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Linna singt

Linna singt

Titel: Linna singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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nie passiert«, grummelt Simon in sich hinein. »Aber dann gäbe es dieses wunderbare Mädchen nicht, also muss ich ihm dankbar sein, oder? Auch wenn es mein Leben zerstört, weil ich nicht das sein kann, was ich sein will? Vater?«
    Oh, verflucht. Er wäre ein wunderbarer Vater, ich weiß es genau. Einer, der alles richtig macht und immer da ist. Es muss ihn zermürben, diese Aufgabe nicht erfüllen zu dürfen. Studiert er deshalb Jura – weil er das Gesetz ändern möchte? Vätern mehr Rechte zugestehen will? Für sie kämpfen? Das ist weitaus rebellischer, als ich die ganze Zeit dachte.
    »Wieso erwähnst du Jules? Was hat er damit zu tun?«
    »Weil ich ohne Jules nie nach Mallorca geflogen wäre. Niemals. Und mich auch nicht so unter Druck hätte setzen lassen, eine Frau aufzureißen.«
    »Wann war das?«, hake ich nach, bleibe aber fast devot sitzen, um ihm ja keinen Grund zu geben, sich wieder zu verschließen. Ich muss wissen, wann das war. Aber ich muss auch wieder hoch zu Falk, bevor er mich aufgibt oder der Täter kommt … Simon ist es jedenfalls nicht, doch davon bin ich ausgegangen. Trotzdem, vielleicht finde ich durch ihn mehr über Jules heraus.
    »Irgendwann nach der Bandauflösung. Falk war gerade nach Australien ausgewandert und …«
    Das Rauschen in meinen Ohren setzt so jäh ein, wie es mich auch damals überfallen hat. Ausgewandert. Das weißt du doch schon, Linna, es wurde nur zum ersten Mal von einem anderen Menschen ausgesprochen seit diesem schwarzen Wochenende. Er ist ausgewandert und jetzt ist er wieder hier, in Deutschland. Mehr muss ich nicht wissen.
    »… keine Ahnung, warum, ich hatte sowieso noch Ferien und es ging ja auch nur um ein verlängertes Wochenende. Jules meinte, dass das eine tolle Sache wäre, Männerurlaub am Ballermann, mal so richtig abfeiern und das Leben genießen.« Simon seufzt geplagt auf. »Ich hab mich überreden lassen, obwohl Maggie strikt dagegen war. Wahrscheinlich eher wegen Jules und nicht wegen mir. Oder wegen uns beiden. Olli wollte ebenfalls mitfliegen.«
    Olli. Das war unser Mann am Ton gewesen, er hat fast jeden unserer Auftritte begleitet, ein ruhiger, zuverlässiger Zeitgenosse. Auch ihn hätte ich nicht am Ballermann vermutet. Aber irgendwo müssen die ganzen Touristen ja rekrutiert werden.
    »Als wir dann dort waren, hab ich schnell kapiert, dass ich das fünfte Rad am Wagen bin. Du weißt ja, wie Jules’ Aussehen die Mädels anlockt, und selbst Olli hatte gute Karten. Wenn wir am Strand waren, dauerte es keine fünf Minuten, bis sie eins herbeigeflirtet hatten. Vor allem Jules hat es drauf angelegt, ich hab ihn so noch nicht erlebt. Als würde er am nächsten Tag in den Knast wandern und nie wieder eine Frau anfassen dürfen.«
    So ähnlich war es ja auch, denke ich zynisch, halte aber meinen Mund. Er hat Maggie geheiratet. Maggie ist ein Mädchen, keine Frau. Was ich an ihr mögen würde, wenn ich ein Mann wäre, aber Jules habe ich in meiner Vorstellung immer an der Seite von echten Frauen gesehen. Umso rätselhafter ist es, dass er sich für Maggie entschieden hat.
    »Manchmal war es mir fast peinlich«, spricht Simon weiter, die sandfarbenen Wimpern gesenkt, sein Blick wieder bei Leila. »Aber ich hab ihn auch darum beneidet. Es war doch immer so, oder? Jules rannten die schönsten Mädchen nach. Sogar meine eigene Schwester … Wenn ich auf der Bühne stand, ging es mir nicht darum, Frauen abzuschleppen, ich wollte Musik machen, aber sobald wir abends zusammen unterwegs waren und ich zusehen musste, wie die Mädchen Falk und Jules hinterherstarrten, war es – es war frustrierend. Die haben mich einfach nicht wahrgenommen. Ich war ein Bubi für sie.«
    Ja, genau, und deshalb habe ich dich ja so gemocht, Simon. Du hattest das alles nicht nötig, du standest über den Dingen. Das dachte ich jedenfalls.
    »Am letzten Nachmittag hat Olli es übertrieben und ist abends im Hotel geblieben. Jules und ich sind allein losgezogen. Jules hat vorher jede Nacht in unserem Zimmer verbracht, mit den Mädels ist nichts Richtiges gelaufen, er hat es dann doch bleiben lassen, aber an diesem Abend hab ich gemerkt, dass er es wissen will. Und ich, ich wollte es auch. Ich hatte doch noch gar keine Erfahrungen, außer Knutschen bei irgendwelchen Kussspielen, ich hatte mir immer geschworen, dass ich vor meinem Studium Sex haben werde, aber … es ist nie passiert. Und das Komische ist …«
    Simon denkt nach und tippt sich dabei mit dem Zeigefinger gegen das

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