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Linna singt

Linna singt

Titel: Linna singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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können.«
    Ich bin nicht in der Lage, auf diese Informationen zu antworten; ich weiß gar nicht, was mich mehr alarmieren soll: dass Falk die Handys versteckt hat oder dass er es unumwunden zugibt. Machen so etwas nicht nur Verrückte, die mit ihren eigenen Taten prahlen? In schlecht konstruierten Filmen und Büchern ist das immer so; am Schluss erzählen die Bösewichte freiwillig und in aller Ausführlichkeit, warum sie all die grässlichen Dinge genau so und nicht anders gemacht haben. Was in meinen Augen immer vollkommen unmotiviert und unrealistisch war. Doch anscheinend habe ich mich geirrt. Falk tut es auch.
    »Du hast die Handys versteckt?«, wispere ich daher nur matt und spüre, wie die Angst meinen Rücken hinaufkriecht. Ja, stimmt, Falk hat Jules angeherrscht, mich in Ruhe zu lassen, und gesagt, dass ich die Handys nicht habe. Es war die Wahrheit. Er hatte sie. Aber warum, um Himmels willen? Bin ich hier oben in eine Falle gerannt? Was wird er mit mir tun, auf diesem überhitzten, stockfinsteren Dachboden?
    Ohne seine Erklärung abzuwarten, schlüpfe ich unter dem Dach des Flipcharts hervor und will zur Tür rennen, doch Falk packt mich am Knöchel und fängt mich mit sicherem Griff auf, bevor ich zu Boden stürzen und ein Geräusch verursachen kann, das die anderen weckt. Sofort beginne ich zu brüllen – zwecklos, denn seine Hand legt sich so fest auf meinen Mund, dass meine Stimme vor Panik versagt.
    »Pscht, leise! Bist du verrückt geworden? Was ist eigentlich mit dir los, Linna? Du bist ja völlig von den Socken!« Solange er mir den Mund zuhält, werde ich nichts dazu sagen können. Ich wundere mich nur, warum er mir diese Frage stellt, denn die Antwort ist doch offensichtlich. »Hast du etwa Angst vor mir?«
    Ich ziehe nur die Schultern hoch und lasse sie wieder fallen und könnte dabei mich selbst anschreien, weil ich hier wie eine Puppe in seinem Arm hänge und mich nicht wehre. Mein Körper will sich nicht wehren. Er findet es sehr bequem an Falks Brust, während mir mein Verstand ohne Unterlass Vorhaltungen macht.
    »Linna, ich hab die Handys versteckt, weil ich das Schwein finden will. Ich dachte, das willst du auch. Wären wir heute abgeholt worden, wäre er davongekommen, ohne dass wir je erfahren hätten, wer es ist. Willst du das?«
    Ergeben schüttele ich den Kopf, doch es gelingt mir, meinen rechten Eckzahn in Falks Finger zu bohren. Widerstrebend nimmt er seine Hand von meinem Mund. Prustend schnappe ich nach Luft.
    »Nein, das will ich nicht, aber …« Simon hat so sehr um seines gebettelt. Das kann ich allerdings nicht als Argument anbringen, da Falk nichts davon weiß. »Es ist nicht richtig, was du getan hast.«
    »Ist es nicht, stimmt. Ich bin auch nicht stolz darauf, es war eine Notmaßnahme. Hätten wir kein Holz gefunden, hätte ich die Handys sofort wieder auftauchen lassen. Ich habe kein Interesse daran zu erfrieren. Aber ich will wissen, wer diese ganze Scheiße hier veranstaltet, obwohl ich mir denken kann, wer es ist. – Den Laptop hab ich aber nicht benutzt, das muss jemand anderes gewesen sein«, schiebt Falk nach einer kleinen Pause hinterher. »Außerdem hab ich die gesamte Stube absuchen müssen, um die Handys der anderen zu finden. Ich weiß nicht, ob die das gemacht haben, aber die Handys von Jules, Simon und Maggie lagen im Küchenunterschrank hinter dem Mülleimer. Sie waren also quasi schon versteckt gewesen.«
    »Was?« Das wird ja immer abenteuerlicher. Wer bewahrt seine Handys denn im Müll auf? Lagen sie nicht die gesamten vergangenen Tage auf dem einen Querbalken? Hinter dem Mülleimer – auf so eine Idee würde ich im Traum nicht kommen. »Sag mal, Falk, willst du mich hinters Licht führen? Dient das alles nur dazu, mich zu verunsichern, ist das wieder irgendein blöder neuer Test oder Streich oder …«
    »Lavinia Temudschin.« Falk lässt erneut das Feuerzeug aufflackern und sieht mich fest an. »Das ist kein Test und auch kein Streich. Glaubst du mir das endlich oder muss ich dich zurück ins Bett schicken?«
    Ich antworte nicht. Ich kann nicht antworten. Herrgott, wie soll ich ihm denn glauben? Begreift er nicht, dass das nicht geht?
    »Hast du gar keine Menschenkenntnis, Linna? Kein Gespür für andere und ihre Absichten?«
    »Ich … nein, habe ich nicht, wie es aussieht! Ich habe … ich kann …« Plötzlich habe ich das Gefühl, dass sich mein Blut in den Adern erhitzt. »Ich weiß es nicht! Ich kann beim besten Willen nicht entscheiden, ob

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