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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hundert Jahre Zaertlichkeit
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Der Schatten des Brandes hing noch über ihnen, und diese Frage mußte
gelöst werden. »Es kommt darauf an, Jonathan. Du warst jetzt über der Schwelle,
du hast die gleiche Erfahrung gemacht wie ich. Jetzt läuft es auf eine Frage
hinaus – glaubst du mir nun?«
    Er strich
durch seine dichten Haare. »Lizzie ...«
    »Du hast es
gesehen, Jonathan!« rief sie in Panik.
    »Ich habe
irgend etwas erlebt, aber mehr gebe ich nicht zu. Der menschliche Verstand ist
zu den unglaublichsten Dingen fähig. Das alles könnte eine Illusion gewesen
sein.«
    Jonathan
war der wichtigste Mensch in ihrem auf den Kopf gestellten Universum, und er
glaubte ihr nicht. Sie mußte den Verstand verlieren, wenn sie ihn nicht zur
Einsicht brachte. »Willst du behaupten, wir beide hätten die gleiche
Halluzination gehabt, Jon? Ist das nicht ziemlich weit hergeholt?«
    »Nicht
weiter als der Glaube, Menschen könnten zwischen den Jahrhunderten hin und her
wandern.« Er bemühte sich,
seine Stimme wegen Trista leise zu halten. »Lizzie, die Vergangenheit ist
vergangen, und die Zukunft existiert noch nicht. Wir haben nur diesen Moment!«
    Elisabeth
war nicht in der Stimmung für eine hochgeistige Diskussion. Acht Tage lang
hatte sie um Jonathan getrauert, seine Tochter und seine Patienten beruhigt.
Sie war erschöpft.
    »Wenn du
nichts dagegen hast, möchte ich die Küche jetzt für mich.« Sie hob den Deckel
des Heißwasserbehälters, um den Inhalt zu überprüfen. »Ich brauche ein Bad.«
    Jonathans
Augen leuchteten voll Humor und Liebe auf. »Ich würde dir gern dabei helfen.«
    Sie sah ihn
finster an. »Ja, das kann ich mir vorstellen, aber zufällig will ich jetzt
deine Gesellschaft nicht, Dr. Fortner. Was mich angeht, bist du ein Dummkopf,
und ich möchte, daß du Abstand hältst.«
    Er lächelte
und blieb auch noch da, nachdem sie die große Zinkwanne aus der Speisekammer,
die ebenso als Abstellraum diente, geholt hatte. Seine Arme hatte er vor der
Brust verschränkt. Offensichtlich unterdrückte er ein Lachen.
    Elisabeth
holte den größten Kessel in der Küche, knallte ihn in den Spülstein und pumpte
kaltes Quellwasser hinein. Es war erstaunlich, daß sie in dieser
rückschrittlichen Zeit bei diesem rückschrittlichen Mann bleiben wollte, wenn
sie fließendes heißes und kaltes Wasser haben konnte. Sie schleppte den schweren
Kessel zu dem Herd und stellte ihn darauf.
    Die Hände
in die Hüften gestemmt, drehte sie sich zu Jonathan um. »Es wäre mir verdammt
egal, ob du mir glaubst oder nicht, würde nicht dein Leben auf der Kippe
stehen – und Tristas Leben! Die Hälfte dieses Hauses wird in der dritten
Juniwoche abbrennen, und man wird von dir und deiner Tochter keine Spur finden.
Und mich wird man wegen Mordes anklagen!«
    »Lizzie, es
gibt Ärzte in Boston und New York – Männer, die mehr tun können als ich.
Vielleicht sind sie imstande ...«
    »Geh raus!«
fauchte sie wie eine Katze, über die man kaltes Wasser gekippt hatte. »Und laß
mich in Ruhe baden.«
    Doch
Jonathan holte noch mehr Kessel, füllte sie an der Pumpe und stellte sie auf
den Herd. »Du hast dich um mich gekümmert, als ich dich brauchte«, ließ er sie
wissen. »Und jetzt werde ich mich um dich kümmern, Lizzie. Ich liebe dich.«
    Sie war
noch nie so verwirrt gewesen. Er hatte die Worte ausgesprochen, die sie sich am
meisten wünschte, aber es klang auch so, als wollte er sie bei der ersten Gelegenheit
in eine Anstalt stecken. »Wenn du mich liebst«, erwiderte sie ruhig, »dann
vertrau mir, Jon.«
    Er drückte
sie auf einen Stuhl und legte Holz nach, damit das Badewasser schneller heiß
wurde. »Es wird keinen Brand geben, Lizzie, du wirst schon sehen. Die dritte
Juniwoche wird kommen und gehen wie immer.«
    Sie starrte
auf seinen Rücken. »Du willst so tun, als wäre es nicht passiert, nicht wahr?«
flüsterte sie. »Jonathan, du warst acht Tage weg. Wie erklärst du das? Als
Gedächtnislücke?«
    Die
Wasserkessel auf dem Herd begannen zu singen. »Ehrlich gesagt«, antwortete er, »fange
ich an, an meinem Verstand zu zweifeln.«

Kapitel 11
    Wildes Hämmern an der Haustür schreckte
Elisabeth aus einem tiefen, traumlosen Schlaf. Sie griff nach ihrem Hausmantel
und eilte auf den Korridor, wo sie Jonathan aus seinem Zimmer kommen sah. Er
knöpfte das Hemd zu, während er die Treppe hinunterstieg.
    Sie
erinnerte sich an die Sitten des Jahrhunderts, hielt sich zurück, setzte sich
auf eine Stufe und umfaßte einen Stab des Geländers.
    »Es ist
meine kleine

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