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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn dein Herz kennt den Weg
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in helles Tageslicht
getaucht war.
    Der Herr
des Hauses schlug mehrere Eier in die Pfanne und wandte dann den Kopf, um Bess
über die Schulter anzugrinsen. Es versetzte ihr einen Stich, dieses neue,
glattrasierte Gesicht zu sehen, und wieder begann ihr Herz wie wild zu hämmern.
    »Morgen«,
sagte er freundlich.
    Die Tür der
Hütte stand weit offen, um Sonne und frische Luft hereinzulassen, und der
nutzlose Hund war von seiner feigen nächtlichen Herumstreiferei zurückgekehrt
und lag an seinem Platz vor dem Kamin.
    »Guten
Morgen«, erwiderte Bess steif und bemüht, den richtigen Ton für diese
eigenartige Situation zu finden, in der sie sich befand. Sie hatte noch nie
einem Mann beim Kochen zugesehen, schon gar nicht vom Bett aus, weshalb es ihr
ungeheuer schwerfiel, Will nicht anzustarren.
    Er schenkte
einen Becher Kaffee ein und stellte ihn auf den Tisch, und das verlockende
Aroma begann sich rasch im Zimmer zu verbreiten. Als Will Bess einen Blick
zuwarf und sie auf seine unnachahmliche Weise angrinste, stand sie auf und ging
zum Tisch, um sich zu setzen.
    »Ich habe
nachgedacht«, verkündete er gutgelaunt.
    Bess griff
nach dem Becher Kaffee, und ihre Hände zitterten wie die eines alten
Trunkenbolds nach einem dreitägigen Trinkgelage. »Worüber?« fragte sie, obwohl
ihr von vornherein klar war, daß sie ihre Frage bereuen würde.
    »Wir
könnten noch weitere dreihundertzwanzig Hektar Land beanspruchen, wenn wir
verheiratet sind«, sagte er, während er zwei Scheiben selbstgebackenes Brot aus
dem Ofen nahm, das er dort geröstet hatte. »In spätestens einem Jahr hätten wir
dann genug für ein weiteres Maisfeld gerodet und könnten auch noch Rinder
züchten.«
    Bess hatte
keine Ahnung, wie man Land rodete, Mais anbaute oder Rinder züchtete, und auch
kein Verlangen, es zu lernen, aber das behielt sie wohlweislich für sich. »Wer
hat das Brot gebacken?« fragte sie statt dessen.
    »Eine
Nachbarin«, sagte Will. »Sie heißt Mae Jessine.«
    Neugierig
richtete Bess sich ein bißchen gerader auf. Es würde vieles vereinfachen, wenn
sie eine andere Frau in ihrer Nähe hätte; jemanden, mit dem sie reden und dem
sie sich anvertrauen konnte, einen Menschen, der ihr helfen konnte, zu
entscheiden, was sie tun sollte. »Ich dachte, du hättest keine Nachbarn«,
erwiderte sie.
    »Nun ja,
die Jessines leben zehn Meilen von hier – hinter der nächsten Bergkette«,
antwortete Will, während er Spiegeleier und Toastbrot auf den Tisch stellte und
die blauen Emailleteller aus dem Schrank nahm. »Wenn ich sie besuche, muß ich
dort übernachten, und deshalb sehen wir uns eigentlich nur selten. Aber da Mr.
Kipps – das ist der Wanderprediger – jede zweite Woche hier vorbeikommt, gibt
Mae ihm immer frisches Brot mit.«
    Bess
richtete sich noch ein bißchen gerader auf. »Soll das heißen, daß er – der
Priester, meine ich – erst in zwei Wochen wieder hier vorbeikommt?«
    Will setzte
sich und nahm sich etwas von den Eiern und dem Brot. Er sah so anders aus und
war so attraktiv mit seinem
kürzeren Haar und den glattrasierten Wangen, daß Bess sich sehr beherrschen
mußte, um ihn nicht anzustarren. Gleichgültig zog er die Schultern hoch. Kipps
wird kommen, wann es ihm beliebt. Ünd jetzt, wo mehr und mehr Leute in diese
Gegend ziehen, ist das bei ihm nicht mehr so genau vorauszusagen.«
    Bess'
knurrender Magen erinnerte sie daran, daß sie hungrig war, und sie nahm sich
ein Ei und eine Scheibe Toast und begann zu essen. »Ihr Bruder schrieb in
seinem Brief, er wolle mir Geld schicken, sobald er welches hat«, teilte sie
Will mit. »Wenn ich beschließe, fortzugehen, würde Mr. Kipps vielleicht so
freundlich sein, mich bis Onion Creek mitzunehmen, wo ich den Frachtwagen bis
...«
    Will legte
abrupt die Gabel nieder; sein Gesicht wurde hart, und sein Blick verdüsterte
sich. »Sollten Sie den Fehler machen, sich auf meinen Bruder zu verlassen«,
sagte er, »dann können Sie sich auf eine herbe Enttäuschung gefaßt machen. Man
sollte meinen, das hätten Sie inzwischen eingesehen.« Er hielt inne, wandte
den Kopf ab, und an seinem Kinn zuckte ein Muskel. Als er Bess wieder ansah,
war der Glanz in seinen braunen Augen erloschen. »Aber falls Sie wirklich fort
wollen, brauchen Sie es nur zu sagen, denn dann bringe ich Sie in die Stadt
zurück und werde dafür sorgen, daß Sie sicher heimkehren.«
    Bess
verspürte einen leisen Schmerz bei seinen Worten und wünschte plötzlich,
Philadelphia nie verlassen zu haben, nie an

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