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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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erzählt.
     
    Magarete schwieg und spielte mit der Kordel ihrer grünen Strickjacke. Paula wartete einen Moment ab, ehe sie Magarete ansprach.
    „Das war aber nur ein Teil der Geschichte, oder? Was ist nach der Nacht passiert?“
    Magarete hob den Blick und sah sie ergriffen an. „Danach hat das Schicksal seinen Lauf genommen und es war nicht gut zu uns.“ Sie zuckte unbestimmt mit den Schultern und blies schnaubend die Luft aus. „Als mir Friedrich erzählte, was dann geschah, haderte ich schwer mit dem Schicksal. Ich hatte mir vorgenommen, das Vergangene ruhen zu lassen, es ist doch nicht mehr zu ändern. Na ja“, sie brachte ein verunglücktes Lächeln zu Stande, „ich bin eben doch nur ein Mensch und ich tue mich schwer, das Gewesene einfach so zu akzeptieren.“
    „Magst du es mir erzählen?“, fragte Paula vorsichtig nach.
    Magarete nickte behäbig. „Ja, vielleicht hilft mir das, besser damit umzugehen. Ich bedauere am meisten die verlorene Zeit und die Gedanken und Sorgen, die ich mir machte. Es hätte alles anders sein können, aber das Schicksal hatte einen anderen Plan.“
     
    Friedrich hinterließ mir also in aller Eile eine Nachricht und rannte zurück zu seiner Mutter. Sie hatte in der Zwischenzeit zwei Koffer fertig gepackt und war dabei, Geld abzuzählen und es auf den Tisch zu legen.
    „ Das ist die restliche Miete, nicht das es heißt, wir hätten die Miete geprellt“, erklärte sie Friedrich, der sie fragend anblickte. „Jetzt geh bitte in deinem Zimmer nachsehen, ob ich etwas vergessen habe. Deine Bücher habe ich bereits in den Koffer getan.“
    Friedrichs Mutter schaute sich in ihrem gemütlichen Wohnzimmer um, in dem sie die letzten Monate viel Zeit verbracht hatte. Immer in der bangen Hoffnung, ob sie etwas von ihrem Mann hören würde. Dieses Jahr hatte sie mit einer Nachricht nicht mehr gerechnet, aber die Zeiten waren unruhig und Friedrichs Vater war ein aktives Mitglied in der Widerstandsbewegung, deren Arbeit zunehmend erschwert wurde.
    Das war der wahre Grund, warum Friedrich und seine Mutter sich über ihre Vergangenheit ausschwiegen. Sie waren in Lucklum untergetaucht und bangten am Anfang darum entdeckt zu werden. Erst als die Tage und Wochen vergingen, kehrte bei ihnen eine trügerische Sicherheit ein.
    Nun hielt sich Friedrichs Vater in der Nähe auf.
    Die Neuigkeit löste in Friedrich eine Lawine von vielen Gefühlen aus. Lange, gut gehütete Gedanken brachen hervor und er dachte an die Gefahr, in der sie schwebten. Er kannte die Menschen nicht, die sie bedrohten, aber er wusste, es ging um sein Leben und das seiner Eltern.
    An dem verhängnisvollen Abend eilte Friedrich in sein Zimmer, suchte ein paar Sachen zusammen, die seine Mutter in der Hektik übersehen hatte und die ihm wichtig waren. Sein alter Teddy musste mit, den er so lange er denken konnte, immer bei sich hatte. Ein Foto von seinen Großeltern steckte er ein, an die er sich nur noch schemenhaft erinnerte, da sie Anfang der dreißiger Jahre nach Bayern gezogen waren. Seitdem hatte er sie nie wiedergesehen, verband aber mit ihnen schöne Kindheitserinnerungen.
    Und sein Fernrohr nahm er mit. Damit ließ sich wunderbar in einer klaren Nacht auf den hellen Mond schauen, auf Krater und Vertiefungen, die geheimnisvoll anzusehen waren und zu Mutmaßungen über ein Leben auf dem Planeten führten. Es erinnerte ihn an wundervolle Nächte, in denen wir in der Lindenallee dicht zusammenhockt hatten und zum Mond hinaufblickten. Wir hatten wild fantasiert, dass es dort oben ebenso Leben geben würde, wie auf der Erde.
    Er schaute sich in seinem kleinen Zimmer um und grübelte. Es gab keinen Gegenstand, kein Erinnerungsstück von mir, welches er hätte auf seine Reise in eine ungewisse Zukunft mitnehmen können. Ich hatte ihm nichts Greifbares geschenkt, außer mein Herz. Es muss schmerzlich gewesen sein, ein Bild von einem Menschen in seinem Herzen und in den Gedanken bei sich zu tragen, ohne einen realen Gegenstand zu besitzen. Er konnte nichts betrachten oder anfassen und damit begreifen, dass unsere Liebe tatsächlich wahr war.
    Ich besaß mein silbernes Herz und die Fotos, die mein Onkel damals in der Lindenallee geschossen hatte. Besonders die Fotos habe ich mir häufig angeschaut. Die Erinnerung an einen Menschen und sein Gesicht verblasst leider im Laufe der Zeit. Ich aber konnte mir das Bild von Friedrich anschauen und er blieb mir damit immer gut im Gedächtnis.
    Friedrich besaß nichts dergleichen und gut

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