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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Anlauf und springe ab. Besser gesagt, ich versuche abzuspringen. Heraus kommt dabei nur ein weiterer Schritt, als wäre die Erdanziehungskraft für mich viel größer als für die anderen.  

    »
Ich stell deinen Latte mal hierhin. Lass dir ruhig Zeit.
«  
    Und sie reden weiter. Bestens gelaunt. Jeder mit jedem. Ich bleibe unten und außen vor. Sie vergessen mich einfach. Mist. Es muss doch irgendwie gehen. Es gibt bestimmt einen Trick. Aber welchen nur? Ich komme einfach nicht drauf. Und je länger ich nachdenke, umso mehr fühle ich, wie meine Füße am Boden haften, als wären sie dort festgenäht.  

Montag  
     
    »Musst du echt schon los, Franziska?«  
    »Auf jeden Fall. Bin eh schon zu spät dran. Sorry, ich stell die Sachen nachher in die Spülmaschine. Bis später.«  
    »Du, kein Problem, echt.«  
    Die Tür geht zu. Kurz hier und da noch ein Knacken in den Bodendielen, über die sie gerade gelaufen ist, und schon öffnet wieder die Stille ihr gewaltiges Maul und gähnt mich an. Zehn Minuten hätte sie doch ruhig noch bleiben können. Was sind schon zehn Minuten? Und nein, Zuckerstreuer, nett, dass du dich schon wieder mit mir unterhalten willst, aber ich bin gerade nicht in der Stimmung. Ich räume meine Frühstückssachen wieder weg, ohne etwas zu essen, und schaue, dass ich so schnell wie möglich hier rauskomme. Montag. Die Mühle dreht sich wieder.  
    ***  
    »Oh nein! Tut mir leid. Wie ungeschickt von mir!«  
    »Ach, schon in Ordnung.«  
    »Aber der Kaffee war sauheiß. Haben Sie sich nicht verbrannt?«  
    »Nicht so schlimm, tut fast gar nicht mehr weh.«  
    »Und Ihr Hemd. Völlig verschmutzt. Und Sie müssen jetzt bestimmt zur Arbeit. Ist mir das unangenehm!«  
    »Kein Problem.«  
    »Sie sind traurig, oder?«  
    »Hm?«  
    »Sie sehen sehr traurig aus.«  
    »Ach, seien Sie froh. Normalerweise sehe ich am Montag um diese Zeit immer schlechtgelaunt aus. Und benehme mich auch so.«  
    In der Tat. Letzte Woche hätte ich den kleingewachsenen jungen Mann mit der dicken Brille vermutlich noch ungespitzt in den Betonboden dieses minimalistisch eingerichteten Neo-90er-Mitte-Stehcafés, in das ich mich geflüchtet habe, gerammt. Und der Kerl bleibt hartnäckig.  
    »Hier, für die Reinigung.«  
    »Schon in Ordnung, wirklich.«  
    »Kann ich Ihnen denn gar nicht helfen?«  
    Er könnte schnell das Jinglefactory-Tonstudio , in dem ich gleich Elvin und Adrian treffen muss, in Brand stecken. Das würde aber auch nur für begrenzte Zeit etwas nützen.  
    »Nein, nein, alles okay.«  
    ***  
    »Mir ist eh nicht zu helfen.«  
    »Dann nimmst du das hier!«  
    »Stimmungsaufheller? Nützt nichts. Hab ich schon probiert.«  
    »Aber nicht diesen!«  
    »Phrykamophal?«  
    »Genau! Phrykamophal – wie Kokain, doch ganz legal!«  
    …  

    »
Danke. Also ich sag mal, Oliver, du bist einfach zum Bodenkutschen. Derbe obergeil! Wie machst du das? Ich höre deine Stimme und denke sofort, du bist der übelste Depri-Spinner, der in der Stadt rumläuft. Extra großes Strebersternchen für dich!
«  

    »
Und, Beate, du bist auch schon ganz toll, aber irgendwas fehlt mir da noch in deinem Sound.
«  

    »
Yep. Im Ansatz machst du ja alles komplettamente richtig. So klingt jemand, der dem Trottel, mit dem er da spricht, richtig in den Arsch tritt. Aber irgendwie muss der Sound noch wohlfühliger sein, verstehst du, was wir meinen?
«  

    »
That’s it. Der Hörer muss glauben, dass du eine wunderschöne verführerische Frau wärst. Ups, das war jetzt nicht so gemeint, wie es sich anhört, hehe.
«  
    ***  
    Bis jetzt war der Tag wirklich nicht so, dass er mich fröhlicher gemacht hätte. Und jetzt auch noch das. Sie haben das Valentin über Nacht neu gestrichen. Viel dunkler. Oder kommt es mir nur so vor?  
    »Bist du eigentlich traurig, Krach?«  
    »Wieso?«  
    »Na ja, du guckst dir die ganze Zeit in den Schritt.«  
    »Oh.«  
    »Würde ich dich nicht kennen, würde ich denken … Aber ich kenn dich ja. Spielen wir?«  
    »Hm?«  
    »Heiße Öfen?«  
    »Ach, hm, ich weiß nicht.«  
    »Du musst spielen. Ganz dringend.«  
    Noch während Tobi spricht, fängt er an, die Karten auszuteilen. Was dann passiert, ist seltsam. Die PS der Motorräder scheinen in meinen Körper zu fließen. Mit jeder Karte, die ich vom Tisch auflese, finde ich das Valentin wieder heller, und das Bier fängt auch allmählich an zu schmecken.  
    »152 PS sticht.«  
    »156.«  
    Ach,

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