Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
Vom Netzwerk:
Laptoptasche mit. Ich hatte mir zwar geschworen, dass ich ihn heute nicht mehr anschalte, aber wer weiß, vielleicht hat Kurt mir schon längst geschrieben. Und Franziska. Ich modifiziere meinen Schwur dahingehend, dass ich nicht schon wieder schauen werde, wie viele Freundschaftsanfragen ich habe.  
    Der Rechner schnurrt hoch. Facebook-Seite aufrufen. Tatsächlich. Eine Nachricht. Von ruderfrosch.  
    Ich soll dir schöne Grüße von Lena sagen und vielen Dank. Sie ist nächsten Dienstag um 12 Uhr wieder im Coffee & Bytes.  
    Warum bin ich jetzt so verzückt? Woher kommt die Musik? In einem fort zieht eine wunderbare Melodie mit dem Text »Dienstag um 12 Uhr im Coffee & Bytes« durch meinen Kopf. Nur langsam, ganz langsam wird sie von einer anderen Melodie überlagert. Sie klingt ungemütlich und dissonant und hat den Text »Was haben Kurt und sie gemacht?«. Als sich wenige Augenblicke später noch eine dritte, sehr laute, von Pauken begleitete Melodie dazugesellt, deren Text »Vielleicht ist Kurt sogar immer noch mit ihr unterwegs« lautet, halte ich es nicht mehr aus und rufe ihn an.  
    »Hallo Oliver.«  
    »Hallo Kurt. Was, ähm, treibst du gerade so?«  
    »Beschäftige mich gerade mit aktivem und passivem TCP/IP-Stack-Fingerprinting.«  
    Aktives und passives TCP/IP -Stack-Fingerprinting? Ist das seine Art zu sagen, dass er und Lena gerade … Ich meine, hallo? Das klingt ja wohl eindeutig versaut … Andererseits, eine Frau wie Lena und dieser … ruderfrosch? Nein, oder? Wobei, man hört ja immer wieder, dass gerade unattraktive Männer einen ganz speziellen Reiz auf Frauen ausüben können. Und stille Wasser und so weiter … Mist, ich … Halt, es ist mir doch egal, verflixt noch mal. Kurt ist ein feiner Kerl. Ich sollte mich freuen, wenn sich die beiden … Ja, das sollte ich … Und Lena hat sich bei mir bedankt. Und sie will sich nächsten Dienstag mit mir treffen … Also, was soll das alles?  
    »Oliver?«  
    »Hu, ja, hallo, bin noch dran … Wo … wo bist du gerade, Kurt?«  
    »Na wo wohl?«  
    »Ja ja, schon klar, hehe.«  
    Okay. Die beiden kuscheln in Lenas Dachgeschoss-Loft-Maisonette-sonstwas-Palast auf dem Sofa und machen Fingerprinting miteinander. Wahnsinn. Aber kein Problem für mich. Komm ich mit klar. Muss mich nur ein wenig an den Gedanken gewöhnen. Kein Ding.  
    »Scheiße!«  
    »Was ist, Kurt?«  
    »Latte Macchiato übers Macbook gekippt. Geht aber noch.«  
    »Oh.«  
    »Hallo, hallo, ähm, kann ich bitte paar Servietten haben … Und einen neuen Latte Macchiato? … Danke, vielen Dank …«  
    Erst jetzt höre ich die Coffee & Bytes-Geräusche im Hintergrund. Nicht zu fassen. In was habe ich mich da reingesteigert?  
    »Ähm, ist noch was, Oliver?«  
    »Nein, nein, schönen Abend noch, Kurt.«  
    »Danke, dir auch. Ich muss mal die Sauerei hier wegmachen und das auf Facebook posten. Tschüss.«  
    Ich lasse mich in den Sessel fallen und atme tief durch. Komisch. Was hat dieses Strahlen auf meinem Gesicht verloren? Ich meine, hehe, es wäre doch okay gewesen. Lena und Kurt. Doch, ja, es wäre völlig okay für mich gewesen. Absolut. Kein Ding. Jetzt ist es halt nicht so, wie ich dachte. Auch gut. Auch völlig okay und ebenfalls kein Ding. Nicht die Bohne. Wie gesagt, da stehe ich drüber. Das Einzige, was wichtig ist, ist, dass ich noch was richtig Großes für Lena reiße. Und das möglichst schnell. Am besten bis Dienstag. Bis dahin sind es noch ein paar Tage. Alles, was ich brauche, ist eine wirklich gute Idee.  
    Wenn ich doch nur mehr über sie wüsste. Ich schleppe mich zum Schreibtisch und gebe »Lena Ameling« bei Google und Wikipedia ein. Nichts Brauchbares. Nur irgendwelche Mitschüler-find-Seiten. Mir bleibt nur die Erinnerung ans Schultheater. Da haben wir die meiste Zeit zusammen verbracht. Das Problem ist bloß, an was auch immer ich mich erinnere, ich muss mich jedes Mal fragen, ob das wirklich sie war oder nicht doch mehr ein Teil der Gretchenrolle …  
    Oh, neue Nachricht. Von FranziskaSteinmann! Nein, die schau ich mir erst an, wenn ich eine gute Idee für Lena gefunden habe. Diese Erinnerungsprozesse sind ja sehr komplex. Da darf man sich nicht einfach rausreißen lassen. Noch mal von vorne … Hm, immer wieder das Gleiche. Gretchen oder Nicht-Gretchen?  
    Vielleicht sollte ich lieber so vorgehen, wie sie es in diesen Manager-Kreativseminaren immer machen. Einfach frei assoziieren. Los geht es: Ich habe sie damals

Weitere Kostenlose Bücher