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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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oder?«  
    »Du hast zwar andere Sachen, aber irgendwie ist es trotzdem exakt das Gleiche.«  
    »Wie gesagt, ich finde einfach nicht raus, was man dagegen tun kann. Gibt anscheinend nur zwei Möglichkeiten, wenn man allein wohnt: Messie oder Ordnungsfreak.«  
    »Und man kann es sich nicht selbst aussuchen.«  
    »Ja, scheint so.«  
    »Und du hast dann nach einiger Zeit die Supermarktmacke entwickelt?«  
    »Ja, das kommt auch vom Alleine-Wohnen, ganz sicher. Wenn man für jemand anderen mit einkaufen müsste, käme man nie auf solche Gedanken. Würde mich auch nicht wundern, wenn ich mit der Zeit noch mehr solche Ticks kriegen würde.«  
    Franziska schaut sich schweigend um und mustert einmal mehr kritisch jedes Detail. Dann sieht sie mich an. Es ist wieder der Ich-habe-eine-Idee-Blick. Was hat sie jetzt vor? Wohnungstauschzirkel für Singles? Antiheinzelmännchendienst, der Unordnung macht, während man nicht da ist? Notunterkünfte in WG s für krisengeschüttelte Alleinwohner?  
    »Ich habe eine Idee: Ich ziehe einfach bei dir ein.«  
    ***  
    »Es ist natürlich nur ein Experiment, Oliver.«  
    »Klar, Franziska, nur ein Experiment.«  
    Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie ab sofort mein Wohnzimmer bewohnen wird, aber in der Ecke liegt unübersehbar eine Matratze mit ihrem Bettzeug, daneben auf der einen Seite ein Stapel Klamotten und auf der anderen Seite ein Koffer mit all dem Krimskrams, den man als Franziska so für den Alltag braucht. Meinen Schreibtisch haben wir für sie freigeräumt und stattdessen einen Behelfsschreibtisch in meinem Zimmer aufgebaut, also in dem Zimmer, das bis gestern noch mein Schlafzimmer war. Ein Glück, dass diese Altbauräume immer so groß sind.  
    Es ist inzwischen ein Uhr morgens. Zum ersten Mal seit vielen Stunden können wir durchschnaufen. Ich habe eine Flasche Rotwein aufgemacht, und wir stehen mit unseren Gläsern in den Händen herum und staunen ein wenig über das, was wir angerichtet haben. Schon irgendwie krass. Sie hat dauernd Ideen, und sie zieht sie sofort durch. Ist das cool oder geht das mehr so in Richtung Krankheitsbild Hyperaktivität? Aber, wie auch immer, wo sie recht hat, hat sie recht. Man kann ja auch mal nicht zögern. Ich bin glücklich, dass ich jetzt wieder in einer WG wohne, ich bin glücklich, dass endlich wieder jeden Tag Sachen herumliegen, die nichts mit mir zu tun haben und, ja, am allermeisten bin ich glücklich, dass Franziska hier ist. Ich …  
    »Ganz wichtig ist natürlich, dass wir auch wirklich ein WG -Leben führen.«  
    Sie sieht mich an.  
    »Das heißt, keine Beziehung und kein Sex und solche Sachen.«  
    »Ja, stimmt, ist klar.«  
    »Ich meine, nicht, dass wir uns auf einmal so benehmen wie vorgestern, hihi.«  
    Sie gluckst, hält sich eine Hand vors Gesicht und greift mit der anderen nach meinem Arm.  
    »Nein, das geht natürlich nicht.«  
    Ich nehme ihre Hand.  
    »Das wäre ja dann keine WG mehr, also, eigentlich …«  
    Sie drückt meine Hand. Fest.  
    »… eigentlich nicht. Also, eigentlich …«  
    Unsere Stirnen berühren sich.  
    »… nicht. Also …«  
    Sie zieht mich mit einem Ruck an sich.  
    »… eigentlich …«  

Sonntag  
     
    Und jetzt sind wir doch eine richtige WG . Seit heute Morgen. Vorher haben wir allerdings noch einmal Sachen gemacht, die meinem beim Einzug angeschafften Ikea-Bett noch völlig unbekannt waren. Dabei schien ein Schild über uns an der Wand zu hängen, auf dem »Das muss jetzt einfach sein« stand. Ich glaube zumindest, dass ich es gesehen habe. Als wir heute Morgen jeder auf seiner Bettseite aufwachten, war es wieder verschwunden. Stattdessen trug Franziska ein Schild um den Hals, auf dem »Frisch ans Werk!« stand. Und hinter ihrer Stirn blinkten schon wieder mindestens drei neue Ideen-Glühbirnen. Und wenn man gemeinsam in einem warmen Bett aufwacht, das man vor dem Einschlafen noch auf verwegenste Art zerpflügt hat, und nicht sofort wieder übereinander herfällt, ist man entweder schon länger zusammen, oder man hatte am Abend davor Abschiedssex. Also, genau genommen Abschied-vom-gemeinsamen-Sex-Sex. Vielleicht wäre die Welt besser, wenn man so was für alle gemischten WG s zur Pflicht machen würde. Nun ja. Jedenfalls sind wir seit heute Morgen eine WG .  
    Was Franziska den ganzen Tag so getrieben hat, weiß ich nicht. Genau wie ich nimmt sie das wichtigste WG -Recht überhaupt für sich in Anspruch: ihre Tür zuzumachen. Bestimmt

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