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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman
Autoren: Matthias Sachau
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Champignonrahmsoße. Und das ist auch gut so. Das Problem am Tischdecken ist nämlich, dass es eine weitere körperliche Anstrengung für mich bedeutet. Dabei bin ich schon vom Fußball völlig erschöpft. Heute ließen sie mich nicht mal ins Tor, weil Piotr sich gleich am Anfang so den Fuß verknackst hatte, dass er für den Rest des Spiels den Torwartpart übernahm, um nicht mehr rennen zu müssen. Würde es nicht so gut nach der köstlichen Soße riechen, würde ich vermutlich mitten beim Tischdecken einschlafen und in eine Gabel stürzen.  
    Als ich fertig bin, lasse ich mich schnaufend auf einen Stuhl fallen. Franziska sieht mich neidisch an. Alle zwei Tage Thaiboxen, das steckt sie auch nicht ohne weiteres weg. Aber solange das Mahl in den Töpfen noch den letzten Feinschliff braucht, bleibt sie eisern stehen und rührt weiter. Ich probiere derweil den Rotwein. Gut, aus dem kleinen Probenippen wird schnell ein restlos geleertes Glas. So ein Nach-dem-Fußball-Durst verschwindet nicht einfach nach der ersten Flasche Wasser. Der hält sich auch gerne mal über einen ganzen Abend. Und er ist eine der heftigsten Arten von Durst, eine, der völlig egal ist, mit welcher Sorte Getränk sie gestillt wird.  
    Als die Gäste kurz nacheinander eintreffen, ist mir schon sehr gemütlich ums Herz. Ich hatte Tobi und Diana eingeladen und Franziska den xman41 plus die anderen beiden Supermarkt-Pac-Man-Geister. Zum Glück halten wir uns nicht mit einer Vorspeise auf. Die Gläser werden gefüllt, die Knödel kullern auf die Teller und die Soße strömt dazu. Jeder vergisst für einen kurzen Moment alles um sich herum und genießt die ersten Happen. Tobi rollt mit den Augen. Er will etwas über das Essen sagen, aber er kann nicht, weil er sofort den nächsten Bissen hinterherstopfen muss. Dafür rühren sich die anderen.  
    »Wie bei meiner Mutter früher in Ingolstadt … Oh. Ja, okay, ich komme aus Ingolstadt, ich gebe es zu.«  
    xman41 ist etwas rot angelaufen und steckt sich ein extra großes Stück Knödel in den Mund.  
    »Echt jetzt? Ich komme ursprünglich aus Gunzenhausen. Da gab es mehr so Kartoffelknödel. Könnte ich aber nicht kochen.«  
    Auch der dritte Geist legt noch spontan seine Provinznest-Herkunftsbeichte ab. Worte, die ihnen im Coffee & Bytes nie über die Lippen gekommen wären. Und alles nur, weil Franziska so gut spießig kocht. Ein kleines Wunder. Diana hat bis jetzt noch kein Wort gesprochen. Nicht, weil sie sich unwohl fühlt, sie ist so. Wer sie kennt, weiß, dass sie später noch aufdreht. Ich erinnere mich kurz an den Tag, als sie das erste Mal unsere Männer- WG betreten hatte, um mit unserem Mitbewohner Reto, dem mit der Mannequin-Agentur, einen Vertrag abzuschließen. Die vielen Biere, die umkippten, als sie plötzlich in der Tür stand und lächelte, hatten den halben Küchenfußboden geflutet.  
    Warum habe ich eigentlich nicht Lena eingeladen? Das wäre die Gelegenheit gewesen, endlich von unseren immer noch viel zu verspannten Zweiertreffs wegzukommen. Aber gut, die Stimmung war gestern einfach nicht danach, und ihre Telefonnummer hätte ich auch nicht gehabt. Muss ich sie morgen mal nach fragen … Na ja, wenn ich sie morgen überhaupt sehe. Wenn sie mein Gedicht findet, wird sie sich gut überlegen, ob sie unsere Wohnung noch mal betritt.  
    Tobi hat die ersten zweieinhalb Knödel vertilgt und kann jetzt wieder am Gespräch teilnehmen.  
    »Ein Gedicht in Kugelform, diese Speise! Ganz exquisit. Und du warst auch noch die, die das mit dem Supermarkt-Pac-Man durchgezogen hat? Meine Verehrung! Ihr solltet das Video übrigens noch mit den original Pac-Man-Videospielgeräuschen unterlegen. So dütdütdütdütdütdüt uiiiuiiiuiiiuiiiuiii.«  
    »Stimmt. Kriegt man bestimmt irgendwo im Netz.«  
    »Oder wir nehmen Tobi auf.«  
    »Stimmt, wäre doch nur logisch, wenn die Geräusche auch analog wären.«  
    »Kannst du auch die Game-Over-Melodie?«  
    »Oieeoieeoieeoiee Wakwak.«  
    »Perfekt!«  
    »Wenn ich fertig gegessen habe, bin ich noch bes-
ser.«  
    »Ich finde es auch köstlich, Franziska. Ganz wunderbar.«  
    »Danke, Diana.«  
    »Ha! Ich weiß schon unsere nächste Aktion: Wir verkleiden uns als Ninja-Köche, dringen in ein Sushi-Restaurant ein, und Franziska kocht Knödel.«  
    »Macht ihr das mal ruhig alleine, Jungs, ich habe auch noch was anderes zu tun.«  
    »Schade. Wie du kochst, echt Bombe.«  
    »Konnte ich übrigens schon als Kind, so was vergisst
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