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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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die Grundhaltung für den Empfang einer stürmischen Geburtstagsumarmung ein. Keine leichte Übung für ihn. Er muss dringend öfter umarmt werden, geht mir durch den Kopf, aber ich kann jetzt nicht. Ich winke nur unwirsch ab und bedeute ihm, dass er sich sofort wieder hinsetzen und zuhören soll.  

Donnerstag
(ja, noch immer)  
     
    Kann doch nicht wahr sein: ruderfrosch ist tatsächlich nicht in der Lage, Lenas iKoffer zu orten. Jedenfalls nicht sofort, hat er gesagt. Er müsse erst lauter komische Hackersachen mit Internet und Hast-du-nicht-Gesehen machen, dann würde es vielleicht gelingen. Zum Glück loderte bei diesen Worten sofort großer Eifer in seinen Augen. Wenigstens ein Grund zur Zuversicht.  
    Aber ich werde derweil hier nicht untätig herumsitzen. Ich stürme zum Ausgang und hechte raus auf die Straße. iKoffer, ich finde dich! Wenn es sein muss, einfach nur mit meinem Bauchgefühl … Oh, wen sehe ich denn da? Hm … Doch, einen Versuch ist es wert. Schnell wieder rein ins Coffee & Bytes, aber bevor die Tür auch nur zugefallen ist, bin ich schon wieder draußen. In der einen Hand halte ich das Einstecktüchlein, das Lena bis eben noch in ihrem Blazer herumgetragen hat, mit der anderen Hand winke ich wild herum.  
    »He! Hallo! Sie da! Ja, genau Sie!«  
    Manno, bis der Rentner mit dem Hund endlich mal kapiert, dass er gemeint ist …  
    »Ach, Sie! Sie sind doch der, der mich und Theo neulich so unflätig …«  
    »Genau der. Aber ich will es wiedergutmachen. Ist Teil eines groß angelegten Rehabilitationsprogramms. Helfen Sie mir?«  
    »Moment mal …«  
    »Wunderbar. Ist Theo ein guter Spürhund?«  
    »Gut ist gar kein Ausdruck. Theo war früher bei der Polizei. Zehn Jahre Abschnitt 37, Abteilung …«  
    »Prima. Wir machen jetzt ein Suchspiel mit Theo und anschließend gibt es eine schöne Überraschung.«  
    »Also ich weiß nicht …«  
    »Hier Theo, schnuffel mal dran.«  
    Na bitte. Kaum hat Theos Nase Lenas Einstecktuch berührt, hebt er den Kopf, bellt und streckt seine Schnauze ostwärts die Torstraße entlang. Der Mann mit dem Cordhut glüht vor Stolz.  
    »Sehen Sie, er hat Witterung aufgenommen. Gelernt ist gelernt.«  
    »Na dann, hurtig los.«  
    »Sie sind mir ja einer.«  
    »Ein Polizeihund muss im Training bleiben.«  
    »Na, von mir aus. Such, Theo!«  
    Sehr gut. Sieht so aus, als ob Theo ganz genau weiß, wo er hinwill. Leider sind wir viel zu langsam. Bis der arme Hund dieses lahme Männlein am anderen Ende der Leine zu der Stelle geschleift hat, wo der Koffer jetzt gerade steht, ist der Dieb mit ihm schon am anderen Ende der Stadt.  
    »Vorschlag: Sie lassen die Leine los, ich setze mich auf Theo, wir erhaschen das Zielobjekt und wir treffen uns alle hier wieder?«  
    »Sitz, Theo! Was haben Sie da gerade gesagt?«  
    »Schon gut, blöde Idee. Wir suchen einfach weiter, okay?«  
    Er sieht mich lange an. Sein Blick ist wie der eines Schiedsrichters, der einem auf der nonverbalen Ebene kommunizieren will, dass man beim nächsten Foul sofort vom Platz fliegt. Ich mache mich ganz klein, gucke reumütig, und er pfeift endlich wieder an.  
    »Such, Theo!«  
    Wir quälen uns im Schneckentempo die Torstraße entlang. Dabei könnte dieses Tier locker jeden Radfahrer überholen, wenn man es nur ließe. Mist. Wann klingelt endlich mein Handy? Kann doch nicht so lange dauern, bis ruderfrosch den blöden iKoffer geortet hat. Oder steckt der am Ende selbst mit in der Sache drin?  
    »Theo will abbiegen.«  
    Das ist schwer zu übersehen. Theo zerrt sein Herrchen um die Ecke in die Alte Schönhauser Straße, als würde dort heute die Europawahl zur Miss Schäferhund ablaufen.  
    »Langsam, Theo, langsam.«  
    Darf ein so talentierter Hund einer so lahmen Krücke gehören? Dagegen müsste doch mal was getan werden! Wenn Theo so könnte, wie er wollte, hätte ich den iKoffer schon längst in meinen Händen, und er stünde breitbeinig und mit offenem Maul hechelnd über dem am Boden liegenden Dieb, der zu Tode verängstigt die Polizeibeamten herbeisehnt, die ihn gleich festnehmen werden.  
    Eine kleine Ewigkeit später will Theo wieder abbiegen. Diesmal in die Weinmeisterstraße. Ich frage mich, wie lange er noch so zielsicher auf der Spur bleiben wird, wenn wir weiter so trödeln. Ein Dieb, den seine Angst vorantreibt, ist bestimmt doppelt so schnell wie wir. Und so eine Duftspur in der Luft hält auch nicht ewig. Je mehr Vorsprung er bekommt,

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