Linda Lael Miller
Initialen bestickt hatte, aber er
freute sich darüber, als hätte sie ihm die ganze Welt geschenkt.
Nachdem er
die Taschentücher gebührend bewundert und eins von ihnen in seine Hosentasche
gesteckt hatte, verschwand Lucas in der Küche und kehrte kurz darauf mit einem
großen Kasten aus lackiertem Holz zurück.
»Frohe
Weihnachten, Becky«, sagte er und legte den Gegenstand auf Rebeccas Schoß.
Sie hatte
in der Vergangenheit schon kleinere Geschenke erhalten, wie Orangen oder
Pfefferminzstangen, und
einmal sogar ein Duftkissen für den Wäscheschrank, aber niemand hatte ihr je
ein solch großzügiges Geschenk gemacht.
»Ich
dachte, du bräuchtest einen Platz, um dein Nähzeug aufzuheben«, sagte Lucas,
und es klang schüchtern wie bei einem Schuljungen, der seiner bevorzugten Lehrerin
einen ganz persönlichen Schatz aushändigt.
Rebecca war
zu gerührt, um ihn anzusehen. Sie hob den Deckel des Kastens, und der
aromatische Duft von Zedernholz begann sich im Zimmer zu verströmen. »Danke«,
flüsterte sie überwältigt.
Wie in Trance
trug sie den Nähkasten vor sich her, als sie in die Küche ging, um mit den
Vorbereitungen für das Frühstück
zu beginnen. Lucas folgte ihr schon bald, schlang von hinten die Arme um ihre
Taille und beugte sich vor, um sie auf das Ohr zu küssen.
»Wie fühlst
du dich heute, Mrs. Kiley?«
Daß er sie
so nannte, versetzte Rebecca einen Stich. »Gut genug, um mein Solo in der
Weihnachtsmette heute nacht zu
singen«, antwortete sie und wunderte sich, daß ihre Stimme
ganz normal klang, obwohl ihr innerlich zumute war, als ob sie sterben müsse.
Plötzlich war es für sie
ungeheuer wichtig, so zu tun, als ob alles in bester Ordnung wäre
in ihrer kleinen Welt – als ob der Schnee all ihre Sünden tatsächlich zugedeckt
und ausgelöscht hätte. »Ich weiß nicht,
was wir heute abend essen sollen«, sagte sie bedrückt. »Ich habe ganz
vergessen, ein Huhn zu schlachten und zu rupfen.«
Mit
sichtlichem Widerstreben gab Lucas sie frei, und sie hörte ihre eigene spröde
Freude in seiner tiefen Stimme mitklingen, als er sagte: »Im Kühlhaus hängt
eine Gans, fertig ausgenommen und gerupft, du brauchst sie nur noch in den Ofen
zu schieben. Ich habe sie gestern einem Bauern abgekauft.«
»Tja, dann
solltest du sie jetzt vielleicht lieber holen«, erwiderte Rebecca mit aufgesetzter
Fröhlichkeit. »Denn wenn sie nicht bald in den Ofen kommt, werden wir bis
Mitternacht auf unser Abendessen warten müssen.«
Lucas
zögerte einen Moment – Rebecca spürte es mehr, als sie es sah –, zog dann Hut
und Mantel an und ging hinaus. Als sie ihm durch das Fenster nachschaute, wie
er auf die Scheune zuging und die Spuren seiner Schritte in der makellosen
weißen Schneedecke hinterließ, schwor sie sich, dieses Bild für immer in ihrem
Gedächtnis zu bewahren. Später servierte sie das Frühstück, und die Küche war
warm und duftete nach dem würzigen Gänsebraten, der im Ofen schmorte. Sobald
das Geschirr abgewaschen war, zogen Annabelle und Susan ihre dicken
Wintersachen an und stürmten freudig hinaus, um ihren neuen Schlitten
auszuprobieren. Der kleine Hang westlich des Hauses war geradezu perfekt zum
Schlittenfahren.
»Du
verwöhnst sie«, sagte Rebecca, als sie sich an den Tisch setzte und es vermied,
Lucas anzusehen, während sie sorgfältig ihre Garnrollen, ihre Nadeln und ihren
Fingerhut in den glänzend lackierten Kasten räumte.
Lucas, der
seine Pfeife rauchte und in seinem Buch über Astronomie las, lächelte
versonnen. »Sie sind bisher nicht genug verwöhnt worden«, erwiderte er sanft,
»und du auch nicht.«
Rebecca biß
sich auf die Lippen und wandte den Kopf ab, weil ihre Augen sich mit Tränen
füllten. Sie hatte ihr ganzes Leben lang ums Überleben kämpfen müssen – um ihr
eigenes und das ihrer Zwillingsschwestern – und war nie verwöhnt worden, bis
sie diesem Mann begegnet war. »Du warst so gut zu uns, Lucas«, sagte sie leise,
als sie ihrer Stimme wieder traute.
Er streckte
die Hand aus und legte sie auf ihre. Rebecca konnte die Schwielen spüren und
die Kraft, die in Lucas' geschickten Fingern steckte. »Laß mich dich lieben,
Becky«, bat er schlicht. »Hör auf, diese Barrieren zwischen uns zu errichten
und laß mich in Zukunft für dich sorgen wie ein wahrer Ehemann.«
Ein
derartiges Gewirr von Gefühlen wallte bei seinen Worten in Rebecca auf, daß sie
zutiefst erschüttert war. Sie hätte jetzt vielleicht lügen können und hoffen,
daß Lucas nie
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