Linda Lael Miller
dich und Elaina, und ich will nicht den Rest meines Lebens mit einer
Frau verbringen, die ich nicht kenne und die mir nichts bedeutet. Ich möchte
eine andere heiraten.«
Ein
furchtbares Schweigen breitete sich aus, und obwohl Gareth sitzen blieb und
sich nicht rührte, hatte Dane den Eindruck, daß sein Bruder seine ganze
Willenskraft aufbieten mußte, um nicht gewalttätig zu werden. Dann, endlich,
sprach Lord Hadleigh.
»Du bist
ein Ritter«, sagte er. »Wo bleibt deine Ehre?« Diese Worte trafen Dane wie ein
Faustschlag in den Magen; dabei hatte er sich diese Frage selbst schon so oft gestellt.
»Was wäre ehrenhaft daran, ein Haus mit einer Frau zu teilen und eine andere zu
lieben?« versetzte er. »Würde ich irgendeine der beiden Ladys ehren, indem ich
eine zur Mätresse machte und die andere zwänge, den für sie bedeutungslos
gewordenen Titel einer > Gemahlin < zu tragen?«
Endlich
stand Gareth auf, und Dane sah, daß sein Bruder die Fäuste ballte. »Du bist
ein Narr«, sagte Gareth. »Kein Mann, der bei Vernunft ist, würde eine Frau wie
Gloriana nicht haben wollen!«
»Wenn du so
begeistert von der Lady bist«, entgegnete Dane kühl, »dann heirate sie doch
selbst.«
Gareth
wandte sich ab. »Verdammt, Dane – du weißt, daß das unmöglich ist!«
»Was ich
weiß, ist, daß deine Frau mondsüchtig ist; mal lacht sie, mal weint sie, wie
ein einfältiges Kind streift sie durch die Umgebung. Sie hat dir niemals einen
Erben geschenkt. Elaina würde es gar nicht merken, Gareth, wenn du eine andere
Frau nähmst. Oder hat sich etwas geändert während meiner Abwesenheit? Erwartet
Elaina heute etwa mehr von dir als gelegentliche Besuche und hübschen Tand?«
Gareth
zögerte lange, bevor er sich wieder zu seinem Bruder umwandte, und als er es
tat, glitzerten Tränen in seinen Augen. »Ich liebe Elaina«, sagte er schlicht.
»Welche glatte Antwort hast du darauf anzubieten, Kenbrook?«
Es kostete
Dane Mühe, Gareths Blick standzuhalten. Er hätte von Anfang an gewußt, daß die
Unterredung schwierig würde, und sich dafür gewappnet.
»Keine«,
erwiderte er kühl. »Auch ich bin Elaina sehr zugetan. Sie war immer gut zu mir,
und ich würde sie gegen jeden Feind verteidigen – das weißt du. Aber ihr Geist
ist krank, Gareth. Es würde sie nicht kümmern, wenn du dir einen Harem
hieltest, solange du sie nur weiterhin in der Abtei besuchtest, wie du es
bisher getan hast.«
Gareth
seufzte. »In dieser Hinsicht werden wir wohl niemals übereinstimmen, fürchte
ich.«
»Willst du
mir erzählen, du wärst mit keiner Frau zusammengewesen, seit Elaina bei den
Nonnen lebt?« Danes Ton war sanft, doch er nahm sich als Bruder das Recht
heraus, frank und frei zu reden.
»Ich
wünschte, ich wäre so edel«, gab Gareth mit grimmiger Miene zu. Ein Krug Wein
stand auf dem Tisch, zusammen mit einem halben Dutzend hölzerner Becher. Gareth
schenkte Dane und sich ein und reichte seinem Bruder den einen Becher.
Kenbrook
verzog beim ersten Schluck das Gesicht. Nachdem er den Wein in Frankreich und
Italien kennengelernt hatte, schmeckte dieser hier sauer wie Essig. »Du
sprichst wie jemand, der seine Sünden bereut«, sagte er zu Gareth. »Aber ich
bin dein Bruder und nicht dein Beichtvater. Ich verurteile nicht und erteile
auch kein Absolution.«
Der
Schatten eines Lächelns erschien um Gareths Lippen, und der Wein, so schlecht
er auch war, hatte wieder etwas Farbe in sein Gesicht zurückgebracht. »Wie
kommt es«, fragte er, »daß wir von meiner Ehe sprechen, obwohl es deine ist, die sich in Gefahr befindet?«
»Gloriana
wird ohne mich glücklicher sein«, erklärte Dane.
Gareth gab
ein verächtliches Schnauben von sich und runzelte die Stirn, während er seinen
Becher nachfüllte. »Es ist gut möglich, daß sie dich umbringt und damit das
Dilemma für euch beide löst.«
Dane lachte
und griff nach dem Krug. Der Wein war nicht besser als zuvor, aber je mehr er
trank, desto weniger störte ihn der saure Geschmack. Auch seine Anspannung
begann allmählich nachzulassen.
»Sie wird
mir für meine Weisheit und Voraussicht dankbar sein, die schöne Gloriana«,
erklärte er mit neugewonnener Zuversicht. »Wenn nicht heute, dann ganz sicher
morgen.«
Gareths
Blick verriet Zweifel. »Was hast du mit ihr vor?«
»Es gibt
zwei Möglichkeiten«, erwiderte Dane. »Ich könnte sie
in ein Kloster schicken oder sie mit jemand anderem verheiraten.« Er hielt inne
und runzelte die Stirn. »Obwohl diese Idee mir nicht besonders
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