Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lippels Traum (German Edition)

Lippels Traum (German Edition)

Titel: Lippels Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Maar
Vom Netzwerk:
Alles war also ein Traum gewesen. Aber was war mit den anderen beiden? Waren auch sie aufgewacht und hatten festgestellt, dass sie alles nur geträumt hatten? Oder irrten sie immer noch durch den Sandsturm?!

Dienstag

Frühstück mit Frau Jakob
    Als Lippel nach unten kam, saß Frau Jakob am Frühstückstisch und aß gerade Jogurt.
    »Jetzt frag nur nicht gleich nach deinem Sammelpunkt!«, empfing sie ihn. »Ich habe nämlich vergessen daran zu denken, tut mir leid. Als es mir einfiel, war der Deckel schon zerrissen. Aber auf deinem Jogurt ist ja auch ein Punkt, den kannst du ja ausschneiden. Oder magst du keinen Jogurt zum Frühstück?«
    »Doch, doch! Ich esse immer nur Jogurt«, versicherte Lippel. Wenn das so weiterging, würde er noch mindestens eine Woche brauchen, bis er die hundert Punkte beieinanderhatte, dachte er verdrossen.
    »Aber du isst doch nicht nur Jogurt?«, fragte Frau Jakob. »Ein Junge wie du muss auch etwas Kräftiges essen. Soll ich dir ein Brot machen?«
    »Nein, danke«, antwortete Lippel. »Morgens esse ich immer nur Jogurt.«
    »Ich mach dir trotzdem eines«, entschied sie und bestrich eine Scheibe Brot dick mit Butter. »So, das gibt Kraft.«
    »Ich esse aber morgens nie Brot«, sagte Lippel. »So früh bekomme ich nichts Festes runter.«
    »Macht nichts. Dann nimmst du es mit als Pausenbrot«, sagte Frau Jakob und wickelte das Brot in eine weiße Papierserviette.
    »In der Pause esse ich lieber einen Schoko-Cracky«, sagte Lippel.
    »Was ist denn ein Schoko-Cracky?«
    »Der knusprige Schokoladenriegel mit den drei Waffelschichten und der zarten Karamellfüllung«, erklärte ihr Lippel. So hieß es jedenfalls immer in der Reklame.
    »Und das erlaubt deine Mutter?«
    »Sie hat es mir noch nie verboten«, versicherte Lippel.
    Das war nicht direkt gelogen. Seine Mutter hatte es ihm allerdings auch noch nie erlaubt. Genau gesagt wusste sie nichts davon. Sie war der Meinung, dass er für die fünfzig Pfennige, die sie ihm mitgab, beim Schulbäcker Mohnbrötchen kaufte. Oder zumindest doch Nusshörnchen.
    »Kein Wunder, dass du so entsetzlich mager bist, wenn dir deine Eltern nichts Richtiges zu essen geben«, sagte Frau Jakob. »Von mir bekommst du jedenfalls etwas Nahrhaftes.«
    Beide löffelten weiter ihren Jogurt.
    Nach einer Weile erkundigte sich Lippel vorsichtig: »Was gibt es denn heute Nahrhaftes zum Mittagessen?«
    »Das wirst du schon früh genug erfahren«, antwortete Frau Jakob.
    Lippel machte eine tiefe, morgenländische Verbeugung, kreuzte die Arme über der Brust und sagte: »Verzeiht, Gebieterin, wenn ich Eure ehrwürdigen Ohren durch meine nichtswürdige Frage nach dem Mittagessen beleidigt habe.«
    »Was ist mit meinen Ohren?«, fragte Frau Jakob. »Du machst dich wohl über mich lustig! Das ist die Höhe!« Sie war ziemlich beleidigt. »Ich muss mit dir sowieso über gestern Abend reden. Denke nicht, dass ich das einfach vergesse! Mir so einen Schreck einzujagen! Ich dachte schon, du wärst weggelaufen oder entführt worden.«
    »Ich wollte Sie wirklich nicht erschrecken. Ich wollte nur noch ein bisschen lesen«, versuchte Lippel sich zu entschuldigen.
    »Ein bisschen lesen! Und dazu musst du in einen Schrank kriechen, was? Denk nur nicht, dass du dein Buch von mir wiederbekommst!«
    Und da Lippel nichts dazu sagte, sondern nur stumm in seinem Jogurtbecher rührte, griff sie beleidigt zur Zeitung auf dem Tisch und fing an zu lesen.
    Lippel, der ihr gegenübersaß, versuchte von seinem Platz aus die Überschriften zu entziffern.
    »Keine Aussicht auf Entspannung!«, las er laut vor.
    »Ich jedenfalls bin nicht schuld daran«, behauptete Frau Jakob hinter ihrer Zeitung.
    »Das stimmt«, bestätigte Lippel.
    »Na, wenigstens gibst du das zu!«, sagte Frau Jakob.
    »Ja«, sagte Lippel. »Die Großmächte sind schuld, hier steht es.«
    Frau Jakobs Gesicht tauchte über dem Rand der Zeitung auf, verwirrt schaute sie ihn an. »Ach, du liest Zeitung!«, sagte sie dann.
    Lippel las die nächste Überschrift: »Bundesbahn beklagt sich: Schwarzfahrer nehmen stark zu.«
    Er fragte: »Was sind denn Schwarzfahrer?«
    »Leute, die ohne Fahrkarte fahren«, erklärte Frau Jakob.
    »Gut, dass Sie kein Schwarzfahrer sind«, meinte Lippel.
    »Wieso?«
    »Weil die Schwarzfahrer stark zunehmen.« Lippel grinste. »Und Sie wollen doch abnehmen. Oder nicht?«

    Frau Jakob wurde ganz rot im Gesicht vor Zorn. »Deine Unverschämtheiten lasse ich mir nicht länger bieten!«, rief sie und warf die

Weitere Kostenlose Bücher