Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
Vom Netzwerk:
 
    »Genau.«  
    ***  
    Die restliche Zeit im Coffee & Bytes hat Lena damit verbracht, schallend zu lachen. Die Leute schauten natürlich recht komisch. Ich habe irgendwann angefangen, einfach mitzulachen, weil das noch am wenigsten dämlich aussah. Zum Glück war kurze Zeit später der Wäschetrockner fertig und wir gingen, Lena immer noch glucksend, ich weiter verkrampft höchste Belustigung vortäuschend, und der iKoffer, wie gehabt, sich leise und emsig an Lenas Fersen heftend.  
    Der Waschsalon liegt schräg gegenüber vom Coffee & Bytes. Kaum zu glauben, dass ich Lena dort nie rein- und rausgehen gesehen habe, aber ich war, wie alle anderen auch, immer fest davon ausgegangen, dass sie mit einem Taxi, Oberklasse-Auto oder Hubschrauber zu ihrem Kaffee angereist kommt. Wahrscheinlich hätte ich sie gar nicht erkannt, hätte ich zufällig einmal dort durch die große Scheibe hineingeschaut.  
    Im Waschsalon knallt Lena mit ihren makellosen Büroklamotten und ihrem iKoffer natürlich erst recht heraus. Die anderen Waschleute interessieren sich trotzdem nicht für sie. Sie haben sich schon an sie gewöhnt. Ich lehne am Wäsche-Zusammenfalttisch, während Lena die Klamotten aus dem riesigen Trockner in einen Wäschekorb umlädt. Anschließend schubst sie mich sanft beiseite, beginnt die Sachen zusammenzulegen und in den iKoffer zu verfrachten.  
    »Sag mal, nur so, warum hast du denn keine Waschmaschine?«  
    »Ist vor einem halben Jahr kaputtgegangen. Reparatur lohnt sich nicht, Budget für eine neue ist nicht vorhanden, fertig. Liegt übrigens vor allem daran, dass der Vater meines Sohns sich weigert, Alimente zu zahlen, falls es dich interessiert.«  
    Als wolle sie die passende Bildspur zu dieser Information liefern, zieht sie im gleichen Moment eine reichlich ramponierte Kinderjeans mit einem geflickten Knie aus dem Wäschekorb.  
    »Oh, du hast ein Kind?«  
    »Ja. Bommi. Sechs Jahre und ein kleiner Racker vom Feinsten. Und du?«  
    »Ich? Nein. Also, hat sich bis jetzt nicht ergeben. Muss erst mal die richtige Frau … und so.«  
    »Claudia Köhnel war es dann also doch nicht?«  
    »Also, das ist wirklich lange her. Und das Kind wäre dann ja schon, hm, fast volljährig. Aber ich kenne einen siebenjährigen Jungen, den sehe ich fast jede Woche. Wir sind richtig gute Freunde, auch wenn du dir das nicht vorstellen kannst.«  
    »Klar kann ich mir das vorstellen. Männer verstehen sich doch immer, was?«  
    »Darüber könnte ich dir viel erzählen. Ich habe acht Jahre in einer Fünfer-Männer- WG gewohnt.«  
    »Oh. Riecht es da tatsächlich so, wie immer alle sagen?«  
    »Hihi, allein für das Thema bräuchte ich einen ganzen Vormittag. Lena, pass auf, ich habe eine Idee. Ich wohne hier gleich um die Ecke. Du kannst bei mir waschen, bis du ein neues Gerät hast … Also, wenn du willst.«  
    »Hm.«  
    »Ist doch viel billiger. Und ich habe eine gute Kaffeemaschine und einen sonnigen Balkon. Komm, sag ja.«  
    »Klingt gut. Aber ich bezahle was dafür.«  
    »Okay. Wir machen einfach eine Waschkasse. Müssen wir sowieso machen. Das ist nämlich auch eine WG . Nur eine, hm, gemischte.«  
    Wie da die Sonne in mir aufgeht, während ich diese Worte ausspreche. Ich wohne in einer WG . Es stimmt. Und Lena lächelt. Das Waschangebot ist zwar jetzt noch nicht die ganz große Wiedergutmachung, aber immerhin ein Anfang.  
    »Kann ich dann also am Donnerstag um zwölf kommen?«  
    »Klar, ich werde da sein. Moment, ich geb dir die Adresse.«  
    Während Lena die letzten Wäschestücke zusammenlegt, schreibe ich schnell alles auf die Rückseite eines alten Fahrscheins und drücke ihn ihr in die Hand.  
    »Danke. Na, dann sehen wir uns ja bald wieder.«  
    »Freu mich schon.«  
    Lena klappt den Koffer zu und stellt ihn auf den Boden, wo er sofort wieder sein drolliges Eigenleben beginnt. Sie betrachtet sich in einem der Spiegel an der Wand, löst den Zopfgummi, der ihren Pferdeschwanz zusammenhält, schüttelt die Haare und fasst sie wieder zusammen.  
    »So, ich muss dann auch schleunigst los. Tschüss, Oliver, war nett mit dir.«  
    »Ja, fand ich auch. Also, mit dir. Und so.«  
    Endlich eine richtige Steh-Umarmung. Ja, doch, ich habe mich danach gesehnt. Zum ersten Mal in meinem Leben drücke ich die kleine Lena Ameling an mich, so, wie ich es bestimmt damals nach der geglückten Theaterpremiere getan hätte, wenn nicht alles so fürchterlich schiefgelaufen wäre. Ich atme tief

Weitere Kostenlose Bücher