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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn dein Herz kennt den Weg
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Katherine. Sie war so dankbar für den Klang einer einigermaßen
freundlichen menschlichen Stimme, daß sie das Gespräch um jeden Preis weiterführen
wollte.
    »Dr.
Winslow«, berichtigte das Dienstmädchen und richtete einen erstaunten Blick auf
Katherine. »Ihr Mann, Madam.«
    Gavin war
demnach also auch Arzt. »Oh«, sagte Katherine rasch und lächelte. »Ja,
natürlich. Er hat eine Praxis hier in ...«
    »Seattle«,
schloß das Mädchen stirnrunzelnd.
    Katherine
war wie ausgehungert, und das Essen auf dem Tablett duftete verlockend. »Ja, in
Seattle«, bestätigte sie. Das war eine Erleichterung. Das Jahrhundert mochte
sie gewechselt haben, aber sie befand sich noch immer in derselben Stadt. »Und
wie war noch mal dein Name?«
    Die junge
Frau wich einen Schritt zur Tür zurück, als befürchtete sie, daß Katherine sie
jeden Augenblick anspringen könne, mit wildem Blick und Schaum vor dem Mund.
    »Jemima«,
wisperte sie, und kaum hatte sie es gesagt, wandte sie sich ab und stürzte
fluchtartig aus dem Zimmer.
    Katherine
aß und versuchte, eine Erklärung für das zu finden, was mit ihr geschehen war.
    Vielleicht
war es das Essen, was ihr Befinden besserte. Sie glaubte sich zu entsinnen, daß
ihr Blutzuckergehalt zu sinken pflegte, wenn sie zu hungrig war ...
    Sie
erinnerte sich, in einem fernen Klinikbett gelegen zu haben, erinnerte sich an
das leise Gerede der Krankenschwestern und an die warme Hand ihres Bruders ...
bevor sie auf dieser kristallenen Brücke gestanden und das Licht, das sie
umgeben hatte, angefleht hatte, sie nicht sterben zu lassen. Anscheinend waren
ihre Bitten mit dem Flehen einer anderen Frau zusammengetroffen o Gott, hilf mir ... laß mich sterben – worauf sie und Gavins wahre Ehefrau irgendwie die
Plätze getauscht haben mußten ...
    Das ist
eigentlich unglaublich, dachte
Katherine, als sie das Tablett auf den Nachttisch stellte und sich an die Kissen
lehnte – und dennoch war sie hier, im Körper einer anderen Frau. Einem Körper,
der ihr viel besser gefiel als ihr alter, trotz der Vielzahl von Problemen, die
mit der Situation verbunden waren.
    Nicht
Jemima kam, um das Tablett zu holen, sondern die Indianerin, und das entlockte
Katherine ein Lächeln. Jemima hatte anscheinend Angst gehabt, sich nach der
Episode mit ihrem Namen noch einmal in die Nähe ihrer Herrin zu begeben.
    »Wie heißt
du?« erkundigte sie sich freundlich, als die junge Frau das Tablett auf den
Korridor hinausgetragen hatte und noch einmal zurückkam. Das Baby erwachte und
stieß einen hungrigen kleinen Schrei aus.
    »Maria«,
erwiderte die Indianerin ungerührt und beugte sich über die Wiege, um das Kind
herauszunehmen, bevor es Katherine gelungen war, die Beine über den Rand des
Betts zu schwingen. Maria setzte sich in den Schaukelstuhl an dem ersterbenden
Kaminfeuer und öffnete das Mieder ihres schlichten Kleids, um dem Baby ihre
Brust zu geben.
    Wieder
verspürte Katherine Neid. Ihr gefiel der Gedanke nicht, das Kind – oder seinen
Vater – mit irgendeiner anderen Frau zu teilen.
    Marias
ganze Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf das Baby; sie summte leise vor sich
hin, während sie es an ihrer Brust hielt, und streichelte mit einem Finger den
dunklen Flaum auf seinem Köpfchen. Der Feuerschein hüllte die Frau und das Kind
flackernd ein, tauchte sie in Rot und Schatten.
    Eine
abgrundtiefe Einsamkeit erfaßte Katherine; sie fühlte sich, als wäre sie auf
irgendeinem unbekannten Planeten ausgesetzt worden. Sie erinnerte sich nur
ganz schwach an jenes andere Leben, und in diesem hier schien jeder ihr nur
Abneigung entgegenzubringen.
    Irgendwann
knöpfte Maria ihr Mieder zu und brachte das Kind zum Bett, um seine Windeln zu
wechseln. Sie überreichte den kleinen Jungen Katherine, die ihn sanft auf ihre
Schulter legte und ihm auf den Rücken klopfte, damit er sein Bäuerchen machte.
    »Danke«,
sagte Katherine, hingerissen und bezaubert von dem kleinen Wunder, das sie in
ihren Armen hielt.
    »Wie werden
Sie den Kleinen nennen?« fragte Maria, während sie Katherine aus ruhigen
dunklen Augen musterte, die nichts von dem verrieten, was sie dachte.
    Katherine
litt vor lauter Liebe zu dem Kind, das an ihrer Schulter zappelte, und sehnte
sich danach, die Möglichkeit zu haben, ihm selbst die Brust zu geben. »Ich
weiß es nicht«, antwortete sie. »Vielleicht werden wir ihn nach seinem Vater
benennen.«
    Das
Schweigen, das darauf folgte, war ausgesprochen unbehaglich. Katherine, die
sich an die Anklage

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