Lindenallee
dann bekommt sie noch mehr zu tratschen.“ Hand in Hand gingen sie auf sein Auto zu und stiegen ein. Steffen winkte Frau Lindner zu, als er abfuhr.
„Hallo Paula“, begrüßte Steffen sie. Er sah zu ihr hinüber und lächelte.
„Ach, das hatte ich wohl vergessen. Hallo Steffen.“ Paula lachte. „Ich mag es nicht, wenn neugierige Leute so offensichtlich hinter einem hinterherspionieren“, entschuldigte sich Paula.
Steffen fuhr zügig durch die Straßen. Er wirkte konzentriert und sah zwischendurch zu Paula hinüber. Paula behielt den Blick nach vorne gerichtet und erkundete die Gegend. Sie konnte sich nur wenig an die Ecken erinnern, die sie durchquerten. Alles schien ihr neu und unbekannt, aber auch spannend und interessant. Sie beschloss, die Stadt demnächst ausgiebiger zu erkunden.
Als sie auf einen Fußgängerüberweg zufuhren, an dem eine Mutter mit ihren zwei Kindern wartete, wurde Paula zum ersten Mal Zeuge von Steffens Fahrkünsten.
Die Mutter erklärte offensichtlich dem Nachwuchs worauf sie zu achten hätten und zeigte nach links auf die Straße, auf der Steffen mit unvermittelter Geschwindigkeit auf sie zufuhr. Erst sehr spät erkannte er die Situation und kam quietschend vor dem Überweg zum Stehen. Die Frau schüttelte mit dem Kopf, beugte sich zu ihren Kindern hinab, deutete auf Steffen und machte eine Bemerkung, woraufhin die beiden Kinder ihn vorwurfsvoll anstarrten.
Unangenehm berührt, hob Steffen zur Entschuldigung die Hand und beobachtete, wie die Familie vorsichtig die Straße überquerte. Als sie auf der anderen Seite ankamen, drehte sich das kleine Mädchen um und streckte ihm die Zunge heraus, ehe sie im angrenzenden Park verschwanden.
„Bei dem großen Auto verliert man schon mal den Überblick“, kommentierte Paula schnippisch das Geschehen.
Steffen blickte zu ihr hinüber. „Findest du das Auto zu groß?“
„Für einen oder zwei schon. Oder hast du ein Hobby, wofür du einen solchen Schlitten brauchst? Jagen mit Hunden, die im überdimensionierten Kofferraum transportiert werden müssen oder Platz für die Golfausrüstung?“ Paula bereitete es Spaß ihn aufzuziehen.
Steffen ging darauf ein. „Manchmal fahre ich umher und suche Leute, die ich aus reiner Mitmenschlichkeit mitnehme und von A nach B bringe.“
„Das würde zur dir passen.“
Überrascht sah er sie an. „Hört sich an, als ob du mich für einen Samariter hältst?“
„Bist du das nicht auch?“ Paula bemerkte, es klang fast wie ein Vorwurf. „Alle sprechen gut von dir, du kümmerst dich um jeden und bietest deine Hilfe an. Du bist, wie soll ich sagen, na du bist perfekt.“
„Ist das in deinen Augen etwas Schlechtes?“
„Natürlich nicht.“ Paula seufzte. „Ich fühle mich in der Nähe von perfekten Menschen eher unsicher, weil mir immer blöde Sachen passieren. Ich rauche auch noch und mir rutschen Schimpfwörter heraus. Und ich weine. Das ist doch grässlich, oder?“
Steffen schmunzelte. „Daher weht der Wind. Es ist dir unangenehm von anderen Hilfe anzunehmen und vermutlich ist es dir auch peinlich, weil du in meinen Armen geweint hast.“ Er traf damit ins Schwarze, denn Paula schwieg.
Er fuhr einen Moment schweigend weiter, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Er kam zu dem Schluss, dass es nicht der richtige Ort und die richtige Zeit war, mit Paula ein intensives Gespräch zu führen. Das musste noch warten. Stattdessen versuchte er das Gespräch an einer unverfänglichen Stelle wieder aufzunehmen.
„Da ich so nett bin und dich durch die Gegend kutschiere, möchte ich von nun an nur noch Nettes von dir hören. Einverstanden?“
Paula bekam ein schlechtes Gewissen. Er hatte ja Recht. Sie hatte ihn gebeten mitzukommen und jetzt warf sie ihm vor, er wäre perfekt. Sehr unhöflich.
„Ähm, entschuldige Steffen, ich habe meine guten Manieren vergessen. Dann lass uns ... ah ... Vorsicht!“ Paula zeigte mit ausgestrecktem Finger nach vorne. Vor ihnen bremsten die Fahrzeuge ab und hielten vor einer geschlossenen Bahnschranke. Steffen war deutlich zu schnell und kam nur mit einer Vollbremsung rechtzeitig zum Stehen. Die Fahrerin vor ihnen hatte mit aufgerissenen Augen das gewaltige Auto im Rückspiegel auf sich zukommen sehen. Erleichtert schüttelte sie den Kopf.
„Pfff“, entwich Paula die Luft, „das war knapp.“ Sie drehte sich zu Steffen, der wiederum recht ruhig wirkte.
„Fährst du immer so?“
Steffen stellte den Motor aus. „Sagen wir mal so: meine
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