Lions - Feuriger Instinkt
über den Kiefer, während er versuchte, sich an die so lange zurückliegenden Ereignisse zu erinnern. »Doch, habe ich. Wenn ich mich recht erinnere, war er gemein zu Sissy. Hat sie zum Weinen gebracht. Ich glaube nicht, dass einer von uns älter als acht oder neun war. Sie war erst sechs oder sieben. Ich wollte ihn Schmutz fressen lassen … aber sie hatten einen Hund.«
Zu seiner Erleichterung lachte Jessie. »Das ist eine furchtbare Geschichte.«
»Ich weiß, ich weiß. Ich bin auch nicht stolz darauf. Aber es ist die Wahrheit.« Er nahm noch einen Löffel Eis; es schmeckte ihm besser, als er gedacht hätte. »Und du wolltest es mir nicht sagen, weil du lange genug in Smithtown gelebt hast, um das Smith-Credo zu kennen.«
»Die Familie geht vor«, rezitierte sie. »Dann kommt die Meute. Alle anderen als Allerletztes.«
Oder tot , fügte sein Vater immer dazu. Ein Credo, das der alte Mistkerl in die Köpfe seiner heranwachsenden Kinder eingehämmert hatte. Jeder Smith in jeder Stadt lebte danach. Und so wusste jeder: Wenn man sich mit einem Smith anlegte – sich wirklich, ehrlich mit ihm anlegte –, dann legte man sich mit allen Smiths an. Und keiner wollte sich diesen Schuh anziehen.
»Die Wilsons sind Blutsverwandte«, sagte sie.
»Kaum noch.«
»Aber trotzdem. Ich habe lange genug in Smithtown gelebt, um zu wissen, wie das läuft. Ich habe keine Zweifel, dass meine Meute es mit der Wilson-Meute aufnehmen und gewinnen könnte. Aber alle Smith-Meuten …?« Sie stieß hörbar die Luft aus und nahm sich noch mehr Eis.
»Okay. Da könnte etwas dran sein. Wie wäre es also damit: Ich schaue mir die Sache ruhig an …«
»Bobby Ray, ich will dich nicht in die Sache hineinziehen.«
»Oder du könntest mich ausreden lassen«, sagte er behutsam. »Ich schaue mir die Sache ruhig an. Vielleicht bringen wir ihn mit meiner Hilfe dazu, sich zurückzuhalten. Falls er nur Geld will. Aber falls er nur seine Tochter sehen will …«
»Dann ist das in Ordnung für uns. Wir haben Kristan nie belogen. Sie weiß, dass Danny nicht ihr leiblicher Vater ist, aber er ist ihr Daddy. Das kleine Mädchen hat ein großes Herz, und ich lasse nicht zu, dass jemand es bricht.«
»Verstanden.« Er griff über den Tisch und nahm ihre Hand. »Aber lass mich helfen.«
»Bist du sicher? Ich weiß, wie dein Vater sein kann.«
»Lass meinen Vater meine Sorge sein. Er ist mein Kreuz, das ich tragen muss.«
»Das ist eine reizende Art, deinen Vater zu sehen.«
Smitty grinste. »Du hast meinen alten Herrn immer gemocht, oder?«
Jessie leckte ihren Löffel ab. »Na ja, er hat mich immer zum Lachen gebracht. Und wenn er mich unter Tischen entdeckt hat …«
»Unter Tischen?«
»Bei Partys, zu denen mich meine Pflegeeltern geschickt haben. Er hat nie jemandem verraten, dass ich dort war. Stattdessen reichte er mir immer eine Flasche … na ja, eine Flasche Bier.«
Smitty stellte die Ellbogen auf den Tisch und verbarg das Gesicht in den Händen. »Guter Gott.«
»Und er sagte dann immer: ›Keine Sorge, kleines Mädchen, das wird schon werden.‹ Ich hatte keine Ahnung, was das heißen sollte, aber es brachte mich immer zum Kichern.«
»Das könnte auch das Bier gewesen sein.«
»Bist du dir sicher, was das angeht, Bobby Ray?«, fragte sie nach ein paar Minuten des Schweigens.
Er ließ die Hände wieder auf den Tisch sinken. »Ich weiß immer, wann du ernst wirst, denn dann nennst du mich Bobby Ray.«
»Es ist ernst. Ich will mich nicht zwischen dich und deine Familie stellen.«
»Das tust du nicht, Schätzchen. Das ist eine Sache, die ein Freund für den anderen tut. Und wir sind Freunde. Genau wie ich und Mace.«
Sie schenkte ihm ein unartiges kleines Lächeln. »Vögelst du Mace auch?«
»Nur, wenn er notgeil ist.«
Jessie lachte, ein wunderschönes Geräusch, das durch sein Zuhause schallte. Er beugte sich vor und spähte in den Eiscremebehälter. »Ich frage mich, was ich mit diesen Eisresten anfangen soll.«
Er hob den Blick zu Jessie und zog eine Augenbraue hoch. Sie quiekte ein bisschen und rannte los.
Smitty lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und fragte den süßen Arsch, der davonschoss: »Wo willst du denn immer hinrennen? Das ist ein Einzimmerapartment.«
Jess drehte sich herum und schaute auf den Wecker. Sie hatte verschlafen. Es war fast acht Uhr morgens.
Sie setzte sich auf, und sofort schlang sich Smittys Arm um ihre Taille. »Geh nicht!«
»Ich bin heute Morgen dran mit dem Frühstück für die
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