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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn dein Herz kennt den Weg
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Reise hatten sie die Kutsche ganz für sich, worüber
Melissande froh war, da das Gefährt nicht nur unglaublich klein, sondern auch
sehr schmutzig war.
    »Es ist dir
hoffentlich bewußt«, begann Christian, als die Kutsche unterwegs war und über
die kurvige Straße holperte, die ins nächste Dorf führte, »daß man dir, wenn
wir erst in London sind, bei der Bradgate Company einen herzlichen Empfang
bereiten und Wein und Kuchen reichen wird, um dich dann diskret und höflich
hinauszukomplimentieren?«
    »Das lasse
ich mir nicht gefallen«, widersprach Melissande entschieden, obwohl sie sich
in Wahrheit nicht so sicher war. Sie besaß keinerlei Erfahrung mit Geschäften –
nur die sichere Überzeugung, daß sie ihren Unterhalt nicht aus dem Blut und
Schweiß anderer Menschen beziehen wollte. »Immerhin bin ich die rechtmäßige
Erbin meines Vaters.«
    »Wundere
dich nicht, wenn es nicht so einfach ist«, sagte Christian seufzend und wandte
den Kopf ab, um die idyllische Landschaft zu betrachten. Oder hielt er Ausschau
nach Banditen? Melissande fiel auf, daß seine Hand sich nie weit vom Griff des
Dolchs entfernte, der in seinem Gürtel steckte.
    Den ganzen
Nachmittag reisten sie, hielten nur in einem Dorf an, um die Pferde zu
wechseln, und fuhren dann zum nächsten weiter, wo sie wieder haltmachten, um
Botschaften, die für andere Orte bestimmt waren, aufzunehmen. Ein unglaublich
fetter Mann, eine Art Wanderprediger, gesellte sich dort zu ihnen und
versuchte vergeblich, Christian in eine Unterhaltung zu verwickeln.
Melissande, die gezwungen war, entweder Christians Sitz zu teilen oder sich
zwischen den Prediger und die Kutschenwand zu quetschen, zog den Schleier über
das Gesicht und verhielt sich still.
    Sie und
Christian hätten zusammengenäht sein können, so wie ihre Schenkel, ihre
Schultern, ja sogar ihre Hüften sich berührten. Diese unmittelbare Nähe weckte
noch mehr sündhafte Empfindungen in Melissande, und sie war froh, daß niemand
wußte, was sie durchmachte. Unschickliche Träume hatten begonnen, sie nachts zu
quälen, und sie sehnte sich danach, Christians Mund auf ihrem zu spüren. Sein
Kuß würde zunächst ganz sacht sein, dann fordernder ...
    Sie
erschauerte und riskierte einen verstohlenen Blick auf Christian, der nahe
genug saß, um ihr Gesicht unter dem Schleier zu erkennen. Er lächelte.

9. Kapitel
    Bei
Einbruch der Nacht
ratterte die überladene Kutsche ihrem letzten und daher angenehmsten Halt
entgegen, einem namenlosen Gasthof, der sich mitten in einer öden,
windgepeitschten Moorlandschaft befand. Es war ein trostloser, schmuddeliger
Ort, und Melissande mußte sich jetzt eingestehen – obwohl sie es Christian
gegenüber niemals zugegeben hätte –, daß sie froh war, auf dieser Reise nicht
allein zu sein.
    Sie aßen
gebratene Wachteln und teilten sich einen Becher Wein am Feuer, weit abseits
von dem Wanderprediger und den anderen Gästen der Taverne, die Melissande
alle ein wenig unheimlich erschienen.
    Der Boden
des Lokals war mit schmutzigem Stroh bedeckt, und ab und zu sah Melissande eine
Maus vorbeihuschen, was ihr vielleicht nicht aufgefallen wäre, wenn das leise
Rascheln nicht gewesen wäre, das die Tiere im Stroh verursachten. Es schauderte
sie bei dem Gedanken, die Augen
zu schließen und an einem solchen Ort zu schlafen, obwohl sie sehr müde und
erschöpft war. Trotz ihrer Jugend und guten körperlichen Konstitution war die
Kutschfahrt ungemein anstrengend gewesen.
    Als
Melissande vor fast zwei Jahren von Taftshead nach St. Bede's gereist war, war
sie von einer ansehnlichen Eskorte begleitet worden und hatte in den Häusern
von Verwandten und Freunden, die auf dem Weg lagen, sehr bequem genächtigt. Ein
Lokal wie diesen düsteren kleinen Gasthof hatte sie noch nie zuvor betreten,
ganz zu schweigen davon, daß sie je eine Nacht in einem solchen Haus verbracht
hätte.
    Christian,
der seine Mahlzeit beendet hatte, starrte nachdenklich in das Kohlenfeuer,
während er mit der Spitze seines Dolchs seine Fingernägel reinigte. Melissande
beobachtete ihn eine Zeitlang durch ihren Schleier und richtete den Blick dann
auf den Prediger, der im Laufe des Abends eine ganze Platte Wachteln verspeist
und mehrere Krüge Bier dazu getrunken hatte.
    Als er
endlich satt war, stand der dicke Mann von der harten Holzbank auf, auf der er
sein Essen eingenommen hatte, rülpste einmal laut und vernehmlich und wandte
sich dann ab, um hinauszugehen. Nach einigen Minuten kehrte er zurück, gab

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