Linda Lael Miller
einem Kopfnicken zu, und Elisabeth dachte, wie voll das Leben doch
von kleinen Ironien war, ganz zu schweigen von Rätseln.
»Willst du
mich heiraten, Lizzie?« fragte Jonathan ein wenig verspätet. »Willst du die
Halskette wegwerfen und für immer mit mir leben?«
Elisabeth
dachte nur kurz an jenes andere Leben an jenem anderen, weit entfernten Ort. Es
mochte nur ein Traum gewesen sein, so wenig Realität stellte es noch für sie
dar, auch wenn sie wußte, daß sie Rue und ihre Freunde vermissen würde. »Ja,
Jon.«
Er zog sie
auf die Zehenspitzen, um sie zu küssen, und die Umstehenden jubelten. Elisabeth
verzieh ihnen ihren Wankelmut, weil ein Leben voll Liebe und Glück vor ihr
lag. Jonathan war zurück, und sie trug sein Kind, und Trista würde erwachsen
werden und eine eigene Familie gründen.
Als Elisabeth das halb niedergebrannte
Haus sah, wurde in ihren Gedanken aus diesem Symbol zerstörter Hoffnungen nun
wundersamerweise ein Ort, an dem Kinder lachen und herumlaufen und arbeiten
würden, ein Ort, an dem Musik erklingen würde.
»O
Jonathan, ich liebe dich«, sagte Elisabeth. Sie hatte sich bei ihm
untergehakt, als Cully Reeds Heuwagen vor dem Haus hielt. Sie hatten hinten auf
dem Wagen gesessen und die Füße baumeln lassen.
Jonathan
gab ihr einen Kuß, sprang zu Boden und hob sie mit einem Arm herunter. »Ich
liebe dich auch«, flüsterte er heiser. Sein Blick strich über sie und ließ
ihre Haut in Vorfreude auf ihre Liebe prickeln. Er winkte dem Fahrer zu. »Danke,
Cully. Wir sehen uns bei der Hochzeit.«
Praktische
Sorgen stürmten auf Elisabeth ein, als sie die Stufen hinauf und in das Haus
gingen. »Was soll ich anziehen?« Sie hob den Rock des braunen Kattunkleides
an. »Ich kann doch nicht darin heiraten.«
Jonathan
lachte. »Warum nicht, Lizzie? Es wird sowieso kein konventioneller
Hochzeitstag.«
Das konnte
sie nicht ableugnen. Sie seufzte. Dennoch suchte sie
eifrigst im ersten Stock, fand zu ihrer Enttäuschung jedoch nichts, das sich
nicht in noch schlimmerem Zustand befand als das Kleid, das sie anhatte.
In seinem
Schlafzimmer sank Jonathan in einen Sessel und löste den Verband an seinem
verletzten Arm. Elisabeth zuckte zusammen, als sie die Verbrennung sah.
»O Jon«,
flüsterte sie reuig und fiel neben seinem Sessel auf die Knie. »Ich sorge mich
um ein dummes Kleid, und du bist verletzt und ...«
Er drückte
ihr einen Kuß auf die Stirn. »Ich komme schon in Ordnung«, versicherte er
energisch. »Aber nach der Hochzeit möchte ich zuerst nach Seattle und dann nach
San Francisco fahren. Es gibt einen Arzt in Seattle, der mir helfen kann, den
vollen Gebrauch der Muskeln in meiner Hand und meinem Handgelenk zu behalten.«
Ihre Augen
füllten sich mit Tränen. »Ich fahre überallhin, solange ich mit dir
zusammensein kann. Das weißt du. Aber wer wird hier nach deinen Patienten sehen?«
Noch während sie die Frage aussprach, dachte sie an den jungen, rothaarigen
Arzt, der nach Jonathans Verschwinden aus Seattle geholt worden war.
»Derselbe,
der es während meiner Abwesenheit gemacht hat«, antwortete Jonathan, und in
seinen Augen stand Schmerz. »Ich kann niemandem helfen, wenn ich meine rechte
Hand nicht gebrauchen kann, Lizzie.«
Sie sah
ohne mit der Wimper zu zucken zu, wie er die Verbrennung mit einer stark
riechenden Salbe behandelte. »Das ist nicht wahr. Du bist so wichtig für mich,
daß ich mir gar nicht vorstellen kann, was ich ohne dich getan hätte.«
Bevor
Jonathan etwas sagen konnte, stürmte Trista in den Raum und warf sich in
Elisabeths Arme.
»Vera hat
gesagt, daß es einen Prozeß gegeben und sie ausgesagt hat«, erzählte das Kind
aufgeregt und forschte in Elisabeths Gesicht. »Wie konnte so viel passieren,
während ich geschlafen habe?«
Elisabeth
küßte sie auf die Wange. »Ich kann es dir nicht erklären, weil ich es selbst
nicht verstehe. Ich bin ganz einfach froh, daß wir alle wieder zusammen sind.«
»Veras
Mutter sagt, daß die Hochzeit stattfindet, und sie bringt dir ihr Kleid
herüber. Sie sagt, das wenigste, was Pine River für dich machen kann, ist,
dafür zu sorgen, daß alles seine Richtigkeit hat.«
Bald darauf
kam Veras Mutter tatsächlich mit einem Kleid, und Elisabeth war so dankbar, daß
sie vergaß, daß die Tochter der Frau sie an diesem Vormittag praktisch eine
Hexe genannt hatte. Sie badete, bürstete ihre Haare, bis sie schimmerten,
steckte sie hoch und zog das mit Spitze besetzte, elfenbeinfarbene Seidenkleid
an, das die
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