Linda Lael Miller
Melissande, Melissande. Wie er sie vermißt hatte, trotz ihrer
Hinterhältigkeit. »Na also«, meinte er.
Melissande
stieß fast ihren Stuhl um, so rasch erhob sie sich. »Ich werde sehen, ob ich
Bruder Nodger holen lassen kann«, sagte sie. »Wenn nicht, schicke ich eine der
Novizinnen, damit sie dir behilflich ist.«
»Danke«,
erwiderte Christian grinsend.
»Du bist
abscheulich«, murmelte Melissande, ging aber, ohne sich noch einmal umzusehen,
hinaus, um ihren Auftrag zu erledigen.
Es kam,
wie Melissande
befürchtet hatte.
»Wir können
unseren Bruder nicht mit solch trivialen Ansinnen belästigen«, erklärte die
Äbtissin prompt, als Melissande den kleinen Raum betreten hatte, der Mutter
Erylis als Arbeitszimmer diente. »Es genügt, daß wir den armen Bruder Nodger
bereits so oft über diese schlechten Straßen herbemüht haben. Du bist Lithwells
Krankenschwester. Es ist also deine Aufgabe, dich um seine Bedürfnisse zu
kümmern.«
Im ersten
Moment erfaßte eine jähe, wilde Freude Melissande, rasch gefolgt von einem
ähnlich überwältigenden Gefühl der Scham. Die Decken zurückzuschlagen und
Christians nackte Gestalt zu sehen ... ihm einen solch intimen Dienst zu
leisten, wie ihn zu waschen ...
»Ich glaube
nicht, daß ich das kann, Mutter«, sagte sie lahm.
»Du mußt«,
erwiderte die Äbtissin, ohne von den Papieren auf dem Tisch vor ihr aufzusehen.
»Und nun laß mich an meinen Büchern weiterarbeiten, Kind. Ich habe noch viel zu
erledigen vor der Vesper.«
Melissande
trat zögernd einen Schritt vor, um einen weiteren Einwand vorzubringen, doch
dann begriff sie, wie sinnlos das gewesen wäre, und zog sich zurück. In der
Küche bat sie, Wasser zu erhitzen und es ins Hospital zu bringen, dann holte
sie eine Schüssel, ein Stück von der Seife, die die Nonnen selbst herstellten,
und einige Tücher aus den Schränken, in denen solcherlei Dinge aufgehoben
wurden.
Dann, mit
dem festen Vorsatz, sich gegen alle Gefühle zu wappnen, ob sündiger oder
anderer Art, während sie Christian badete, kehrte sie an sein Bett zurück. Es
würde ein kleiner Beitrag sein in Sachen Demut, dachte sie eine Art Buße dafür,
daß sie unwissend am Leiden so vieler Galeerensklaven und an Christians Qualen
im besonderen schuldig war.
Christian
grinste, als er die Vorbereitungen für sein Bad sah. »Ich fühle mich schon
besser«, sagte er. »Ein Bad wird einen neuen Menschen aus mir machen.«
»Du
verlangst zuviel von ein bißchen Wasser und Seife«, erwiderte Melissande in
scharfem Ton. Obwohl Christian zweifellos ein Bad benötigte, ganz zu schweigen
von einer Haarwäsche und Rasur, weil sein Haar verfilzt und ihm ein goldblonder
Bart gewachsen war, wußte sie, daß er nur darum gebeten hatte, um sie zu ärgern.
Es war empörend, daß ihr keine andere Wahl blieb, als sich zu fügen.
Zwei junge
Novizinnen, die vor Verlegenheit erröteten, als sie den Raum betraten,
schleppten Holzeimer mit dampfend heißem Wasser herein und stellten sie neuen
das Bett, ohne dem Mann, der darin lag, auch nur einen Blick zuzuwerfen, bevor
sie fluchtartig hinauseilten.
Christian
lachte und rieb sich das bärtige Kinn mit seiner unverletzten Hand. »Großer
Gott, ich muß noch schlimmer aussehen, als ich dachte!«
Mit dem
festen Vorsatz, das Beste aus dieser peinlichen Situation zu machen, füllte
Melissande die Schüssel mit Wasser aus einem der Eimer, tauchte einen Lappen
ein und begann ihn mit der Seife einzuschäumen. »Du siehst wirklich schrecklich
aus«, log sie. Ihre Hand zitterte nur ein wenig – hoffte
sie – als sie
vorsichtig Christians Bettdecke zurückzog.
Ihr Blick
glitt zu seinem Glied, das hart und prall an seinem Bauch aufragte. Errötend
schaute sie auf und richtete den Blick auf Christians Gesicht.
Wie sie
schon befürchtet hatte, war ihre Taktlosigkeit ihm nicht entgangen. Er lächelte
und zeigte seine ebenmäßigen weißen Zähne.
Melissande
zog rasch die Decke bis an seine Taille hoch, entfernte das Kissen hinter
seinem Kopf und ersetzte es durch die Waschschüssel. Zuerst würde sie sein Haar
waschen, der Rest kam später an die Reihe.
Christian
seufzte und schloß die Augen, als sie sein Haar befeuchtete und es dann
gründlich einseifte. Es kostete sie einige Mühe, den Schmutz aus seinen blonden
Locken zu entfernen, aber zu guter Letzt gelang es ihr, und sie rieb sein Haar
mit einem Damasttuch trocken und ersetzte das Kissen durch ein frisches.
Danach
wurde es dann leichter. Obwohl sie bemüht war,
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