Linna singt
während ich immer noch so sehr lachen muss, dass mein ganzer Körper sich schüttelt. Eigentlich ist das alles mehr zum Heulen als zum Lachen, aber darum kümmert sich mein Bauch nicht. Er will zusammen mit Falk fröhlich sein. »Jetzt komm doch mal da raus, du olles Sumpfhuhn.«
Schon hat er die Tür aufgestoßen und greift nach meinem Ellenbogen, um mich zu sich zu ziehen, doch Luna wirft sich hechelnd dazwischen, weil sie das für ein tolles neues Spiel hält, Verstecken im Schrank, und mein Körper ist so sehr mit Lachen beschäftigt, dass seine üblichen Reaktionen ausbleiben. Kopfüber purzele ich über Falk und Luna, doch Falks Hände legen sich sicher um meine Hüfte und halten mich, sodass ich mich wenigstens auf seine Oberschenkel setzen kann, während er rücklings auf dem Boden liegt. Welch verfängliche Position, denke ich flüchtig, bin aber weder imstande noch willens, mich daraus zu lösen, da ich zu sehr damit beschäftigt bin, Luft zu bekommen. Derweil hängt Luna auf meinem Rücken und drückt mich winselnd nach vorne. Sie hört sich an, als würde sie jeden Moment kollabieren.
»Was hat sie?«, keuche ich zwischen zwei Lachern.
»Sie ist eifersüchtig. – Down, Luna. Down! Hey!«
Luna gehorcht ihm, aber sie tut es da, wo sie gerade war, auf seinen Unterschenkeln, nun besetzen wir ihn zu zweit, Frau und Hund. Falk boxt mir spielerisch gegen das Kinn, ein sanftes, fast zärtliches Stupsen. Sofort greife ich nach seinem Handgelenk, um mit ihm zu ringen, wie ich es früher so oft mit Jules und Simon getan habe … Wie lange liegt es zurück? Es muss eine Ewigkeit vergangen sein, seitdem ich mich das letzte Mal in eine Balgerei gestürzt habe. Jetzt erst merke ich, wie sehr es mir gefehlt hat, obwohl ich bei Falk keine Chance habe – nicht in dieser Position und nicht, während ich lache. Ich habe die Power einer Portion Götterspeise. Atemlos lasse ich mich auf die Seite fallen, meine Beine immer noch zwischen Falks Knien, und stütze meinen Kopf auf meinen Ellenbogen, um ihn anzusehen. Normalerweise würden meine Haare jetzt über meine Schulter fallen, ein glatter schwarzer Vorhang, aber da ist nichts. Es fühlt sich intimer an, als ich verkraften kann; es gibt kein Verstecken mehr. Er sieht mein Gesicht, jede winzige Regung sieht er.
»Genau das …« Er legt die Hand auf seinen Bauch, um sich zu beruhigen. »Das ist süß. Dein Lachen. Lachen mit Rückstoß.«
Ich brauche diesen Rückstoß, um mein Lachen zu überleben, und er hört sich an wie die Fehlzündung eines Traktors. Obwohl mein Kopf voller Worte und Sätze ist, weiß ich nicht, was ich sagen soll. Sie enthalten alle zu viele Geständnisse.
»Nicht süß«, widerspreche ich daher nur entkräftet. Falk verschränkt seine Arme unter seinem Nacken, während Luna ihre Chance nutzt und so weit nach oben robbt, dass sie ihren schweren Kopf auf seine Brust betten kann. Die Fingerknöchel meiner linken Hand berühren seinen Bauch; ein dicker Pulli und eine Schicht Skiunterwäsche trennen sie von seiner nackten Haut und doch spüre ich die Hitze seines Körpers so deutlich, dass sie in flirrenden Kaskaden durch meinen Arm wandert und binnen Sekunden mein Herz erreicht, das sich sofort wieder an ihn erinnert. Dieses kindliche, verräterische Herz.
»Ein Versuch. Sei kein Frosch, Linna, ein Versuch …«
Falk greift blindlings hinter sich und zieht die Gitarre vom Bett. Nein, das ist nicht das, was ich jetzt tun will. Oder kann. Ich kann nur liegen und ihn ansehen und berühren wollen, sonst nichts.
Falk schiebt Luna von seinen Beinen und hievt sich in den Schneidersitz. Auch ich rappele mich auf. Es ist so wenig Platz zwischen dem Bett und dem Schrank, dass wir unsere Beine übereinanderlegen müssen. Es scheint ihn nicht zu stören.
»I’m looking for a hard headed woman …«, singt er leise und wirft mir einen beziehungsreichen Blick zu. Oh Falk, du Schuft, du weißt genau, wie sehr ich Cat Stevens liebe. Trotzdem werde ich nicht singen. Ich schüttele den Kopf, um ihm zu zeigen, dass es sinnlos ist. Doch er ist schon beim nächsten Song. Unserem Song.
»Saying I love you is not the words I want to hear from you …« Sieht er nicht, dass er mich damit quält? Hör auf, Falk, bitte. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, du tust mir nur weh damit. More than Words – dieses Lied wird es in meinem Kopf nicht mehr ohne Falk geben, es ist untrennbar an ihn geknüpft, an uns beide und die Domwiese und einen klaren, kalten
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