Lippels Traum (German Edition)
bringt Unglück, wenn du redest! Die Sterne sagen die Wahrheit«, konnte Lippel dem verdutzten Arslan gerade noch zuflüstern, dann musste er sich an den Nachbartisch setzen.
In der Pause kaufte sich Lippel für sein Taschengeld einen Schoko-Cracky und teilte ihn mit Arslan und Hamide.
»Woher weißt du, dass meine Tante nicht freundlich ist?«, fragte Hamide und biss in den Schoko-Cracky.
Lippel zögerte mit seiner Antwort.
Am liebsten hätte er gesagt: »Ich habe euch ja heute Nacht schon erzählt, was sie getan hat!« Aber er hatte den Verdacht, dass er wieder mal Traum und Wirklichkeit vermischte.
Deshalb sagte er: »Ich weiß auch nicht. Tanten sind eben manchmal nicht besonders nett.«
»Das stimmt«, bestätigte Hamide. »Ich war in den Ferien in der Türkei. Meine Tante dort hat mich geschlagen und den ganzen Tag nicht aus dem Haus gelassen!«
»So was Gemeines!«, sagte Lippel. »Warum hat sie das denn getan?«
»Weil ich auf die Straße gegangen bin ohne Kopftuch. Sie will, dass ich ein Kopftuch umbinde«, sagte Hamide.
»Kopftuch?«, fragte Lippel. »Was für ein Kopftuch, wie sieht es aus?«
Hamide lachte. »Du fragst komische Sachen! Warum willst du so etwas wissen? Es ist rot, mit Blumen darauf.«
»Stimmt. Genauso ist es!«, bestätigte Lippel.
»Du spinnst«, sagte Hamide und lachte noch mehr. »Das kannst du gar nicht wissen.«
»Du brauchst gar nicht über mich zu lachen«, sagte Lippel ein bisschen beleidigt und ging ins Klassenzimmer zurück.
Wie hätte er ihr auch klarmachen sollen, dass ihn heute Nacht ein rotes Kopftuch mit Blumen vor dem Sandsturm geschützt hatte! Ein Kopftuch, das ihm eine Prinzessin geschenkt hatte, die Hamide ziemlich ähnlich sah. Und die einen Bruder hatte, der nie sprach.
In den beiden Stunden nach der Pause hatten sie Deutsch und Sachkunde.
Lippel fragte: »Frau Klobe, darf ich mich wieder neben Arslan setzen?« Und Frau Klobe antwortete: »Nur, wenn ihr nicht miteinander redet!«
Er setzte sich neben Arslan und redete wirklich nicht.
Und als die Schule aus war, ging er noch ein Stück mit Arslan und Hamide die Herderstraße entlang, bis er dann nach rechts abbiegen musste, in die FriedrichRückertStraße, wo er wohnte.
Ein Besuch bei Frau Jeschke
Über das Mittagessen lässt sich nichts Besonderes sagen: Es gab Nudelauflauf mit Blumenkohl. Und weil weder Lippel noch Frau Jakob große Lust zu reden hatten, verlief das Essen recht schweigsam.
Nach dem Essen ging Lippel in sein Zimmer und machte Hausaufgaben. Als er fertig war, schaute Frau Jakob seine Hefte durch und entdeckte dabei, dass sein Pausenbrot noch unberührt in der Außentasche seines Schulranzens steckte.
»Was soll das? Warum hast du das Brot nicht gegessen?«, fragte sie.
»Ich habe es vergessen«, sagte Lippel.
»Dann wirst du es eben morgen essen«, beschloss Frau Jakob und sagte: »Leg es mal gleich in den Kühlschrank! Damit es frisch bleibt.«
Als auch das getan war, fragte Lippel: »Darf ich vielleicht doch ein bisschen in meinem Buch lesen?«
Die Antwort von Frau Jakob war kurz und so, wie er es fast erwartet hatte: »Nein, das darfst du nicht!«
So sagte Lippel: »Dann besuche ich jetzt mal Frau Jeschke«, und ging schnell aus dem Haus, bevor Frau Jakob widersprechen konnte.
Frau Jeschke stand gerade vor der Haustür und fütterte einen Hund mit Essensresten, als Lippel kam.
»Hallo, Frau Jeschke«, begrüßte Lippel sie. »Was ist denn das für ein Hund?«
»Hallo, Lippel!«, grüßte sie freundlich zurück. »Ach, der streicht schon den ganzen Tag hier herum. Entweder er hat sich verlaufen oder seine Besitzer sind in Urlaub gefahren und haben ihn zurückgelassen. Das soll es ja geben. Aber komm mit herein: Jetzt wirst du gefüttert!«
»Nicht nötig«, sagte Lippel, während er hinter ihr her ins Haus ging. »Ich habe schon gegessen.«
»Aber bestimmt keine eingemachten Erdbeeren!«, sagte Frau Jeschke.
»Nein, nur Nudelauflauf«, sagte Lippel.
»Na, siehst du: Da fehlt also noch der Nachtisch«, stellte sie fest, holte ein Glas Erdbeeren aus der Speisekammer, öffnete es und füllte zwei Schüsselchen bis an den Rand. »So ein Besuch muss doch gefeiert werden!«
Die beiden setzten sich an den Küchentisch und ließen sich die Erdbeeren schmecken.
»Ach, ich habe ja etwas für dich!« Frau Jeschke fasste in die Tasche ihrer karierten Schürze und kramte darin herum. »Hier: fünf Sammelpunkte! Ich glaube, ich trinke in letzter Zeit doppelt so viel Milch wie
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