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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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angehalten noch kontrolliert. Es glich einem Wunder, wie unbehelligt ihre Flucht gelang.
    Nach einiger Zeit verebbten die Gespräche im Auto, Friedrichs Mutter setzte sich nach hinten und die beiden Männer wechselten sich beim Fahren ab.
    Friedrich schlief im Arm seiner Mutter ein und träumte. Er träumte schlimme Träume. Alpträume, in denen die Nachricht am Baum in der Lindenallee, die er eilig hinterlassen hatte, durch einen starken Wind abgerissen wurde, hinweg flog und auf Nimmerwiedersehen verschwand. Unruhig wälzte er sich in den Armen seiner Mutter, vor seinen Augen mein trauriges Gesicht. Seine Mutter spürte die unruhigen Träume und flüsterte ihm sanft Worte ins Ohr, während sie zärtlich seine Haare aus dem Gesicht strich. Langsam beruhigte er sich und fiel in einen traumlosen Schlaf.
    Am frühen Morgen erreichten sie ihr Ziel: Bremerhaven.
    Mit kleinen verschlafenen Augen stand Friedrich am Pier und sah hinauf zu dem großen Schiff, welches sie in ein paar Minuten besteigen würden. Sein Vater besorgte die Papiere für die Schiffsreise. Eine Reise ohne Wiederkehr, dachte er erschüttert. Sie brachen von Deutschland nach Südamerika auf. Ich werde Magarete nie wiedersehen, schoss ihm der vernichtende Gedanke durch den Kopf.
    Sein Vater trat unbemerkt hinter Friedrich und legte die Hand auf seine Schulter. „Wir haben alles, gleich geht es los“, sprach er erleichtert.
    Friedrich schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht weg. Ich kann Magarete nicht zurücklassen.“
    „ Magarete?“
    Judith berührte ihren Mann am Arm. „Das ist das Mädchen, in das Friedrich verliebt ist. Sie waren in den letzten Monaten wie Pech und Schwefel.“
    Sein Vater beugte sich zu ihm herab. „Ich weiß, es fällt dir schwer zu gehen. Aber wir sind hier nicht mehr sicher und wenn es stimmt, was unsere Bewegung vermutet, dann wird es bald Krieg geben. Dann ist hier niemand mehr sicher“, redete er beschwörend auf Friedrich ein.
    Friedrich zeigte sich nicht überzeugt und haderte mit seinem Schicksal. „Aber Vater, wenn ich in Südamerika bin, bin ich so weit von Magarete entfernt!“
    „ Ich weiß mein Sohn. Du wirst Gelegenheit finden, ihr zu schreiben.“
    Damit war das Gespräch beendet. Sein Vater schnappte sich die Koffer und stapfte die Gangway hinauf. Friedrichs Mutter sah ihren Sohn mitfühlend an. Sie verstand ihn und seine Beweggründe in Deutschland bleiben zu wollen. Sie streckte ihre Hand in seine Richtung aus.
    „ Komm, wir gehen an Bord. Da kannst du gleich beginnen, Magarete einen Brief zu schreiben.“
    Friedrich zögerte, begriff dennoch, dass er nicht ohne seine Eltern in Deutschland bleiben konnte. Schweren Herzens nahm er die Hand seiner Mutter und ließ sich sanft auf das Schiff ziehen. Es schien fast, als ob der Boden ihn zurückhalten wollte.
    Aber die Aussicht, mir an Bord einen ersten Brief schreiben zu können, erleichterte ihm ein wenig den schweren Gang. Er gab seinen Widerstand auf und folgte ihnen wie ein Lamm zur Opferbank. Sein Herz wog schwer in der Brust, er ließ nicht nur seine Jugend am Schiffs-Kai zurück, sondern auch seine Jugendliebe. Mich.
     
    Während der langen Überfahrt nach Südamerika schrieb Friedrich viele Briefe. Briefe voller aufregender Geschichten von den Menschen an Bord, die er kennenlernte. Menschen unterschiedlichster Herkunft und Alters, Männer, Frauen, Kinder, Familien. Viele Menschen flohen aus Deutschland, da sie zu befürchten hatten, verhaftet und inhaftiert zu werden. Die Stimmung an Bord muss ein Gemisch aus Trauer über den Verlust der alten Heimat, und Aufregung über eine hoffnungsvolle Zukunft in Übersee gewesen sein.
    Friedrich beschrieb unzählige Seiten mit wundervollen Worten, in denen er an unsere gemeinsame Zeit in Lucklum erinnerte und Pläne für unsere Zukunft schmiedete. Er drückte wortgewandt seine Liebe zu mir aus, entschuldigte sich tieftraurig, wie schnell sie hatten gehen müssen, schwor so bald wie möglich zurückzukommen.
    Welch wunderbare Briefe müssen das gewesen sein! Ich habe sie leider nie bekommen. Aus seiner Erinnerung heraus erzählte er mir den Inhalt eines jeden einzelnen. Er hat nie vergessen, was er mir mitteilen wollte.
    Am vorletzten Tag auf hoher See zog ein schwerer Sturm auf. Das Schiff kämpfte tapfer gegen die hohen Wellen an, die Maschinen liefen auf Hochtouren und schnauften gegen das Unvermeidliche an. Die Passagiere klammerten sich wo es ging am Schiff fest. Vielen war vom Wellengang unendlich

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