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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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doch wieder an, wild zu fuchteln. Das ist aber noch gar nichts gegen das, was mein Mund tut.  
    »Wirklich, Lena, ich … Also, ich habe dir doch von meinen schlechten Träumen erzählt, kannst du dich erinnern? Immer von Sonntag auf Montag. Tja, und seit wir uns getroffen haben, hab ich auf einmal nur noch von dir geträumt … Das heißt, nein, nicht ganz, ich habe zuerst von Zöpfen geträumt, dann von unserem Schultheater. Und ich immer so Zöpfe, Schultheater, Zöpfe, Schultheater, Zöpfe, Schultheater, was war da nur? Du, ehrlich, da wäre ich fast verrückt geworden. Und gestern hat es auf einmal klingeling gemacht, hihi. Und dann ist mir alles wieder eingefallen. Dass du das warst, die das Gretchen ohne Zöpfe spielen wollte, und dass du dann ins Krankenhaus musstest und … Ja, also, dann musste ich natürlich daran denken, dass ich dich nicht besucht habe … Das hatte ich irgendwie all die Jahre völlig verdrängt, und jetzt, wirklich, ich komme mir einfach nur noch vor wie ein Schwein, und …«  
    »Moment, du hast tatsächlich angefangen, von Zöpfen und Gretchen zu träumen, nachdem wir uns gesehen haben?«  
    »Ja, genau so war es.«  
    Sie lächelt! Sie versteckt ihr Gesicht in den Händen, aber sie lächelt!  
    »Oliver, das ist irgendwie … schön.«  
    »Ja … ja, das … finde ich auch. Aber du bist mir auch so nicht mehr aus dem Kopf gegangen, seitdem wir uns getroffen haben und, ähm, diesen Wortwechsel hatten. Ich … ich wollte dich unbedingt wiedersehen. Aber ich wusste ja nichts von dir. Ich hab dich nur in diesem Café verschwinden sehen. Deswegen habe ich hier ein paar Tage rumgesessen. Ich hatte keine andere Wahl.«  
    »Wirklich? Das war gar kein Zufall? Du auf mich gewartet?«  
    Sie freut sich! Mein Herz hüpft mir vor Glück fast in die Luftröhre.  
    »Ja. Ich wollte dich unbedingt wiedersehen. Einfach nur, weil du Lena bist, obwohl ich ja eigentlich gar nicht wusste, dass du Lena bist, also, nicht wirklich, sondern, ne, dings.«  
    Sie lächelt noch ein wenig breiter. Mein Mund. Was wäre ich ohne ihn. Gut, er hat mich in den letzten Wochen ein paarmal übel im Stich gelassen, aber jetzt, wo es wirklich drauf ankommt, macht er einfach die richtigen Wörter. Ganz von alleine.  
    »Und weißt du, was ich die ganze Zeit geglaubt habe, als ich noch nicht draufgekommen bin, dass du Lena bist? Ich habe geglaubt, ich bin in dich verliebt. Hihi!«  
    …  
    Mein Mund ist ein Arschloch.  
    »Also, das ist doch gut, oder? … So, im Sinne von … positiv?«  
    …  
    »Ich …«  
    …  
    »Wollen wir uns vielleicht setzen, Lena?«  
    »Nein. Nein, ich glaube, ich will mich ganz und gar nicht setzen. Ich glaube vielmehr, ich muss jetzt dringend los. Ganz dringend sogar.«  
    »Verstehe, du hast Termine und …«  
    Ich könnte mich ohrfeigen. Ich könnte vor Pein an die Decke springen. Ich … Dabei habe ich das doch nur gesagt, damit sie nicht denkt, ich denke, dass wir jetzt einfach so … oder dass ich … dass sie …  
    »Wo ist mein Koffer?«  
    »Dein Koffer?«  
    »Mein Koffer ist weg!«  
    Tatsächlich. Der iKoffer, der sich eben noch, wie im iKoffer-Werbefilm, an ihrem Bein gerieben hat, hat sich in Luft aufgelöst. Ich schaue noch einmal ringsherum, aber das hat sie auch schon drei Mal getan. Der Wunderkoffer bleibt verschwunden.  
    »Okay, keine Panik. Ich finde ihn. Das ist doch bestimmt eine dieser tollen Funktionen. Der ist sicher nur kurz weggefahren und holt dir gerade einen Kaffee.«  
    »Nein, verdammt noch mal. Ich hab ihn von Anfang an auf Normalkoffer-Mode geschaltet, damit genau das nicht passiert.«  
    »Aber … hier stiehlt doch keiner Koffer. Wenn, dann höchstens …«  
    iKoffer. Natürlich! Sie hat den einzigen iKoffer in der Stadt außer Rüdiger Rodeo. Und ruderfroschs Partygemeinde besteht zu 90 Prozent aus Techniknerds. Und sie haben gerade alle einen in der Krone.  
    »Moment, ich regle das.«  
    ruderfrosch sitzt etwas abseits vom Geschehen an seinem Stammplatz. Das Einzige, was an seinem Geburtstag anders ist als sonst, ist, dass ein Glas Sekt neben seinem Laptop steht und dass das, was er liest, nicht nur Technik-Diskussionen, sondern auch hin und wieder Glückwunsch-Postings auf seiner Facebook-Pinnwand sind. Nein, er hat den Koffer auch nicht. Weder unter seinem Tisch, noch unter seinem Stuhl, noch unter seinem T-Shirt.  
    Ich stürze auf ihn zu. Er sieht mich kommen, steht auf und nimmt ungelenk

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