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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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sie tonlos.
    Funaki nickte, ein einziger Selbstvorwurf. »Dann öffnen wir jetzt den Ostschacht.«
    »Bis runter in die Lobby, Michio. Sie wissen ja, wo's rausgeht.«
     
    Eigentlich war da gar nichts mehr, was brennen konnte.
    Auch der zweite Sauerstofftank ging zur Neige, von den drei Leichen kündeten nur Reste zusammengebackener Asche. Was in Flammen hatte aufgehen können, war verzehrt, dennoch flackerte und glühte es weiter. Nach dem Teilabsturz von E2 war der Rauch in den Schacht des Personalfahrstuhls gestiegen und hatte sich darin gestaut, durch die Stilllegung der Ventilatoren an der Zirkulation gehindert, die ihn sonst überallhin verteilt hätte. Allerdings schufen die Temperaturunterschiede ihr eigenes Umwälzungssystem, außerdem entstiegen den deformierten Materialien immer neue Schwaden, sodass der Fahrstuhlschacht, den Borelius' Truppe keine Viertelstunde zuvor durchquert hatte, inzwischen keinen Atemzug und keinen Zentimeter Sicht mehr zuließ. In Höhe der schwelenden Kabinenreste waren die Dichtungsklappen zum westlichen Ventilationsschacht geschmolzen, auch dieser nun voller Rauch, dafür hielten die Abschirmungen des Ostschachts stand. Immer noch herrschten in Gaias Hals Temperaturen wie in einem Sonnenofen und erhöhten dramatisch die Viskosität der Stahlträger, die den Kopf der Figur stützten. Erneut neigte sich Gaias Kinn ein winziges Stück, und diesmal war es deutlich zu spüren.
    »Der Boden hat sich bewegt«, flüsterte Olympiada Rogaschowa und klammerte sich an Winters Oberarm, deren Tränenfluss im selben Moment versiegte.
    »Bestimmt elastisch gebaut«, schniefte sie und tätschelte Olympiadas Hand. »Mach dir keine Sorgen, Liebes. Hochhäuser auf der Erde wackeln auch, weißt du, wegen der Erdbeben.«
    »Du bist vielleicht elastisch gebaut.« O'Keefe starrte mit trockenem Mund nach draußen. »Das Gaia bestimmt nicht.«
    »Woher willst du das wissen? Hey, Michio, was –«
    »Keine Zeit!« Funaki stand am Treppenabsatz und wedelte heftig mit beiden Armen. »Kommen Sie. Schnell!«
    »Vielleicht leiden wir auch unter Massenhysterie«, erklärte Winter der verstörten Olympiada, während sie ihm in die Luna Bar und von dort hinab ins Selene folgten. Wieder gab der Boden unter ihnen nach.
    » Chikusho !«, zischte Funaki.
    O'Keefes Kenntnisse des Japanischen gingen gegen null, doch nach mehreren Tagen in der Gesellschaft Momoka Omuras war man mit Kraftausdrücken hinreichend vertraut.
    »So ernst?«, fragte er.
    »Überaus ernst. Wir sollten keine Sekunde verlieren.« Funaki öffnete ein Regal, entnahm ihm vier Sauerstoffmasken und hastete weiter zu einer von zwei frei stehenden Säulen, die O'Keefe bislang für Dekorationsobjekte gehalten hatte, verkleidet mit Holografien von Sternbildern. Jetzt, als der Japaner eine der Flächen beiseiteschob, kam dahinter ein mannshohes Schott zum Vorschein.
    »Der Lüftungsschacht!«
    »Ja.« Funaki nickte. »Hier oben beginnt er. Drücken wir uns gegenseitig die Daumen. Die Zentrale meint, das Innere sei rauchfrei, kein Druckverlust.« Er verteilte die Masken. »Trotzdem. Setzen wir die auf, bis wir es genauer wissen. Einfach überstreifen, sodass sie eng anliegen und die Augen hinter der Sichtblende geschützt sind. – Nein, andersherum, Miss Rogaschowa, andersherum!« Seine Hände flatterten umher. »Miss Winter, können Sie ihr bitte behilflich sein? Danke. – Mr. O'Keefe, darf ich mal sehen? Ja, genauso. Sehr gut.«
    In Windeseile zog er seine eigene Maske über, überprüfte ihren Sitz und sprach mit gedämpfter Stimme weiter: »Sobald das Schott offen steht, gehe ich hinein. Warten Sie, bis ich das Zeichen gebe, dann folgen Sie mir einer nach dem anderen, zuerst Miss Rogaschowa, dann Miss Winter, als Letzter Mr. O'Keefe. Die Leiter führt uns direkt in die Lobby. Dicht hinter mir bleiben. Noch Fragen?«
    Die Frauen schüttelten den Kopf.
    »Nein«, sagte O'Keefe.
    Funaki tippte gegen den Sensor, trat zurück und wartete. Das Schott schwang auf. Wärme schlug ihnen entgegen. O'Keefe trat neben den Japaner und schaute hinab. Sie blickten in einen matt erleuchteten Schacht, der endlos nach unten abfiel.
    »Klare Sicht.«
    Funaki nickte. »Warten Sie, bis ich grünes Licht gebe.«
    Er stieg ins Innere, setzte beide Füße auf die Sprossen, legte die Hände um die Seitenstreben und begann zu klettern. Brust, Schultern und Kopf verschwanden jenseits der Kante. O'Keefe schaute ihm hinterher. Der Japaner sah sich um, warf kritische Blicke in die

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