich an.
    »Wenn er abgestürzt ist, dann hier«, sagte sie.
    Julian, der vorausfuhr, stoppte ebenfalls. Sie parkten hintereinander auf der sonnenbeschienenen Weite des Mare Imbrium. Zu ihrer Linken türmte sich Kap Heraclides mit den südlichen Ausläufern der Montes Jura aus der Basaltsee, schroffer Vorposten der Sinus Iridum, der Regenbogenbucht. Es fehlte nicht viel, um sich vorzustellen, statt in Rovers in Ausflugsbooten zu sitzen und über windstille See aufs Land zu schauen, eigentlich nur etwas Farbe und die pittoreske Erscheinung eines Leuchtturms auf den felsigen Klippen. Wie um die Illusion perfekt zu machen, zeigten Satellitenaufnahmen weit auseinandergezogene, flache Wogen, mit denen die erstarrte Flut des Mare in die Regenbogenbucht einfiel, ältere Aufnahmen indes, da sich die Wetterlage über Sinus Iridum mit Beginn der Helium-3-Förderung geändert hatte. Inzwischen verschluckte eine ausgedehnte Nebelbank die Wogen und schien landeinwärts zu ziehen. Von ihrem Halteplatz aus konnten sie die Schwaden in der Ferne erkennen, konturloses Grau, das auf der steinernen See lastete.
    »Könnte er nicht eine andere Route geflogen sein?«, meinte Chambers.
    »Möglich.« Julian richtete den Blick in den Himmel, als habe Locatelli dort etwas für sie hinterlassen.
    »Wahrscheinlich sogar«, meinte Rogaschow. »Er hatte Probleme, die Gewalt über den Shuttle zurückzuerlangen. Falls es ihm gelungen ist, könnte er ziemlich weit abgedriftet sein.«
    »Wo genau liegt noch mal die Förderstation?«, fragte Amber.
    »Im Abbaugebiet.« Julian zeigte mit ausgestrecktem Arm in Richtung Staubbarriere. »Knapp einhundert Kilometer von hier auf der Achse zwischen Kap Heraclides und Kap Laplace im Norden.«
    »Nebenbei, wie sieht's mit unserem Sauerstoff aus?«
    »Gut, den Umständen entsprechend. Das Problem ist, dass wir uns nicht länger auf die Karten verlassen können.«
    Amber ließ ihre Karte sinken. Bis jetzt hatte sie den Vorzug des ungetrübten Ausblicks auf ihrer Seite gehabt. Verlässlich hatte sich jeder Krater, der auf den Mondkarten verzeichnet war, jede Anhöhe irgendwann über den Horizont geschoben und eine genaue Positionsbestimmung gestattet, doch im Staubmeer würde ihr Orientierungsvermögen stark eingeschränkt sein.
    »Wir sollten uns also möglichst nicht verfahren«, stellte Chambers nüchtern fest.
    »Und Warren?«, drängte Omura. »Was ist mit Warren?«
    »Tja.« Julian zögerte. »Wenn wir das wüssten.«
    »Ganz qualifizierter Kommentar, danke!« Sie schnaubte. »Wie wäre es, wenn wir ihn suchen?«
    »Das können wir nicht

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