Lindenallee
aus ihrem Blickfeld verschwand.
„Komm rein, Paula.“ Günther führte sie ins Wohnzimmer und wies sie an, Platz zu nehmen. „Wie wäre es mit einem kleinen Willkommenstrunk?“
Ohne ihre Antwort abzuwarten, öffnete er das Barfach der dunklen Schrankwand, wählte verschiedene Flaschen aus und begann aus ihnen etwas zu mixen. Paula nutzte den Moment, um Luft zu holen und sich im Wohnzimmer der Lindners umzusehen.
Der Einfluss von Frau Lindner war unverkennbar. Es war akkurat spießig und langweilig mit den dunklen Möbeln und einem grünen Sofa, sowie passenden Sesseln eingerichtet. Am Sofa, auf dem sie sich niedergelassen hatte, hingen seitlich goldene, geflochtene Kordeln. Das geht gar nicht, entschied Paula, allerdings krönten die in der Fensterbank stehenden Orchideen alles andere. Diese sahen verdächtig nach Plastik aus. Paula rümpfte ungewollt die Nase.
Günther holte sie aus ihrer Einrichtungsbesichtigung zurück, indem er ihr ein Longdrink-Glas mit langem Strohhalm entgegenstreckte. Paula nahm es und gleichzeitig fiel ihr auf, dass er einen Drink für sich mit, aber keinen für seine Frau gemacht hatte. Frau Lindner stand in der Tür und Paula bemerkte aus dem Augenwinkel, wie sie ihren Gatten strafend ansah. Der wiederum war bei bester Laune und hob zu einem Trinkspruch an.
„Auf gute Nachbarschaft.“ Die Gläser klirrten gegeneinander, die Flüssigkeit darin schwappte beinahe über, während sich die Strohhalme in der Mitte trafen. „Endlich haben wir junge Verstärkung im Haus. Und solch hübsche dazu!“
Peinlich berührt, wie Günther in der Gegenwart seiner Frau Komplimente machte, wurde Paula rot. Sie erkannte wie wenig Schamgefühl bei Günther vorhanden sein musste, denn er fuhr ungerührt fort. „Mit Akay und dir ist das Leben im Haus erblüht.“ Er leckte sich über die Lippen.
Paula fühlte sich nicht wohl und sog nervös am Strohhalm. Die zwei Schlehenschnäpse auf leeren Magen bei Magarete und nun dieses hochprozentige Zeug, würden sie innerhalb kürzester Zeit betrunken machen. Vorsichtshalber stellte sie das Glas ab und beschloss, es nicht mehr anzufassen.
Günther sprach derweil begeistert weiter. „Das ist doch herrlich, oder Berta?“ Er wandte sich an seine Frau, die ihn distanziert beobachtete und seine Überschwänglichkeit eindeutig nicht teilte.
Paula bekam gegen ihren Willen Mitleid mit Frau Lindner. Mochte diese Frau ohne Ende neugierig sein und bestimmt viel Tratschen, so konnte Paula nachfühlen, wie es gerade in ihr aussah. Paula hegte Zweifel, ob es eine gute Idee war, Günther um den Gefallen zu bitten. Sie überlegte fieberhaft, ob sie es bei diesem Gespräch belassen sollte, oder ob sie Günther bitten würde, das Auto nach München zu fahren.
„Paula, sag doch mal?“
Überrascht sah Paula zu Günther hinüber. Hatte sie einen Moment nicht aufgepasst? Bevor sie etwas Falsches sagte, wartete sie lieber ab, was als nächstes kommen würde.
„Du hast doch nicht nur geklingelt, um Hallo zu sagen, oder? Was liegt dir auf dem Herzen?“ Erwartungsvoll blickte er sie an.
Paula tat nicht nur überrascht, sie war es auch. „Ja, in der Tat habe ich ein Anliegen. Eine Bitte, um genauer zu sein.“
„Heraus damit.“ Günther nahm in einem der grünen Sessel Platz und fixierte sie gespannt.
Paula schwankte hin und her, bis sie eine Entscheidung traf und sich aufrecht hinsetzte. Es machte sie ein wenig nervös, dass Frau Lindner weiterhin an der Tür stand und dem Gespräch als scheinbar Unbeteiligte beiwohnte. Völlig untypisch für diese Frau und das verunsicherte Paula zusätzlich.
„Ich habe draußen einen Sportwagen stehen...“
Günther unterbrach sie. „Der silberne BMW?“
Paula nickte.
Günther pfiff durch die Zähne. „Toller Wagen.“
„Ja, aber ich werde mich von ihm trennen und nach München bringen lassen. Er wird dann nicht mehr meiner sein.“
Das Gesicht von Günther verfinsterte sich. „Das ist schade, so ein schickes Wägelchen.“
„Hmm, ja. Also, leider fehlt mir die Zeit selber zu fahren. Ich erwähnte das vorhin bei Magarete und sie schlug vor, dass ...“ Weiter kam sie nicht.
„… ich den Wagen nach München fahre“, beendete Günther den Satz.
Paula nickte.
Günther sprang auf und jubelte. „Das ist ja toll! Mit so einer Rakete nach München! Klar mache ich das, sofort.“
Er war Feuer und Flamme und Paula wagte nicht, zu Frau Lindner hinüberzusehen. Sie befürchtete, diese würde missbilligend die Nase
Weitere Kostenlose Bücher