Liona Lix - Wer braucht schon Schnee im Sommer
Herrchen raste. (Hahaha, was für ein Weichei!)
- einen Jungen aus Lionas Klasse, der mit leerem Gesicht aus dem Fenster starrte, gerade als ich aufs Fensterbrett sprang, um nachzugucken, ob es unserer Liona auch gut geht. (Hehe! Ein voller Erfolg! Dem fielen fast die Plomben aus den Milchzähnen.)
Nun aber zum wichtigsten Thema! Habe ja vor einigen Wochen nachts auf dem Hexenhügel diese interessante Beobachtung gemacht. Und danach noch einige weitere. (Und dabei noch etwas sehr Hübsches zusätzlich bemerkt.) Und heute – ich kann’s kaum fassen – liegt auf dem Hügel Schnee! Sollte das etwa in Zusammenhang mit meinen anderen Beobachtungen stehen?
Muss in dieser Sache meine Barthaare unbedingt wachsam aufrecht halten!
Sieben Zwerge, Ritter und Pferde, und sieben Räuber
In Lionas Schule hat Herr Schmidt eine Weile gebraucht, bis er die Klasse von der Aufregung über den Schnee weg- und wieder hingelenkt hat zu seinem Märchen. Nun hat er es endlich geschafft.
Er greift zu dem immer noch aufgeschlagenen Buch auf seinem Pult und sucht nach der richtigen Stelle. „Wo waren wir denn? Ach ja, hier!“ Er guckt hoch und lächelt. „Ihr wisst ja, Schneewittchens Mutter war gestorben, und die böse Stiefmutter wurde so eifersüchtig auf die Schönheitvon Schneewittchen, dass sie einem Jäger befahl, die Prinzessin in den Winterwald mitzunehmen und sie dort zu erschießen. Der gute Jäger aber hatte Mitleid mit Schneewittchen und ließ sie laufen. Der Königin erzählte er, dass sie tot sei, und gab ihr als Beweis das frisch ausgeschnittene Herz eines kleinen Wildschweins.“
„Uuuuuuh!“, haucht Marilotta an der Stelle und schüttelt sich.
„Hihihi!“, kichert Niko.
„Psssst!“, macht Herr Schmidt.
Dann erzählt er das Märchen kurz zur Erinnerung weiter: „Zum Glück fand Schneewittchen ja im finsteren Wald ein kleines Häuschen mit sieben Betten, sodass sie nicht nachts auf der Erde schlafen musste.“ Er guckt sich fragend in der Klasse um. „Und dieses Haus gehörte?“
Sofort schnellen zwanzig Finger hoch.
„Ja, Rieke?“
„Das war das Haus von den sieben Zwergen!“, ruft Rieke.
„Und wo waren die sieben Zwerge die ganze Nacht über?“, fragt Herr Schmidt weiter.
„Die arbeiteten nachts in einem Bergwerk“, weiß Luisa, „die kamen erst am Morgen nach Hause.“
„Richtig“, bestätigt Herr Schmidt. Er vertieft sich wieder in das Buch. „Und genau an dieser Stelle lese ich jetzt weiter.“
Die Klasse wird sofort leise. Nur ein paar wenige Nasen recken sich noch zum Fenster hin, um zu überprüfen, ob dort draußen der Schnee auch immer noch liegt.
Herr Schmidt beginnt: „Als es Morgen war, erwachte Schneewittchen, und wie es die sieben Zwerge sah, erschrak es. Die Zwerge waren aber freundlich und fragten: ‚Wie bist du in unser Haus gekommen?‘ Da erzählte Schneewittchen ihnen alles. Die Zwerge sprachen: ‚Willst du unseren Haushalt versehen, für uns kochen, Betten machen, waschen, nähen und stricken und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben, und es soll dir an nichts fehlen.‘“
„Das ist Ausbeutung!“, ruft Clara dazwischen. „Die Zwerge sollten Schneewittchen Geld dafür geben.“
„Und außerdem voll fies!“, findet Monja und guckt Herrn Schmidt böse an. „Warum sollen denn immer die Mädchen den Haushalt machen? Die Zwerge hätten sich doch auch das Aufräumen im Haus mit Schneewittchen teilen können, und Schneewittchen hätte mit ihnen arbeiten und eigenes Geld verdienen können.“
„Aber echt!“, ruft Marilotta. „Das wäre viel gerechter!“
Ein paar in der Klasse lachen, aber fast alle Mädchen stimmen Monja und Marilotta zu. „Abwaschen und putzen ist voll blöde!“
„Nun ja …“, meint Herr Schmidt und kratzt sich nachdenklich am Kopf, „so habe ich das noch gar nicht gesehen.“ Dann nickt er. „Gut. Ich mache mir eine Notiz, dass wir das bei unserem Theaterstück ändern werden. Ihr habt recht – warum sollte Schneewittchen nicht außerhalb des Hauses auch Geld verdienen gehen?“
„Jaaaaa!“, ruft die Klasse.
„Können wir noch mehr Sachen ändern?“, fragt Anton begeistert. „Können wir aus den sieben Zwergen sieben Ritter mit Pferden und toller Rüstung machen? Ich will einen Ritter spielen!“
Herr Schmidt lacht. „Und was sollten Ritter mitten im Wald tun?“
Darauf weiß Anton leider im Moment keine gute Antwort. „Schade.“
„Ich weiß was!“, meldet sich Richard.
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