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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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ich habe Krieg der Sterne nicht gesehen?«  
    »Ich hab Krieg der Sterne noch nicht gesehen.«  
    »Dafür bist du auch noch viel zu klein. Aber warum lässt du dir ausgerechnet den Helm von Boba Fett kaufen? Boba Fett ist böse, ein richtiger Dreckskerl. Warum wolltest du nicht den von Luke Skywalker?«  
    »Es gibt noch den von Darth Vader, aber den soll mir jetzt Mama kaufen, hat Papa gesagt.«  
    »Was kostet so was denn?«  
    »59,90 Euro.«  
    »Was? Und was sagt deine Mutter dazu?«  
    »Dass wir uns das nicht leisten können. Und Papa sagt dann immer, sie kauft sich lieber neue Schuhe, aber ich glaube, das stimmt nicht.«  
    »Warum brauchst du auch unbedingt zwei Schurkenhelme?«  
    »Weil ich dann der Einzige in der Klasse bin, der beide Helme hat.«  
    »Verstehe.«  
    »Bei den Transformers hatte Holger die meisten.«  
    »Transformers?«  
    »Das sind so Roboterfiguren, die sich zu einem Auto zusammenfalten können.«  
    »Aha.«  
    »Aber ich hab Holger ausgetrickst.«  
    »Ausgetrickst?«  
    »Er hat fünf Transformers, da hab ich einfach erzählt, dass ich sechs Transformers habe.«  
    »Und dann?«  
    »Dann hat Holger gesagt, dass er sieben hat. Dann habe ich gesagt, ich habe acht, er dann so neun, ich dann so meinen ganzen Schrank voll, er dann so mein ganzes Zimmer voll, ich dann so unsere ganze Wohnung voll …«  
    »Na hör mal, das muss doch extrem peinlich für euch sein, wenn einer von euch den anderen mal besucht.«  
    »Ich besuch den Holger ja nie.«  
    »Du, ich hab ganz andere Probleme, ich hab deinen Rat befolgt, hab mich im Café auf die Lauer gelegt, und die Frau ist tatsächlich wiedergekommen.«  
    »Hab ich doch gesagt. Hast du sie geküsst?«  
    »Äh, nein.«  
    »Warum nicht?«  
    »Das geht nicht so schnell, Anton.«  
    »Wieso? Erwachsene können doch machen, was sie wollen?«  
    »Im Prinzip ja, Anton. Bloß … Also, der Punkt ist, ich muss mich gar nicht beeilen. Ich weiß ja jetzt, dass sie jeden Donnerstag um die gleiche Zeit dort hinkommt.«  
    »Nicht schlecht.«  
    »Genau, und jetzt brauche ich eine gute Idee, was ich mit ihr reden soll, wenn ich sie irgendwann mal küssen will. Und da hilft es mir gar nichts, wenn ich behaupte, dass ich eine ganze Wohnung voll Transformers habe.«  
    »Warum nicht?«  
    »Erstens sind Transformers ihr wurstegal, zweitens würde sie mich eines Tages vielleicht besuchen und sofort rausfinden, dass ich keinen einzigen Transformer habe.«  
    »Dann musst du ihr eben erzählen, dass du alle verschenkt hast.«  
    »Ach, Anton, zwischen Männern und Frauen läuft das nicht so.«  
    »Nicht?«  
    »Hm, na ja, wenn ich genau drüber nachdenke, manchmal doch. Aber nicht bei echter Liebe. Wer mag schon Angeber?«  
    Das gibts nicht. Anton hält einfach den Mund und schaut in die Luft?  
    »Was ist?«  
    »Du hast recht.«  
    Ich brauche eine Weile, bis ich glaube, was ich da gerade aus seinem Mund gehört habe. Währenddessen rücken die Zeiger der alten Uhr neben dem Spirituosenregal die letzten Schritte auf halb sechs vor. Ich muss los zu meiner Gesangsstunde.  
    Eigentlich bringt sie mir ja nichts. Viel zu esoterischer Lehransatz, aber die Termine sind schon bezahlt. Gleich in der ersten Stunde hat mich die Lehrerin gefragt, was ich sonst so mit meiner Stimme mache, und ich habe ihr von den tausend künstlichen Stimmen erzählt, mit denen ich mein Geld verdiene. Seitdem ist sie der Meinung, dass ich als Erstes meine eigene Stimme wiederfinden muss, und ich verbringe zusammen mit ihr kleine Ewigkeiten mit den eigenen Atem spüren und erforschen, was passiert, wenn er die Stimmbänder streift . Ich sollte die Zeit endlich anders nutzen. Aber gut, heute gehe ich noch einmal hin.  
    ***  
    Als ich noch in meiner WG gewohnt habe, war meine Zimmertür mein wichtigster Einrichtungsgegenstand. Auf dem Flur und in der Küche passierte zu viel, als dass man bei offener Tür irgendwas geschafft gekriegt hätte. Nur wenn sie zu war, konnte ich mich auf etwas konzentrieren. Gut, mit geschlossener Tür habe ich dann am Ende auch nicht allzu viel geschafft gekriegt, aber das lag mehr an mir.  
    Hier in meiner Wohnung mache ich schon lange keine Tür mehr zu. Mein Sofa und mein Tisch dürfen ruhig zusehen, wie ich in meinem Bett liege und lese. Es ist sogar ganz nett, wenn man mal von den Buchstaben hochschaut und weiter als bis zur nächsten Wand gucken kann.  
    Was ich sehe, wenn ich durch die

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