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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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irgendwie muss man ja auch nicht immer alles so negativ sehen. Immerhin ist die Woche schon halb rum. Na ja, fast …  
    Nachdem ich verloren habe, lehnen wir uns zurück und widmen uns dem letzten Bier.  
    »Diana hat gesagt, ich soll Sport machen.«  
    »Das sagt sie jede Woche, Tobi.«  
    »Schon, aber sie hat angefangen, es jede Woche ein bisschen lauter zu sagen.«  
    »Dann mach doch was.«  
    »Hm.«  
    »Ich hab neulich mal wieder versucht, bei meinen Parkfußballern mitzumachen, ging aber nicht, wegen meinem Fuß. Den Mittwoch probier ichs noch mal. Hast du an dem Nachmittag Apotheke?«  
    »Nein, frei.«  
    »Dann komm doch auch.«  
    »Wenn, dann nur als Sanitäter.«  
    »Du musst ja nicht gleich mitspielen, aber drei langsame Runden Joggen im Monbijoupark, das wäre wenigstens ein Anfang.«  
    »Hm.«  
    »Also abgemacht.«  

Dienstag  
     
    Ich bin halbwegs ausgeschlafen und überpünktlich da. In unserer Coffee & Bytes-Stammecke ist noch alles frei. Wunderbar. Ich schaue mich um. ruderfrosch-Kurt kauert wieder in der anderen Ecke an seinem Stehtisch. Ich überlege, ob ich kurz vorbeigehen und hallo sagen soll, aber das kann ich später auch noch machen. Jetzt erst mal Lena.  
    Nein, ich habe immer noch überhaupt keine Idee, was ich sagen soll und wie ich sein werde, aber das macht nichts. Wir treffen uns jetzt einfach und Punkt. Wir unterhalten uns, ich erfahre endlich mehr über sie, Vorlieben, Wünsche, Schwächen und den ganzen Kram, und schwupps, danach ist die Chance auf eine gute Idee auf einmal viel größer.  
    Lena Ameling. Ich vertreibe mir die Zeit, indem ich mir ihren Namen wieder und wieder auf den Lippen zergehen lasse. Hat natürlich vor allem damit zu tun, dass es einfach ein schöner Name ist. Versteht sich. Ah, da ist sie schon.  
    »Hallo Oliver.«  
    Sie kommt mit Schwung auf mich zu und strahlt mich an. Der iKoffer ist ihr mit kurzem Abstand gefolgt und bleibt nun direkt neben ihren schlanken Beinen stehen. Umarmen? Hm. Die Hand geben? Doppel-hm. Scheint, als gäbe es in solchen Situationen tatsächlich nichts Besseres als stehenbleiben und ein wenig hilflos herumfuchteln.  
    »Hallo Lena. Alles gut?«  
    »Danke, und bei dir?«  
    »Och ja, schon okay.«  
    Wir setzen uns. Der iKoffer witscht sofort neben ihren Stuhl.  
    »Oh, hast du den Normalkoffer-Mode jetzt doch ausgeschaltet?«  
    »Hihi, ja. Kurt hat mir alles perfekt eingestellt. Hätte ich gar nicht gedacht, dass das Ding auch praktisch sein kann. Vor allem kann ihn jetzt keiner mehr stehlen.«  
    »Echt?«  
    »Nein, versuch doch mal.«  
    »Autsch!«  
    »Siehst du? … Sorry, tut anscheinend richtig weh, der Stromschlag. Hätte ich nicht gedacht.«  
    »Schon okay.«  
    Sie strahlt mich wieder an.  
    »Also, Oliver, vielen Dank noch mal, dass du ihn gefunden hast. Und tut mir leid, dass ich im ersten Moment, hm, etwas sauer war.«  
    Sie gibt sich einen Ruck und umarmt mich. Umarmen im Sitzen ist zwar wie Zungenkuss mit Zahnspange, aber es gibt Phasen im Leben, in denen man auch dafür dankbar ist.  
    »Schon okay … Oder, um nicht immer das Gleiche zu sagen, geht klar.«  
    »Ich bin halt zu einem sehr wichtigen Termin viel zu spät gekommen und hab deswegen Probleme gekriegt.«  
    »Ja, dachte ich mir schon. Tut mir leid.«  
    »Nein, mir tut es leid. Kurt hat mir den Link zum Video geschickt, auf dem du mit dem Fahrrad hinter dem Dieb her bist.«  
    »Kurt? Hm, schreibt ihr euch jetzt öfter?«  
    »Ja. Ganz feiner Kerl. Also, nachdem ich das Video gesehen hatte, kam ich mir einfach nur noch undankbar vor. Ich hätte pünktlich gehen sollen und den Koffer Koffer sein lassen. Ich hätte ja auch später zurückkommen können. Meine Schuld.«  
    »Schon okay … Ups. Wenn man zwischendrin einmal geht klar gesagt hat, kann man dann beim nächsten Mal wieder schon okay sagen?«  
    »Hihi, du bist noch genau so wie früher.«  
    Das hat sie als Kompliment gemeint. Auf mich wirkt es trotzdem wie der nächste Elektroschock.  
    »So wie früher. Na ja, also, was soll ich sagen …«  
    Genau ab »was soll ich sagen« übernimmt mein Mund wieder die Kontrolle, als wäre das sein Stichwort gewesen. Er sprudelt alles heraus. Meine Erinnerung an das Faust-Schultheaterprojekt, mein schlechtes Gewissen über mein schäbiges Verhalten, als Lena im Krankenhaus war, meine Teilzeit-Besessenheit von Ersatzgretchen Claudia Köhnel und natürlich meine Zöpfe-Träume, nachdem wir uns

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