Linda Lael Miller
Katherine tapfer und blieb auf dem grobkörnigen Sandstrand
vor ihm stehen. Die Brandung umspülte ihre Füße und befeuchtete den Saum ihres
Kleids, und der Wind zupfte kupferfarbene Locken aus ihrem aufgesteckten Haar.
Gavins
Miene war düster, und in Katherine erwachte ein jäher Ärger, der so bodenlos
war wie der Puget Sound, als ihr klar wurde, wie tief Gavins treulose Braut ihn
verwundet haben mußte. Es war eine bittere Ironie des Schicksals, den Preis
für die Sünden einer anderen Frau zahlen zu müssen.
»Es gibt
Momente«, antwortete Gavin nach einem langen, nachdenklichen Schweigen, »in
denen ich, wenn ich dich nicht kennen würde, das Gefühl hätte, eine völlig
andere Frau vor mir zu haben.«
Zögernd
berührte Katherine seinen Arm, und dieser flüchtige Kontakt genügte, um eine
Vielzahl süßer Emotionen in ihr auszulösen. Sie klammerte sich jedoch an ihre
Vernunft und an die traurige Gewißheit, daß Gavin sie für verrückt erklären
würde, falls sie versuchte, ihm zu erklären, wie sie zu ihm gekommen war. »Ist
es nicht genug, daß ich mich verändert habe, Gavin, und aufrichtig bereue, was
immer auch in der Vergangenheit geschehen sein mag? Können wir nicht einfach
von hier aus weitermachen?«
Er hob die
Hand, als wollte er ihre Wange berühren, doch dann hell er sie wieder sinken.
Sein Lächeln war so flüchtig und traurig, daß es Katherine das Herz zerriß. »Ja
und nein«, antwortete er schließlich rauh. »Ich will dich wieder in meinem
Bett, und ich will auch noch mehr Kinder mit dir haben, aber es wird immer
einen Teil meiner Seele geben, den ich nicht mit dir teilen kann.«
Katherine
konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als Gavins Bett zu teilen und Kinder
mit ihm zu zeugen, aber der Schmerz, den seine Worte ihr verursachten, war so
heftig, daß sie im ersten Moment wie betäubt war.
Gavin
wollte sie benutzen, wie ein Hengst eine Zuchtstute benutzte, und mit
keinem erkennbar großen Unterschied in seinen Gefühlen. Er bat sie nicht, ihm
eine echte Gattin zu sein, und was er ihr anbot, hatte nicht einmal entfernt
etwas mit Liebe zu tun.
Ihr ganzer
Körper bebte von der Anstrengung, ihm nicht ins Gesicht zu schlagen.
»Ich bin
keine Hündin«, beschied sie ihn nach langem Schweigen kalt.
Gavin schob
einen Finger unter die Spitze ihres Mieders und strich über ihre Brustspitze,
die sich unter der Berührung aufrichtete und seiner Hand entgegendrängte. »Die
Antwort darauf, meine Liebe«, sagte er, »ist so offensichtlich, daß ich
sie nicht einmal auszusprechen brauche.« Mit einem Lächeln, das jetzt ganz
entschieden selbstgefällig war, legte er seine flache Hand um ihre Brust und
lachte leise, als sie schwer und üppig in seinen Fingern ruhte.
Katherine
versuchte, sich ihm zu entziehen, und errötete vor Zorn und vor Erniedrigung,
aber Gavin legte einen Arm um ihre Taille und hielt sie zurück.
»Endlich«,
sagte er, »weiß ich, wie ich mit dir umzugehen habe, Katherine. Du brauchst
einen Mann, der deinen Körper so geschickt zum Erklingen bringt wie ein Engel
seine Harfe, und wir wissen beide, daß ich – aus irgendeinem
Grund, den nur die Götter kennen – dieser Mann geworden bin. Ich werde dich
sehr oft besitzen und verwöhnen, und du wirst dich in der Zwischenzeit
anständig benehmen oder die Konsequenzen deines Ungehorsams zu tragen haben.«
Katherines
Widerstand erlosch; sie spürte, wie das Blut aus ihren Wangen wich. »Welche
Konsequenzen, Gavin?« Die Frage war nicht viel mehr als ein Wispern, weil es
sie ungeheure Mühe kostete, den Klumpen in ihrer Kehle zu überwinden.
Mit dem
Zeigefinger strich er sanft die Rundung ihres Kinns nach, und sie haßte ihn
dafür, daß er selbst mit dieser harmlosen Berührung ein solch heftiges
Verlangen in ihr auslösen konnte. »Ganz einfach«, erwiderte er seufzend. »Ich
würde mich von dir scheiden lassen und dich mit einer Dienstmagd in irgendein
fernes Landhaus schicken.«
»Und
Christopher?«
»Mein Sohn
würde natürlich bei mir aufwachsen«, sagte Gavin flach.
Obwohl sie
nicht fortgeschickt werden wollte und sich inzwischen an den luxuriösen
Lebensstil gewöhnt hatte, den er ihr bot, hätte sie es durchaus ertragen, auf
all diese Dinge zu verzichten. Der Gedanke jedoch, von ihrem Sohn getrennt zu
werden, erfüllte sie mit Verzweiflung und Entsetzen. Während sie in ihrem
eigenen Jahrhundert die Möglichkeit gehabt hätte, um Christopher zu kämpfen,
besaß sie Ende des neunzehnten Jahrhunderts nicht mehr
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