Linda Lael Miller
hatte.
Nicholas
fluchte. »Es ist mein Ernst, Olivia. Ich habe stundenlang geschlafen, und ich
muß wirklich dringend.«
Olivia
legte das Buch beiseite, stand auf und zog einen Nachttopf unter dem Bett
hervor. Er haßte Nachttöpfe.
»Verdammt,
Olivia«, sagte er. »Wie soll das funktionieren, solange ich hier liege?«
Olivia
lachte und ließ ihn noch einen Moment lang schmoren. Dann begann sie, die
Fesseln um seine Hände zu lösen.
»Ich habe
die Erlaubnis, dich loszubinden, wenn es unumgänglich ist«, erklärte sie. »Aber
nur, wenn du mir dein Ehrenwort gibst, dich anschließend sofort wieder
hinzulegen. Wenn nicht – nun ja, dann lasse ich dich auf der Stelle allein und
komme nicht mehr zurück.«
Es
schockierte die
ganze Stadt, daß Miss Olivia Drummond auch nach ihrer Heirat mit Nicholas
McKeige als Lehrerin arbeiten wollte, aber dann wiederum war ja alles, was die
McKeiges so taten, ungewöhnlich. Wenn man es so betrachtete, war es eigentlich normal. Miss Annabel war fest entschlossen, den Samhill Saloon in ein
Hotel zu verwandeln und je offensichtlicher ihre Schwangerschaft wurde, desto
mehr Energie und Tatkraft schien sie zu besitzen. Während die weibliche
Bevölkerung von Parable froh und begeistert war, die Lasterhöhle fallen zu
sehen wie die Mauern von Jericho, standen die Männer kurz vor einem Aufruhr.
Und alle,
ganz gleich, wie ihre Ansicht war, verfolgten interessiert den Fortgang der
Geschehnisse.
Gabe, der
sich natürlich nicht geschlagen geben wollte, schickte einen ganzen Trupp
Rancharbeiter los, um am Stadtrand einen neuen Saloon, der > Annabel's < heißen sollte, zu erbauen.
Annabel zog
in ihr kleines Haus in Parable, als das Fundament für den Saloon gelegt wurde,
und schien nicht mehr zu gehen, sondern zu stürmen, so wütend war sie.
Dann kam
Gabe und holte sie heim auf die Ranch, und sie ging mit, ohne den geringsten
Protest zu erheben. Nur um zwei Wochen später von neuem in die Stadt
zurückzuziehen.
Und so ging
es weiter, den ganzen ersten Winter lang, aber wann immer Mrs. McKeige wieder
in die Stadt zurückkehrte, war allen klar, daß Mr. McKeige früher oder später
kommen würde, um sie abzuholen, und daß sie widerspruchslos mit ihm heimkehren
würde, wenn er kam.
Die
bestellte Badezimmerausrüstung kam eine Woche vor Weihnachten, und jeder fragte
sich, wo diese modernen Sanitäranlagen enden würden: in der Stadt in Mrs.
McKeiges Haus oder draußen auf der Ranch, die natürlich Gabriels Territorium
war. Wetten wurden abgeschlossen, und Geld wechselte den Besitzer, als auf der
Ranch ein Zimmer gebaut wurde, das groß genug war, um die Badewanne mit den
Klauenfüßen, das weiße Standwaschbecken mit den glänzenden Bronzehähnen und –
das größte Wunder überhaupt – die Toilette mit der eingebauten Wasserspülung
aufzunehmen.
Danach
reiste Miss Annabel nicht mehr soviel hin und her. Es
war allgemein bekannt, daß sie ein ausgedehntes Bad zu schätzen wußte.
Am ersten
Januar nahm Marshal Jacob Swingler seinen Abschied, eine knappe Woche etwa
bevor er durch ein
Telegramm des Gouverneurs dazu gezwungen wurde, und Nicholas McKeige trat
seine Nachfolge an.
Danach gab
es noch mehr Auseinandersetzungen in der Familie, und eine Zeitlang sah es ganz
so aus, als ob die Lehrerin ihn schließlich doch nicht heiraten würde.
Wieder
wurden Wetten abgeschlossen. Die Gewinner prophezeiten eine Hochzeit zu Beginn
des Frühlings,
unter den blühenden Apfelbäumen auf dem Pfarrhof,
und die Verlierer bezahlten die verlorene Wette mit Kuchen und Pasteten,
selbstgebranntem Whiskey und
harten Silberdollars. Die jungen Mädchen der Stadt weinten während der
Zeremonie heftiger und lauter, als der Anstand es eigentlich erlaubte.
Nicholas
McKeige und seine Braut Olivia richteten sich in Miss Annabels leerem Stadthaus
ein, während auf der Ranch ihr eigenes Haus gebaut wurde – mit einem
Badezimmer wie Miss Annabels, hieß es.
Im März kam
es zu zwei Ereignissen, die von solch einschneidender Bedeutung waren, daß sie
eine Flut von Briefen
an ferne Verwandte auslösten, die begierig waren, mehr über die Geschichte von
Parable und den McKeiges zu hören.
Das erste
Ereignis war die willkommene Nachricht, daß die Union Pacific Eisenbahnschienen
bis nach
Parable verlegen würde, was eine echte Garantie für Wohlstand und Wachstum
dieser kleinen Stadt bedeutete.
Die zweite
Nachricht war beinahe von genauso starkem öffentlichen Interesse.
Bei Annabel
McKeige hatten die Wehen
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