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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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beschleunigen“, kommentierte Walter die Situation zuversichtlich. Ein paar Sekunden später, traten die beiden Frauen heraus.
    Steffen vermochte nicht zu beurteilen, was Paula so lange da drin getrieben hatte. Sie sah in seinen Augen wunderschön aus. Sie trug ein rotes Kleid mit dünnen Trägern, an ihrem Hals glitzerte eine silberne Kette mit einem dunkelroten Stein, den ihr Steffen letzte Woche geschenkt hatte. Er hatte ihr das Geschenk beiläufig überreicht, um der ganzen Sache keine große Bedeutung beizumessen. Dabei hatte er lange danach gesucht und sich bei seinen Arzthelferinnen versichert, dass er eine gute Wahl getroffen hatte.
    Am liebsten würde er Paula jeden Tag eine derartige Freude bereiten. Er würde sie nahezu mit Geschenken überhäufen, aber er hielt sich zurück. Er wollte sie nicht mit seiner Liebe erdrücken. Und das würde zweifellos den Eindruck bei ihr hinterlassen, das spürte er.
    Er merkte, wie sie ihn immer noch auf eine gewisse Distanz hielt, als ob sie sich eine Rückzugsmöglichkeit offen hielt. An manchen Tagen machte ihn das ungehalten, an anderen sah er locker darüber weg. Irgendwann, in nicht allzu ferner Zukunft, würde der Tag kommen, an dem Paula sich endlich für ihn entscheiden musste.
    Aber heute war der Tag von Friedrich und Magarete, beschloss er. Keine Zeit, um sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Er wollte mit Paula zusammen feiern und den Tag genießen. Sein Blick wanderte zu Paula, die hinreißend aussah. Aber was war das unter ihrem rechten Auge? Er erforschte mit gezieltem Blick die Stelle und vermutete, sie war mit der Wimperntusche abgerutscht. Der dunkle Strich erinnerte ihn an einen Football-Spieler, der sich vor einem Spiel schwarze Balken unter die Augen malte. War das Luise nicht aufgefallen, als sie mit ihr im Bad war? Jetzt bloß nichts sagen, sie waren eh schon spät dran.
    „Du siehst toll aus“, nahm Kira endlich allen das Wort aus dem Mund. Dabei grinste sie schief und Steffen vermutete, sie hatte das Malheur ebenfalls entdeckt.
    Paula suchte den Blick von Steffen, der ihr aufmunternd zulächelte. „Kira hat nicht immer Recht, aber in dieser Sache auf jeden Fall.“ Er gab Paula einen Kuss und nahm sie an der Hand. „Jetzt müssen wir aber los, sonst kommen wir noch zu spät.“ Luise griff die Tasche von Paula und schob ihre Tochter sanft aus der Wohnung. Steffen schloss die Tür ab und folgte ihnen nach unten. Dabei raunte er Luise leise zu: „Im Auto gib ihr bitte noch einen Spiegel, damit sie ihr rechtes Auge in Ordnung bringt, ja?“
    Luise lächelte ihm verschwörerisch zu. „Geht klar. Im Badezimmer war da nichts mehr zu machen, sonst wären wir nie losgekommen.“
     
    Sie parkten das Auto nahe des Rittergutes unter einem Baum im Schatten. Die Nachmittagssonne stand hoch am Himmel. In gut zwei Wochen kam der längste Tag des Jahres und es würde lange hell bleiben. Eine angenehme Brise strich ihnen über die Haut und ließ die Temperaturen erträglich erscheinen. Das schlechte Wetter vor zwei Wochen, mit ausgiebigem Regen, hatte sich verzogen und war hochsommerlichen Temperaturen mit strahlendem Sonnenschein gewichen.
    „Und hier hat Magarete gearbeitet?“, fragte Luise, die neben dem Auto stand und zum Rittergut blickte.
    „Ja.“ Das Rittergut lag still in der flirrenden Sommerwärme da, kein Geräusch war zu hören. „Nach Margaretes Beschreibungen herrschte hier früher reges Treiben.“ Paula beäugte misstrauisch das große Gebäude. In ihrem Gedächtnis waren viele Dinge in Erinnerung hängengeblieben, die nicht immer gut waren. Hein Kummerlich fiel ihr sofort ein, der Magarete nachgestellt und hier sein unrühmliches Ende gefunden hatte. Die guten Erinnerungen, wie die Freundschaft Magaretes mit Heidemarie, der Küchenhilfe, die ihr zur Seite gestanden hatte, oder das Erlernen des Kochens, vergaß sie darüber.
    „Vielleicht sollten wir uns das Rittergut irgendwann Mal von drinnen ansehen. Es soll Führungen geben, an denen man teilnehmen kann.“ Luise war von der Idee sehr angetan, seitdem Paula so viel darüber erzählt hatte. Sie hatte sich sogar die Mühe gemacht, im Internet einiges nachzulesen, obwohl sie sowohl mit dem Internet, als auch mit Computern auf dem Kriegsfuß stand.
    Paula reagierte auf den Vorschlag ihrer Mutter unbestimmt und hob die Schultern. Sie richtete ihr Augenmerk lieber auf die Lindenallee. Sie fühlte sich von diesem Ort magisch angezogen, wie ein Stück Eisen von einem Magneten.

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