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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman
Autoren: Matthias Sachau
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    Ich schütze mich mit dem Handtuch, arbeite mich zu ihr vor und versuche ihr die Brause aus der Hand zu winden.  
    »Na warte, wenn ich mit dir fertig bin, weißt du nicht mehr, wo oben und unten ist!«  
    »Zeigs mir, Schlappschwanz!«  
    »Ich störe sicher.«  
    »Hallo Lena … Wir …«  
    Die Tür geht wieder zu. Ich überlege kurz, ob ich ihr sofort hinterherhechten soll, entscheide dann aber, dass es besser ist, wenn ich mir zuerst etwas anziehe. Anschließend stelle ich fest, dass das nicht geht, weil ich mir keine Kleider ins Bad mitgenommen habe. Abschließend stelle ich fest, dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, um mich in Rauch aufzulösen und im Lüfter zu verschwinden.  
    ***  
    Lena und ich sitzen auf dem Balkon, Franziska ist abgerauscht. Mein Ziel, dass ich nicht mehr ganz so verschlafen rüberkomme, habe ich erreicht. Ganz klar. Mein Puls ist immer noch weit, weit oben, und die Schamesröte will und will nicht mehr raus aus meinem Gesicht. Kein Mensch, der mich so sieht, könnte auf die Idee kommen, dass ich saumüde bin und Kopfschmerzen habe. So weit, so gut. Die Nachteile, die ich mir dadurch eingehandelt habe, überwiegen allerdings klar die Vorteile.  
    »Wir haben wirklich nichts miteinander, Lena.«  
    »Ist ja gut, Oliver. Zum dritten Mal, es geht mich nichts an und interessiert mich auch nicht.«  
    »Wirklich nicht?«  
    »Nein.«  
    »Okay.«  
    »Ich habe ganz andere Probleme. Wie gesagt, Mittwoch in einer Woche ist die Gerichtsverhandlung um das Sorgerecht für Bommi. Mir ist jetzt schon schlecht. «  
    Lena hat wieder eine Sitzkugel aus sich gemacht und schaut geradeaus auf die Straße. Das strenge graue Kostüm, das sie heute trägt, und diese Haltung – was für eine merkwürdige und wundervolle Kombination. Ich würde sie zu gerne heimlich fotografieren.  
    »Du hast doch sicher einen guten Anwalt?«  
    »Ja. Aber ich bin kein gerissener Drecksack wie der GAAZ . Der hat bestimmt eine riesige Sammlung der kleinen Verfehlungen der Lena Ameling angelegt. Und jede einzelne davon wird er bis zum Gehtnichtmehr aufblasen. Ich hätte das auch die ganze Zeit machen müssen, aber hättest du vielleicht Lust zu so was? Jedes Mal, wenn er irgendwohin zu spät kommt, sofort ein Eintrag mit Ort und Zeit in ein Notizbüchlein, und das alle paar Tage fein säuberlich in eine Excel-Datei übertragen? Aber so gewinnt man einen Sorgerechtsprozess.«  
    »Aber wird sich der Richter nicht vor allem anhören, was dein Kind will?«  
    »Bommi will uns beide. Er weiß nicht, dass sein Vater der größte Arsch aller Zeiten ist. Ich habe ihm nie was davon erzählt, wie er mich beleidigt und bedroht hat. Er ist erst sechs. Das wollte ich ihm nicht antun. Hätte ich aber vielleicht doch machen sollen.«  
    »Ich wünschte, ich könnte dir helfen.«  
    Sie hat wieder Tränen in den Augen. In mir kribbelt die Wut. Womit hat sie so viel Pech verdient? Ich möchte zu ihr heranrücken und sie in den Arm nehmen. Ich möchte es nicht nur, ich tue es einfach. Nein, irgendwas lässt mich nicht.  
    »Ich will es nur noch einmal sagen, wir haben wirklich nichts miteinander, Lena.«  
    »Ist ja gut, Oliver. Zum vierten Mal, es geht mich nichts an und interessiert mich auch nicht.«  
    »Wirklich nicht?«  
    »Nein.«  
    »Okay.«  
    Der Trockner meldet sich. Lena steht auf, ich trotte hinterher. Die Kopfschmerzen sind schlimmer denn je. Während sie den Wäschekorb füllt, hole ich mir noch eine Aspirin aus meinem Nachttisch. Dort liegt auch der Zettel mit dem Gedicht. Ich denke kurz nach, beschließe dann, einfach nicht mehr nachzudenken, sondern endlich den Schritt nach vorne zu machen. Ich stecke das Gedicht in meinen Ärmel und gehe zurück in die Wohnküche. Lena hat schon angefangen, die Wäsche zusammenzulegen. Nichts würde ich lieber tun, als ihr zu sagen, dass ich sie liebe. Jetzt sofort, auf der Stelle. Es geht aber nicht. Es ist nun mal nicht der Moment. Mein Kopf und mein Mund sind sich einig. Stattdessen nehme ich allen Mut zusammen, warte, bis sie kurz nicht hinschaut, ziehe wie ein schlechter Zauberer mein Gedicht aus dem Ärmel und schiebe es hastig in den Stapel mit der fertig zusammengelegten Wäsche.  
    ***  
    »Aber warum hast du ihr nicht gesagt, dass du sie liebst? War doch keiner dabei, der dich auslachen konnte.«  
    »Es ging nicht, Anton, glaub mir einfach, es ging nicht.«  
    Ach, was rede ich. Wie soll ein Siebenjähriger das verstehen?  
    »Das kenn
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