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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn dein Herz kennt den Weg
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sehr verärgert, aber er hatte auch eine ganz eigenartige Freude in ihr
ausgelöst.
    Seufzend
streckte sie sich auf der weichen Matratze aus, ohne sich die Mühe zu machen,
ihre Schuhe abzustreifen oder auch nur aufzuknöpfen. Sie wollte bloß für einen
Moment die Augen schließen, um in Ruhe nachzudenken, wie sie sich entscheiden
sollte.
    Bess drehte
sich auf die Seite und gähnte, als sie die Möglichkeiten erwog, die sich ihr
boten. Will Tate ist kein Hauptgewinn, dachte sie, und oft führt er sich wie
ein Bär auf, der einen Dorn in seiner Pranke hat, aber wenigstens war er
aufrichtig und ehrlich. Es konnte nicht der geringste Zweifel an seinen Überzeugungen
entstehen, weil er sie offen äußerte, und er schien auch anständig und seriös
zu sein.
    Bess
kuschelte sich noch tiefer in die Kissen, und dabei fiel ihr auf, daß die alte
Flickendecke unter ihr nach Sonnenschein und Wills ganz persönlichem Duft
roch. Ja, Will war ein Gentleman, trotz seiner einschüchternden Erscheinung –
denn wenn er es nicht gewesen wäre, hätte er vermutlich längst ihre Lage
ausgenutzt und ihr Gewalt angetan. Bess erschauderte. Es gab genug Männer, die
so etwas Abscheuliches getan hätten, vor allem an einem so abgelegenen Ort wie
diesem hier, wo es offenbar im Ümkreis vieler Meilen keine andere Menschenseele
gab.
    Zum
zweiten Mal an
diesem Tag, als Will seine Hütte betrat, traf er Bess Campbell schlafend an. Er
war belustigt und empört zugleich – es war fast, als ob der Herrgott ihn
beständig in Versuchung führen wolle. Zuerst hatte er Bess nackt gesehen, und
jetzt war sie zwar angekleidet, lag dafür aber ausgestreckt auf seinem Bett ...
    Will
schluckte und erlaubte sich für einen Moment die Vorstellung, wie es sein
würde, wenn er und Bess ein Ehepaar waren. Falls sie sich überhaupt
bereit erklärte, seine Frau zu werden.
    Der bloße
Gedanke an die üppigen, wohlgeformten Rundungen unter diesen kostspieligen
Kleidern, die sie trug, brachte Wills Blut in Wallung, und er spürte, wie eine
heftige sinnliche Erregung ihn erfaßte.
    »Großer
Gott«, murmelte er, und einen flüchtigen Moment lang überlegte er, ob es nicht
besser wäre, zum Bach hinabzugehen und sich hineinzustürzen; das hätte ihn
vielleicht beruhigt.
    Bess
bewegte sich und gab ein leises, wimmerndes Geräusch von sich, und Will glaubte
zu sterben vor Verlangen. Lange Zeit blieb er reglos vor dem Bett stehen und
ertrug die Qual. Dann, sehr langsam und nur äußerst widerstrebend, wandte er
sich ab, ergriff zwei Eimer und machte sich auf den Weg zum Bach.
    Er konnte
sich nicht dazu überwinden, hineinzuspringen – das Wasser kam von dem
schmelzenden Schnee hoch in den Bergen und war kälter als das Herz eines Politikers.
Am Samstag, als er sein letztes Bad genommen hatte, waren seine Glieder über
eine Stunde lang taub und starr vor Kälte gewesen, und es hatte fast genauso
lange gedauert, bis seine Zähne aufhörten zu klappern.
    Will füllte
die beiden Eimer und kehrte in die Hütte zurück, wo er sich bemühte, so leise
wie möglich zu sein, als er das Feuer schürte und das Reservoir auf der einen
Herdseite mit dem frischen Wasser füllte. Er ging noch dreimal zum Bach, bevor
er überzeugt war, daß er nun genügend Wasser für ein richtiges, zivilisiertes
Bad hatte.
    Bess
schlief und schnarchte ein wenig, während Will sich leise durch die Hütte
bewegte. Er holte saubere Hosen aus seiner Truhe, ein Hemd und eine Haarbürste,
die er schon seit geraumer Zeit nicht mehr benutzt hatte.
    Als das
Wasser heiß genug war, füllte Will es in die Zinkwanne, in der Bess an diesem
Morgen gebadet hatte, und trug sie aus der Hütte in den Hinterhof. Der Hund und
die Hälfte des Federviehs versammelten sich in dem hohen Gras, um ihn neugierig
zu beobachten, als er sich bis auf die Haut entkleidete, in die Wanne stieg und
sich von Kopf bis Fuß abschrubbte. Er hätte gern auch seine Haare und seinen
Bart gestutzt, aber er besaß keine Schere und wollte nicht in Bess' Gepäck nach
einer suchen.
    Die Hühner
verzogen sich schon bald gelangweilt, doch Calvin blieb und winselte ab und zu
leise. Wahr scheinlich wußte er, daß sein Herrchen sich in eine schwierige
Frau verliebt hatte, und wollte ihm auf diese Art und Weise sein Mitleid
ausdrücken.
    Da Will
keine Handtücher besaß, ließ er sich in der Nachmittagssonne trocknen. Er hatte
gerade seine Hosen angezogen und griff nach seinem Hemd, als Bess plötzlich um
die Hüttenecke kam, um zum Klosett zu

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