Limit
auf und widmete sich wieder seinen Bildschirmen. Ohne innezuhalten, betrat Jericho den kleinen Raum, warf Norrington aus dem System und pendelte zielstrebig hinüber zur anderen Seite, wo die Konferenzräume lagen. Unmittelbar, bevor er sich zu den anderen gesellte, sandte er das vereinbarte Signal an Yoyo.
Sofort gab sie Norringtons Namen ein. Das System forderte sie auf, sich zu autorisieren. Sie schickte den achtstelligen Code hinterher, überspielte Norringtons Daumenabdruck und wartete.
Der Bildschirm füllte sich mit Icons.
»Da seid ihr ja«, flüsterte Yoyo und gab Diane Anweisung, Norringtons persönliche Daten herunterzuladen.
»Wird gemacht, Yoyo.«
Yoyo? Wie nett. Owen musste sie in die Frequenzerkennung mit aufgenommen haben. Gespannt sah sie zu, wie ein Datenpaket nach dem anderen auf Dianes Festplatte flutschte, und fieberte der Mitteilung Download abgeschlossen entgegen.
Mit gleicher Ungeduld wartete Jericho auf das Signal, dass der Transfer erfolgreich gewesen und der falsche Norrington wieder ausgeloggt war. Unmittelbar danach würde er noch einmal handeln müssen: raus aus der Konferenz, rüber ins Büro des Stellvertretenden Sicherheitschefs, ihn wieder einloggen, sodass Norrington später nichts von dem Eingriff merkte.
Im selben Augenblick stand Norrington auf.
»Entschuldigen Sie mich«, sagte er, lächelte in die Runde und ging hinaus.
Jericho starrte den Platz an, auf dem er gesessen hatte. Yoyo, dachte er, was ist los? Warum dauert das denn so lange?
Sollte er Norrington hinterherlaufen? Ihn davon abhalten, sein Büro zu betreten? Welchen Eindruck würde das machen? Schon jetzt verunsichert von der vermeintlichen Eigenmächtigkeit des Zentralcomputers, ihn nach Belieben auszuloggen und vor die Tür zu setzen, musste jede Intervention Norrington augenblicklich Verrat wittern lassen. Mit unguten Gefühlen widerstand er der Versuchung, hoffte auf das erlösende Signal und bemühte sich, ein interessiertes Gesicht zu machen.
Norrington, dessen Ängste, seit er sich erinnern konnte, in rege Korrespondenz mit Magen und Darm zu treten pflegten, suchte die Toilette auf, fand schnaufend Erleichterung und verließ sie wieder. Vor der Tür des Konferenzraums, die Klinke bereits in der Hand, überkam ihn plötzlich das Gefühl, als starre ihm jemand auf den Hinterkopf, eher ein Etwas, ein schadenfroh glotzendes Ich-komm-dich-holen. Er hielt inne und drehte sich blitzschnell zu seinem Büro um.
Niemand darin.
Eine Sekunde zögerte er, doch das Starren wollte nicht enden. Langsam ging er hinüber, betrat den Raum und umrundete seinen Schreibtisch. Augenscheinlich alles in Ordnung. Er tippte auf den Touchscreen und versuchte, eine seiner Dateien zu öffnen.
Zugriff verwehrt.
Norrington prallte zurück, sah sich gehetzt um. Was war hier los? Ein Systemfehler? Nie im Leben! Eisig kroch die Erinnerung seine Wirbelsäule empor, wie Jericho wegen Thorn am Lack gekratzt und wie tölpelhaft er reagiert hatte, anstatt die Bekanntschaft, die gute Bekanntschaft, einfach zuzugegeben, na und? Was bewies es schon groß, dass er Thorn gekannt hatte, und wenn der Kerl tausendmal ein Terrorist gewesen war?
Er rief das Autorisierungsfenster auf und tippte seinen Namen hinein.
Das System teilte ihm mit, er sei bereits angemeldet.
Download abgeschlossen.
»Endlich«, sagte Yoyo, warf Norrington aus dem System und schickte die Nachricht auf Jerichos Handy.
Norrington starrte auf seinen Bildschirm.
Jemand trieb sich in seinen Daten herum.
Mit zitternden Fingern startete er einen zweiten Versuch. Diesmal akzeptierte das System seine Autorisierung und ließ ihn wieder herein, doch er wusste auch so, dass sie in seinen Bereich eingedrungen waren. Sie hatten sich seiner Zugriffsdaten bemächtigt, spionierten ihn aus.
Waren ihm auf der Spur.
Norrington legte die Zeigefinger zusammen und presste sie gegen die Lippen. Er glaubte ziemlich genau zu wissen, wer sie waren, doch was sollte er gegen sie unternehmen? Anweisung geben, Jerichos Computer zu durchsuchen? Der Detektiv würde Zweifel an seiner Loyalität laut werden lassen. Norrington würde einer Durchsuchung seiner Daten zustimmen müssen, wenn er keinen Argwohn erregen wollte, der Anfang vom Ende. Begannen sie erst einmal, seine gelöschten E-Mails zu rekonstruieren –
Moment mal. Jericho saß im Konferenzraum. Der Detektiv mochte ihn ausgeloggt haben, doch was soeben geschehen war, konnte er kaum verantwortet haben. Einer der
Weitere Kostenlose Bücher