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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn dein Herz kennt den Weg
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aufzuregen und zu weinen. Es war nicht Ihre Absicht, mich zu
heiraten, und auch ich hatte ganz gewiß nicht vor, mich an Sie zu binden, aber
jetzt geht es eben nicht anders, und deshalb sollten wir versuchen, das Beste
daraus zu machen. Wenn ich es mir recht überlege, könnte ich gut
eine Frau zur Gesellschaft an einsamen Abenden gebrauchen und eine hilfreiche
Hand auf der Farm wäre auch nicht zu verachten.«
    Bess war
fassungslos, nicht nur über seine unverblümte Offenheit, sondern auch über die
Tatsache, daß er mit einer derartigen Leichtigkeit über eine solche heilige
Institution wie die Ehe sprechen konnte. »Dann werden Sie sich woanders
umsehen müssen«, antwortete sie, obwohl ein kühner und bis dahin völlig unbekannter
Teil von ihr gern mit Will Tate heimgegangen wäre. »Ich kehre jedenfalls nach
Philadelphia zurück.«
    Doch noch
während Bess die Worte sagte, wußte sie, daß sie unmöglich zurückkehren und die
Schande und den Klatsch ertragen konnte, die sie dort erwarteten. Und Will war
offenbar scharfsinnig genug, um ihr diese Erkenntnis anzusehen.
    »Haben Sie
überhaupt das Geld und die Kraft für eine solche Reise?« fragte er. »Ünd wenn
Sie wieder da wären, müßten sie sich mit all dem auseinandersetzen, wovor Sie geflohen
sind.«
    »Ich bin
nicht auf der Flucht ...«
    Will hob
eine Hand. »Belügen Sie mich nicht, Bess. Das ist ein unschöner Zug an Frauen,
den ich genausowenig dulde wie Stehlen und Ünzucht treiben.«
    Wieder
wurde Bess über und über rot. Kein Gentleman in Philadelphia hätte je ein solch
skandalöses Wort benutzt, außer einem Prediger natürlich, und der hätte es in
rein biblischem Zusammenhang genannt.
    Endlich
mischte sich der Ladenbesitzer, den Bess schon vollkommen vergessen hatte, in
das Gespräch ein. »Sie beide sollten Ihre Probleme woanders regeln. Ich bin
noch gar nicht richtig ausgeschlafen und habe keine Lust, mir Ihr Gejammere
anzuhören!«
    Es war
offensichtlich, daß Bess im Notfall nicht mit der Hilfe dieses Mannes rechnen
konnte, und da ganz Onion Creek nur über zwei weitere Gebäude verfügte, einen
Mietstall und einen Saloon, war aus dieser Richtung auch nicht viel
Unterstützung zu erwarten.
    »Sie sind
mir gegenüber im Vorteil, Mr. Tate«, sagte sie tapfer und bückte sich, um ihre
Handtasche und ihren kleinen Lederkoffer aufzuheben. »Ich hatte mich darauf verlassen,
daß Ihr Bruder hier sein würde. Ich kenne niemanden in dieser Stadt, habe fast
kein Geld mehr und seit gestern, als ich mit der Eisenbahn in Spokane ankam,
auch nichts mehr gegessen. Ich muß mich also ganz auf Ihre Güte und
Ehrenhaftigkeit verlassen, fürchte ich.«
    Wieder
glitt ein Grinsen über Wills Gesicht, und Bess fragte sich einen flüchtigen
Moment lang, ob er nicht sehr gut
aussehen könnte ohne diesen scheußlichen Bart und das viel zu lange Haar. Als
er sich jedoch zu Mr. Sickles umwandte, verhärteten sich seine Züge und Bess
begriff, daß Will Tate gar nicht so oberflächlich war, wie sie gedacht hatte.
    »Ich denke,
Sie hätten der Dame ruhig ein Stück Brot und etwas Dörrfleisch geben können,
Sie gewissenloser alter
Geizkragen«, sagte er grimmig zu dem Händler. »Und viele andere Männer hätten
sogar ihr eigenes Bett geopfert, bevor sie zugelassen hätten, daß eine Frau auf
Reisen auf einem Haufen alter Säcke übernachtet.«
    Bess
erschauderte bei dem Gedanken, im Bett des Ladeneigentümers zu übernachten; sie
war froh, daß er ihr kein
solches Angebot gemacht hatte. Während sie eine behandschuhte
Hand auf Wills Arm legte, der sich unter dem groben Stoff seines Hemds wie Stein
anfühlte, sagte sie:
»Machen Sie keinen Ärger, Will. Ich bin noch nicht verhungert, und ich habe
hier auf diesen Säcken gar nicht schlecht geschlafen.« Ünnötig hinzuzufügen,
dachte sie, daß ich geweint habe vor Heimweh und Bedauern und geflucht über
meine eigene Ünbedachtheit.
    »Ich bin
kein Wohlfahrtsinstitut, Tate«, erwiderte der Mann.
    Noch immer
mit einem ärgerlichen Blick auf ihn, zog Will ein Geldstück aus seiner
Hosentasche und warf es durch den
engen, verstaubten kleinen Laden. Dann hob er den Deckel von einem Faß, nahm
ein kleines Stück Käse heraus und bot es Bess an. »Hier«, sagte er. »Das wird genügen,
bis wir daheim sind, wo ich Bohnen, Speckseiten und andere gute Sachen habe. Es
ist nicht weit.«
    Bess nahm
den Käse und verspeiste ihn mit wenigen Bissen, während Will ihren kleinen
Koffer aufhob.
    »Haben Sie
sonst noch

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