Lipstick
meine neue schwarze Bluse von »Cortecci« aufzuknöpfen.
»Was machst du da?« fragte Jan.
»Siehst du doch.«
»Ist dir heiß?«
»Nein, aber ich will die Sache vorantreiben.« Ich schlüpfte unter das straff gespannte Laken, einen kurzen Moment lang bekam ich Angst, Jan könne mich abweisen, aber wie auf Kommando spuckte er die Zitronenscheibe aus, die ihm schon den ganzen Morgen über im Mund geklebt hatte, lockerte das Laken etwas und kroch angezogen zu mir ins Bett.
Mit Jan in Italien gewesen zu sein, ohne ein einziges Mal Sex mit ihm zu haben, wäre überaus idiotisch. Und wenn man es machte, mußte es ja nicht gleich bedeuten, daß die große Liebe ausbrach. Das nahm ich mir jedenfalls vor und bemühte mich um einen nicht allzu verliebten Gesichtsausdruck.
Das gestrige Nicht-miteinander-Schlafen hatte Jan ziemlich scharf gemacht. Er stürzte sich auf mich, wie ich mich manchmal auf riesige Nudelportionen mit Tomatensoße stürzte. Folglich wurde es eine absolut leckere Angelegenheit, bei der auch ich schnell auf den Geschmack kam. Als wir später beim Nachtisch waren und Jan mir mit Katzenzunge die Armbeuge leckte, bemerkte ich etwas merkwürdig Nasses zwischen meinen Beinen, etwas, das mich zu allem Überfluß stark an gestern nacht erinnerte.
O nein! Bloß das nicht! dachte ich, war mir jedoch in derselben Sekunde hundertprozentig sicher, daß das Kondom gerissen sein mußte. Ich schlug die Bettdecke zurück, um mir, masochistisch wie ich war, das Malheur aus nächster Nähe anzusehen.
»Was hast du?« fragte Jan irritiert.
»Das Ding … ist … explodiert«, stammelte ich und sank mit einem lauten Stöhnen zurück in die Kissen.
»Ich hab aber nichts gehört.« Jan lachte, hielt es wohl für einen Scherz.
»Was hört man denn, wenn ein Präser platzt?«
»Einen Knall, ganz einfach.«
»Ach – schon so oft erlebt?«
Jan schüttelte den Kopf, was jetzt mich zum Platzen brachte.
»Woher in Gottes Namen willst du dann wissen, daß es knallt?«
»Hat mir mal ein Freund erzählt.«
Ich wunderte mich, daß Jan so gelassen blieb. Es konnte kaum in seinem Sinn sein, daß ich ihm in seiner Situation auch noch ein Kind anhängte.
» Du hast einen Knall«, sagte ich und verzog mich unter die Dusche. Dort stellte ich das Wasser so heiß wie möglich, ließ es minutenlang an mir herablaufen.
Ich konnte es einfach nicht fassen! Seit Jahren schlug ich mich mit Kondomen rum, sie waren mir stets zu Diensten gewesen, weder hatten sie gequietscht, noch waren sie gerissen – und jetzt das. Ausgerechnet ein paar Stunden nach dem Beischlafunfall mit Hans! Okay. Ich versuchte den Fall ganz nüchtern zu durchdenken. Nachdem ich die Dusche auf kalt gestellt und mich bis an die Schmerzgrenze abgekühlt hatte, gelang mir das auch einigermaßen: Schwanger konnte ich nicht sein, von keinem der Männer. Und sonst? Hans hatte einen Aids-Test, Jan eine Ehefrau. Aber was war mit der Gerüchteküche, in der Greta schon seit einiger Zeit herumköchelte? Jan, der Mann, der die Frauen liebte …
Tropfnaß, wie ich war, raste ich zurück zu Jan, der sich eine Zigarette rauchend durch die Kanäle schaltete.
»Was ist mit Aids?« fragte ich.
»Und bei dir?« fragte er ziemlich cool zurück.
»Ich hab mein Leben lang Kondome benutzt«, sagte ich und verschwieg den Vorfall der gestrigen Nacht.
»Und ich bin seit meinem letzten Test vor drei Jahren nur mit einer Frau ins Bett gegangen.« Jan sah mich an und blies dabei den Rauch geräuschvoll aus. »Mit dir.«
»Und Katharina?«
»Katharina hat Probleme, mit mir zu schlafen.«
»Ach so«, sagte ich nur und flüchtete zurück ins Bad. Ich fand, daß mich seine Bettprobleme mit Katharina rein gar nichts angingen. Aber Jan kam mir nach, drückte – was ich wirklich widerlich fand – die Zigarette im Waschbecken aus und ließ sich auf den Klodeckel sinken.
»Es ist eine andere Art von Liebe zwischen uns.« Nervös fummelte er eine zerknitterte Zigarettenschachtel aus seiner Bademanteltascheund zündete sich schon wieder eine an. »Es fing vor dreieinhalb Jahren an … daß es nicht mehr ging. Sie bekam Schreikrämpfe, wenn ich … na, du weißt schon …« Er klopfte imaginäre Asche ins Waschbecken; ich sah betreten weg.
»Jan, du mußt mir die Geschichte nicht im Detail erzählen.«
Er lächelte und strich mir übers Haar, während ich gleichzeitig Tränen aufsteigen fühlte. Natürlich würde Jan sie niemals verlassen, und wenn ich bis dato immer noch den Funken
Weitere Kostenlose Bücher