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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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riskieren, Momoka.«
    »Wieso nicht? Wir müssen doch ohnehin bis an den Fuß des Kaps.«
    »Und von da ohne Umschweife zur Station.«
    »Wir wissen ja nicht mal, ob er wirklich abgestürzt ist«, gab Chambers zu bedenken. »Vielleicht –«
    »Natürlich ist er das!«, explodierte Omura. »Mach dir doch nichts vor! Wollt ihr seelenruhig weiterfahren, während er in einem Wrack festhängt, zusammen mit diesem Quadratarschloch von Carl?«
    »Von Seelenruhe kann kaum die Rede sein«, protestierte Chambers. »Das Gebiet ist riesig. Er könnte überall sein.«
    »Aber –«
    »Wir suchen ihn nicht«, beschied Julian. »Ich kann das nicht verantworten.«
    »Du bist echt das Letzte!«
    »Es wär echt das Letzte, wegen dir nicht bis zur Förderstation zu kommen«, sagte Chambers, deutlich abgekühlt. »Keinem hier ist Warren egal, aber wir können nicht das komplette Mare Imbrium absuchen, bis uns der Sauerstoff ausgeht.«
    »Ein Vorschlag zur Güte.« Rogaschow räusperte sich. »In einem Punkt hat Momoka recht. Wir müssen ohnehin rüber zum Kap, wenn wir auf die verbindende Achse gelangen wollen. Fahren wir doch einfach ein bisschen daran entlang und halten die Augen offen. Keine organisierte Suche, nur drei, vier Kilometer und dann Richtung Förderstation.«
    »Klingt vernünftig«, meinte Chambers.
    Julian brütete einige Sekunden über dem Vorschlag. Bislang hatten sie die Sauerstoffreserven noch nicht antasten müssen.
    »Ich denke, das können wir machen«, sagte er widerstrebend.
    Sie bogen ab, hielten auf die Landmasse zu und fuhren ein Stück in die Bucht hinein, den ansteigenden Gebirgszug zur Linken, bis sie nach wenigen Minuten einen flachen Graben erreichten, der sich quer über den Untergrund dahinzog und direkt aus dem Nebel zu kommen schien.
    Julian verlangsamte den Rover.
    »Das ist kein Graben«, sagte Rogaschow.
    Sie starrten auf eine breite Schneise. Wie eine Wunde war sie in den Regolith gerissen, mit aufgeworfenen Rändern.
    »Frisch«, meinte Amber.
    Omura erhob sich von ihrem Sitz und starrte in die fernen Schwaden, wandte sich zur anderen Seite.
    »Da«, flüsterte sie.
    Wo sich das Gestade des Kaps zur Gebirgskette emporschwang, lag etwas schräg im Hang. Es reflektierte das Sonnenlicht, klein, länglich, von erschreckend vertrauter Form.
    Es markierte das Ende der Schneise.
    Ohne ein Wort zu verlieren, gab Julian Gas. Er fuhr mit Höchstgeschwindigkeit, dennoch schaffte es Omura, ihn zu überholen. Das Gelände stieg sanft und flach an, verträglich für die Rovers, die sich dank flexibler Radaufhängung zügig entlang der Schneise hocharbeiteten. Inzwischen bestand kein Zweifel mehr, dass sie das Wrack der Ganymed vor Augen hatten. Beinlos ruhte es inmitten einer Geröllhalde, zwischen größeren Brocken verkeilt. Ihr Laderaum stand weit offen. Unweit der Rampe lag ein Mensch, Kopf und Schultern im Schatten der Felsen. Während Julian noch überlegte, wie er Omura davon abhalten konnte, war sie bereits vom Fahrersitz gesprungen und die Anhöhe hinauf gehastet. Er hörte ihr Keuchen in seinem Helm, sah sie auf die Knie fallen. Ihr Oberkörper wurde von den Schatten verschluckt, dann erklang ein kurzer, etwas gespenstischer Schrei in den Lautsprechern.
    »Evelyn«, sagte Julian auf separater Frequenz zu Chambers. »Ich glaube, das kannst du am besten.«
    »Okay«, sagte Chambers unglücklich. »Ich kümmere mich um sie.«
     

SINUS IRIDUM
     
    Im Kontext aller bisherigen Widrigkeiten hätte es Hanna eher gewundert, ohne Probleme bis zur Förderstation zu gelangen. Zu vertraut war ihm das Wesen der Eskalation. Die beschädigte Achse des Buggy musste vorzeitig auseinanderbrechen, und genau das tat sie dann auch, der Dramaturgie des Scheiterns verpflichtet fünfzehn Kilometer zu früh. Kein Schlagloch, keine Verwerfung gab ihr den Rest. Auf ebener Fläche ging sie entzwei, mit banaler Endgültigkeit, stoppte das Fahrzeug abrupt ab, zwang es in einen Halbkreis, und das war's.
    Hanna sprang in den Schutt. Die Grundregel allen Überlebens lautete, das Positive zu sehen. Etwa, dass die Kiste überhaupt so lange durchgehalten hatte. Dass er über ein außergewöhnliches Orientierungsvermögen gebot, das ihn bislang noch jedes Mal seinen Weg hatte finden lassen. Ungeachtet der miserablen Sichtverhältnisse hatte er Kurs gehalten, dessen war er gewiss. Solange er einfach in gerader Linie weiterging, sollte er die Förderstation in schätzungsweise einer Stunde erreicht haben, auch wenn er ab jetzt

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