Lippels Traum (German Edition)
Zeitung auf den Tisch.
»Ich wollte doch nur einen Witz machen«, sagte Lippel besänftigend. Sein Vater hätte das witzig gefunden, da war er sich ganz sicher!
»So, du willst Witze über mich machen! Eines muss dir klar sein: Ich sitze am längeren Hebel!«, drohte Frau Jakob.
Und weil das auf Lippel keinen Eindruck zu machen schien, fragte sie: »Was machst du denn, wenn ich heute Mittag die Tomatensoße von gestern aufwärme?!«
»Dann geh ich zu Frau Jeschke essen!«
»Frau Jeschke? Wer ist denn das?«
»Meine Freundin«, sagte Lippel.
»So, deine Freundin! Ich will dir verraten, was ich mache, wenn du das machst: Dann rufe ich deine Eltern an und sage ihnen alles!«
Am liebsten hätte Lippel erwidert: »Das können Sie ruhig tun. Ich wollte sie sowieso schon anrufen.« Aber er wusste, dass Frau Jakob sich dann noch mehr aufregen würde.
Dabei hatte er sie wirklich nicht ärgern wollen, er wusste selbst nicht, wie alles gekommen war. So sagte er einlenkend:
»Ich esse ja hier. Entschuldigung, ich wollte das nicht so sagen!«
»Aha! Die Drohung mit deinen Eltern scheint zu wirken«, stellte Frau Jakob fest. »Und nun geh endlich, sonst kommst du zu spät in die Schule!«
Aber als Lippel schon im Flur war, rief sie ihn zurück:
»Was ist denn mit deinem Pausenbrot? Willst du dein Pausenbrot nicht mitnehmen?!«
Lippel steckte das Brot in die Seitentasche seines Schulranzens und wollte schnell gehen. Aber Frau Jakob ließ ihn immer noch nicht weg.
»Nimm lieber deinen Regenmantel mit!«, sagte sie. »Es wird bestimmt regnen.«
»Aber die Sonne scheint doch!«
»Eben, eben!«, sagte sie. »Bei diesem Wetter muss man mit Regen rechnen, wenn die Sonne scheint, und mit Sonne, wenn es regnet.«
»Aber mein Regenmantel ist weg«, versicherte Lippel. »Er ist mir davongeflogen.«
»Soll das schon wieder ein Witz sein?«, fragte Frau Jakob ärgerlich. »Hier hängt er doch! Oder ist das etwa kein Regenmantel?«
»Ach, da ist er ja!«, sagte Lippel, nahm den Regenmantel über den Arm und rannte zur Schule.
In der Schule
Beinahe wäre er zu spät gekommen.
Lippel schlüpfte gerade noch vor Frau Klobe durch die Klassenzimmertür und setzte sich schnell an seinen Platz.
Arslan und Hamide saßen schon da. Lippel stellte es fast verwundert fest.
»Das war vielleicht ein Sturm!«, flüsterte er den beiden zu.
»Was für Sturm?«, fragte Hamide erstaunt.
»Na, heute Nacht«, sagte Lippel. »Heute Nacht, als …«
Frau Klobe unterbrach ihn. »Philipp, du hast doch gemerkt, dass ich da bin. Ich möchte gerne anfangen!«
»Ja, ja. Alles klar!«, sagte Lippel und packte seine Mathesachen aus, denn in der ersten Stunde hatten sie Mathematik.
Aber er schaffte es gerade fünf Minuten lang, ruhig zu sein.
»Habt ihr den Weg gefunden?«, wollte er dann von den beiden wissen.
»Ja. War ganz einfach«, sagte Hamide und Arslan nickte.
»Was ist mit eurer Tante?«, fragte Lippel weiter.
»Welche Tante?«, fragte Hamide erstaunt.
»Na, die Frau von eurem Onkel. Die grüne«, sagte Lippel.
»Frau von Onkel? Aber die ist nicht hier. Die ist zu Hause geblieben, in der Türkei«, sagte Hamide.
»Die ist nicht gerade freundlich!«, flüsterte Lippel.
Aber ehe Hamide fragen konnte, was er damit meinte, rief Frau Klobe: »Philipp! Hamide! Ihr redet ja schon wieder dahinten. Würdet ihr bitte zuhören?«
Lippel hielt diesmal zehn Minuten durch. Dann erklärte Frau Klobe an der Tafel eine neue Aufgabe. Kaum hatte sie sich umgedreht, flüsterte Lippel: »Du, Asslam …«
Arslan schüttelte unwillig den Kopf und sagte: »Nicht Asslam. Arslan mein Name.«
Es war das erste Mal, dass er mit Lippel redete.
Frau Klobe hörte auf zu erklären und schaute vorwurfsvoll nach hinten, zu den beiden. Die merkten nichts davon.
»Ach so: Arslan«, sagte Lippel und wiederholte es gleich noch einmal langsam: »Arslan.«
»Richtig!«, bestätigte Arslan. »Ist Löwe.«
»Wie meinst du das?«, fragte Lippel.
»Ist Löwe!«, wiederholte Arslan und nickte nachdrücklich.
Hamide sagte: »Arslan heißt auf Deutsch ›Löwe‹!«
»Ach so!«, sagte Lippel. »Guter Name: Arslan, der Löwe!«
»Jetzt reicht es mir aber!«, rief in diesem Augenblick Frau Klobe. »Ich habe keine Lust, mich noch ein viertes Mal von euch stören zu lassen. Ich setze euch für den Rest der Stunde auseinander. Philipp, du rückst ganz nach rechts, Arslan, du setzt dich nach links! Dann wird es hoffentlich ein bisschen leiser dahinten.«
»Siehst du, es
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