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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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Augenlids oder das Zucken eines Muskels, das der Beweis sein
würde, daß Nicholas noch in diesem bleichen Körper war und um sein Leben
kämpfte.
    Lieber
Gott, betete sie stumm, wenn mein Sohn je stur und eigensinnig war, dann soll
er es auch jetzt sein.
    Sie beugte
sich vor, Gabriels Hand auf ihrer Schulter, und küßte Nicholas' fieberheiße
Stirn. Eine Infektion war nun nach der Operation die größte Gefahr, die
Nicholas drohte, aber Annabel fand die Kälte, die sein Körper ausgestrahlt
hatte, als sie bei ihm eingetroffen waren, noch viel schlimmer als das Fieber,
das ihn jetzt erhitzte.
    »Annabel.«
Das war Gabriels Stimme, die von irgendeinem fernen Stern zu kommen schien
statt von direkt hinter ihr. »Komm jetzt mit und ruh dich aus.«
    Sie
schüttelte den Kopf und weigerte sich entschieden aufzustehen. Solange sie
hier war und Nicholas' Hand hielt, konnte er ihr nicht entgleiten. Solange sie
bei ihm war, würde er das Atmen nicht vergessen. Hatte sie nicht Susannah einen
winzigen Moment verlassen, und ihr Kind war während ihrer Abwesenheit
gestorben?
    »Ich
kümmere mich um Nicholas, Annabel.« Das war Jessie, die jetzt auf der anderen
Seite des Bettes stand und eine Wasserschüssel in den Händen hielt.
    Angriffslustig
schaute Annabel zu Jessie auf. »Du warst sehr gütig, Jessie«, sagte sie ruhig,
»und ich bin dir sehr zu Dank verpflichtet. Aber ich bin Nicholas' Mutter und
werde ihn selber pflegen.«
    »Annabel
...« begann Gabriel, aber sie schüttelte seine Hand ab.
    »Nein«,
widersprach sie. »Ich werde ihn nicht verlassen.«
    Jessie
schaute Gabriel an und seufzte dann. »Also gut«, kapitulierte sie. »Aber laß
mich dir wenigstens helfen.«
    Widerstrebend
nickte Annabel.
    Jessie
stellte die Schüssel auf den Nachttisch, zog einen Stuhl an Nicholas' Bett und
setzte sich. »Er hat Fieber«, stellte sie fest, »und er ist blutverschmiert.
Laß mich ihn waschen, Annabel. Das Wasser wird ihm helfen, wie es auch dir
immer geholfen hat.«
    Annabel
hatte schon protestieren wollen, bis Jessie die Heilkraft eines Bads erwähnte.
Wieder nickte sie, und Jessie zerriß das saubere, weiße Tuch, das sie
mitgebracht hatte, in zwei gleiche Stücke.
    Zusammen
wuschen die beiden Frauen vorsichtig das geronnene Blut und den Schmutz von
Nicholas' Haut ab, den der Arzt bei seinen hastigen Vorbereitungen für die
Operation wohl übersehen hatte.
    Danach
begann Nicholas sehr stark zu schwitzen, und Annabel hoffte, daß dies ein gutes
Zeichen war. Sie war einem Zusammenbruch nahe nach dem anstrengenden Ritt nach
Parable – sie hatten den Küchenwagen zurückgelassen und waren zusammen auf
Gabriels Wallach hingeritten –, aber die Angst um
Nicholas hielt sie aufrecht. Dafür zumindest war die Angst gut, die ihr im
Nacken saß.
    Der Abend
dämmerte bereits, als Gabriel eine Liege hereintrug und Annabel bis auf ihr
Hemd und ihre langen Unterhosen auszog. Er überredete sie, sich hinzulegen, und
sie tat es, weil er ihr versprach, sie brauche nicht zu schlafen.
    Noch immer
Nicholas' reglose Hand umklammernd, sank sie schließlich in einen leichten,
unruhigen Schlaf. Im Traum war sie wieder eine junge Mutter, und Nicholas war
klein und krank und lag mit hohem Fieber zwischen ihr und Gabriel in ihrem großen
Bett im Ranchhaus. Sehr viele Kinder waren dem Scharlach zum Opfer gefallen,
nicht nur ihre eigene kleine Susannah, aber diesmal war es Annabel und Gabriel
gelungen, dem Tod mit ihren eigenen Körpern Einhalt zu gebieten, damit er
Nicholas nicht holen konnte.
    »Was,
zum Teufel, ist
dort draußen eigentlich passiert?« fuhr Gabriel in Jessies Arbeitszimmer
Marshal Swingler an. Oben kämpfte Nicholas um sein Leben, aber es war nicht
vorauszusehen, ob er den Kampf gewinnen würde. Annabels Verfassung war auch
nicht sehr viel besser; Gabriel wußte, wenn er seinen Sohn verlor, würde er
vielleicht auch seine Frau verlieren. Die Trauer um Nicholas würde sie
umbringen. Die Trauer und die Reue.
    Der große,
kräftige Gesetzeshüter seufzte, wandte den Blick von Gabriel ab und starrte in
sein Brandyglas. Wie Gabriel stand er, denn beide waren zu aufgeregt, um sich
zu setzen, und zu erschöpft, um auf und ab zu gehen.
    »Der Junge
hat nicht getan, was ich ihm befohlen hatte«, erwiderte Swingler nachdenklich,
als sähe er die ganze Szene plötzlich noch einmal in seinem Brandyglas.
    »Verdammt,
sagen Sie mir endlich, wieso mein Sohn angeschossen wurde!« Gabriel war bereit,
den Marshal so lange zu würgen, bis er ihm eine

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