Linda Lael Miller
und sich
Kaffee einschenkte, »Ich finde das allmählich nicht mehr witzig.«
Seine Augen
funkelten vor Belustigung, als er sie über den Rand seines Bechers beobachtete.
Er trug Arbeitshosen, ein einfaches wollenes Hemd, Hosenträger und Stie fel;
sein widerspenstiges Haar war gebürstet, aber er hätte eine Rasur dringend
nötig gehabt.
»Darf ich
Sie daran erinnern, daß Sie diese Situation geschaffen haben und nicht ich?«
gab er zu bedenken.
»Ich war so
verzweifelt!« entgegnete Rebecca ärgerlich. »Können Sie das nicht verstehen?
Ich hatte nichts Böses im Sinn. Ich habe nur einen Weg gesucht, meinen
Schwestern ein Dach über dem Kopf zu bieten!«
Lucas zog
eine Augenbraue hoch und betrachtete Rebecca eine Weile nachdenklich, bevor er
fragte: »Wenn Sie so sehr in Not waren, wie haben Sie dann das Geld
zusammengekratzt, um von Chicago hierherzukommen?«
Rebecca
wandte sich rasch ab, weil sie befürchtete, ihre Abneigung gegen diese Frage,
ganz zu schweigen von der Antwort, könne sich in ihrem Gesicht verraten. »Ich
hatte ein paar Dollar gespart«, erwiderte sie knapp, und das stimmte sogar,
obwohl es nicht die ganze Wahrheit war. »Und ich habe mir etwas von einem
Freund geborgt.« Das, im Gegensatz zu ihrer ersten Äußerung, war eine glatte
Lüge. Duke Jones war alles andere als ihr Freund gewesen, und für den kleinen
Geldbetrag, den er ihr gegeben hatte, hatte er ein Stück ihrer Seele von ihr
zurückbehalten.
Schweigen
breitete sich in der gemütlichen, von Petroleumlampen erhellten Küche aus,
während Rebecca sich um einen Gesichtsausdruck bemühte, der sie nicht verraten
würde. Dann, mit beträchtlicher Willensanstrengung, war sie endlich wieder in
der Lage, Lucas anzusehen. »Es tut mir aufrichtig leid, Mr. Kiley, daß ich
Ihren Namen und Ihr Eigentum benutzt habe. Meine Schwestern und ich werden Ihr
Haus noch heute morgen verlassen.« Es gab nur ein kleines Problem dabei: Sie
wußte nicht, wohin sie gehen sollte. Aber darüber würde sie sich später den
Kopf zerbrechen.
Der
Ausdruck belustigter Verblüffung in Lucas' Augen verwandelte sich in Besorgnis.
»Ich sehe keinen Grund dazu«, erklärte er ruhig. »Wie ich gestern bereits
sagte, gefällt mir der Gedanke, eine Familie zu besitzen.«
Rebecca
setzte mit zitternder Hand ihre Kaffeetasse ab. »Ich habe Lügen erzählt und
Hausfriedensbruch begangen«, entgegnete sie kalt, »aber ich bin keine Hure.
Ich werde nicht für unser Essen und ein Dach über dem Kopf bezahlen, indem ich
das Bett mit Ihnen teile!«
Er fuhr
sich mit den gespreizten Fingern einer Hand durchs Haar, zerzauste es von
neuem, und stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Wie oft muß ich es Ihnen denn
noch sagen, Rebecca? Ich werde nicht einmal versuchen, Sie zu küssen, solange
ich nicht Ihre Erlaubnis dazu besitze.«
Entrüstet
stützte sie die Hände in die Hüften und hörte, wie ihr eigenes Blut in ihren
Ohren dröhnte. »Und dennoch bestehen Sie darauf, daß ich nachts Ihr Bett
teile, wie eine
Ehefrau es täte!«
»Bemühen
Sie sich, etwas leiser zu sprechen«, mahnte Lucas streng. »Oder wollen Sie, daß
die Mädchen Sie so reden
hören?«
Rebecca gab
einen erstickten Laut von sich, der abgrundtiefe Frustration verriet, obwohl
ihr Herz schneller schlug von einer leisen Hoffnung, die ihr aufzukeimen
begann. Vielleicht brauchte sie ihre Schwestern doch nicht von hier
wegzubringen ... Zumindest nicht vor Weihnachten.
»Werden Sie
von mir verlangen, daß ich in Ihrem Zimmer schlafe, so wie gestern nacht?«
fragte sie gespannt. »Ja«, erwiderte Lucas flach. »Darauf bestehe ich.«
»Und
Sie versprechen, mich nicht ...«
»Anzufassen?«
schloß er, als Rebecca zögerte. »Ja, Becky, das verspreche ich. Aber ich gehe
jede Wette ein, daß Sie sich noch vor Ende dieses Monats wie eine richtige
Ehefrau benehmen werden.«
»Wie können
Sie es wagen, so eine skandalöse Behauptung aufzustellen?«
Grinsend
prostete er ihr mit seinem Kaffeebecher zu. »Skandalös, aber wahr«, entgegnete
er und seufzte gedankenvoll. »Und jetzt könnte ich ein Frühstück vertragen,
falls es dir nichts ausmacht, Becky. Es gibt eine Menge, was ich heute gern
erledigen würde, und ein Mann braucht seine Nahrung.«
Rebeccas
Gedanken überschlugen sich. Unter anderen Bedingungen hätte sie Mr. Kiley jetzt
vielleicht zum Teufel geschickt und ihm genau gesagt, was er mit seinem
Frühstück tun konnte, aber draußen schneite es, und sie hatte sehr wenig Geld
und zwei kleine Mädchen,
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