Linda Lael Miller
entfernt«, sagte sie. »Und Trista ist auch ihre Tochter.«
»Willst du
mir sagen, daß Barbara ...«
»In die
Zukunft gegangen ist?« vollendete Elisabeth für ihn. »Ja. Sie trug damals meine
Halskette, die in jener Zeit natürlich ihr gehörte.«
Jonathan
sprang so heftig hoch, daß sein Stuhl umfiel. Er ging zum Herd, um seine
Kaffeetasse noch einmal zu füllen, und selbst durch den Stoff seines Hemdes
konnte Elisabeth sehen, daß die Schultern verkrampft waren. »Du bist verrückt«,
warf er ihr vor, ohne sie anzusehen.
»Ich habe
sie gesehen. Sie sagte, sie hätte einen Liebhaber gehabt, und du hättest es
herausgefunden. Sie hatte Angst davor, daß du ihr etwas antun könntest.«
Er ging zur
Treppe und blickte nach oben, um sich zu vergewissern, daß seine Tochter nicht
lauschte. »Bist du deshalb hier?« fuhr er Elisabeth an. »Hat Barbara dich
geschickt, um mich auszuspionieren?«
Es fiel ihr
immer schwerer, ihr Temperament im Zaum zu halten. »Nein, ich bin durch Zufall
hierher geraten.«
Er warf ihr
einen sarkastischen Blick zu. »Wo sind diese Zeitungsberichte, von denen du
gesprochen hast? In denen über meinen Tod berichtet wird?«
Sie fuhr
sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. »Also, ich hatte sie, aber
dann dachte ich, du würdest ohnehin vermuten, ich hätte sie drucken lassen.
Ich verstehe nur nicht, wieso du annimmst, ich würde mir einen so gewaltigen
Schwindel ausdenken. Was hätte ich denn davon?«
Er nahm
ihre Tasse und füllte nach. »Du glaubst wahrscheinlich, was du sagst.«
Sie war ein
wenig wütend. »Wenn du mich für ver rückt hältst, warum vertraust du mir dann
deine Tochter an?«
Lächelnd
setzte er sich wieder. »Weil ich dich für eine harmlose Verrückte halte.«
»Danke,
Sigmund Freud.«
»Sigmund
wer?«
»Vergiß es.
Das ist zu schwer zu erklären.«
Jonathan
rieb sich die Schläfen und seufzte leidend.
»Wie wirst
du morgen den guten Bürgern von Pine River bei diesem Picknick meine
Anwesenheit erklären?« fragte sie, um das Thema zu wechseln und aus Neugierde.
»Sagst du ihnen, ich wäre die Schwester deiner Frau?«
»Ich werde
meine Geschichte nicht ändern. Natürlich hat Ellen schon überall herumerzählt,
du wärst eine Hexe, die nach Belieben auftaucht und verschwindet.«
Fast ins
Schwarze getroffen, dachte Elisabeth mit grimmigem Humor. »Vielleicht wäre es
einfacher, wenn ich bliebe.«
Er stand
auf, trug die Tassen zum Spülstein und wartete, bis Elisabeth stand. »Wirst du
heute nacht wieder verschwinden?«
»Du würdest
nicht fragen, wüßtest du, wie unsicher das ist«, antwortete sie. »Ich könnte
auf der anderen Seite hängenbleiben und nie meinen Weg zurück finden.«
Er
begleitete sie zur Tür des Gästezimmers und gab ihr einen aufreizenden Kuß, bei
dem sie sich mehr wünschte. Viel mehr. »Gute Nacht, Lizzie«, sagte er. »Ich
sehe dich morgen früh – hoffentlich.«
Kapitel 9
Elisabeth war angenehm überrascht, daß das
Picknick zum Gründergedenktag am Fluß nahe der überdachten Brücke stattfand.
Während sie und Trista Hähnchen brieten und Kartoffelsalat machten, ratterten
auf der Straße große Kutschen und Einspänner vorbei.
Als
Jonathan von seiner morgendlichen Runde zurückkehrte, gingen sie zu dritt
durch den Obstgarten zum Fluß. Jonathan trug das Essen in einem großen
Weidenkorb. Elisabeth war in einem dezenten, blau und weiß karierten
Baumwollkleid, das sie auf dem Dachboden gefunden hatte, an seiner Seite.
Obwohl sie ihren Kopf hochhielt, konnte sie ihre Nervosität nicht verbergen.
Gespanne
standen zu beiden Seiten der Brücke an der Straße, und Dutzende von Decken
waren am Fluß auf der Erde ausgebreitet worden. Jungen mit Mützen und kurzen
Hosen jagten einander, manchmal verfolgt von kleinen Mädchen mit riesigen
Schleifen im Haar. Die Damen saßen anmutig auf ihren Decken und hatten ihre
Röcke züchtig arrangiert. Einige benutzten mit Rüschen verzierte
Sonnenschirme, um ihre Haut zu schützen, während andere, in Kattun gekleidet,
genau wie die Kinder die Sonne zu genießen schienen.
Die meisten
Männer trugen einfache Hosen und Flanell- oder Baumwollhemden. Jonathan war
der einzige ohne Hut. Sie standen in Grüppchen beisammen und unterhielten sich
und rauchten, aber als die Fortner-Familie eintraf, drehten sich alle um,
genau wie die Frauen.
Elisabeth
war sich zutiefst der Unterschiede zwischen sich selbst und diesen Leuten
bewußt, und einen Moment
mußte sie gegen den Wunsch
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